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Herzog Heinrichs Heldentod bei Wahlstatt

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Textdaten
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Autor: Johann Karl Wilhelm Geisheim
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Titel: Herzog Heinrichs Heldentod bei Wahlstatt
Untertitel:
aus: Gedichte, Zweites Bändchen,
S. 396–408
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1839
Verlag: Josef Max und Komp.
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Erscheinungsort: Breslau
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Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: Commons, Google
Kurzbeschreibung:
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[396]
Herzog Heinrichs Heldentod bei Wahlstatt.

 1241.

Es wallt, Sankt Jakobs Kloster zu begründen,
Von Breslau’s Dom zur Stadt ein frommer Zug;
Heinrich, der Fromme, sühnt die Schuld der Sünden,
Er thut der Mutter heil’gem Wunsch’ genug,

5
Dies neue Licht der Kirche zu entzünden.

Ihm, der zur Weihung selbst die Kerze trug,
Folgt Hedwig betend, und mit ihr die schöne
Gemahlin, Anna, in dem Glanz der Söhne.

Es ist am Grundstein ein Altar bereitet;

10
Ihm naht der Herzog sich als Sakristan.

Der groß und kühn sein Volk als Herrscher leitet,
Flammt hier des Hochamts Opferkerzen an.
Als er der Andacht Licht so hat bereitet,
Tritt er die Stufen des Altars hinan,

15
Das Licht, das er trug, als das Licht der Weihe,

Hinauf zu stellen in der Flammen Reihe.

Hoch leuchtet es, so wie der Wunsch in Allen:
Weit in die Zeit strahl’ unsres Herzogs Haus!
Doch als das Kyrie nun soll erschallen,

20
Da sieht die Menge mit des Schreckens Graus

Von dem Gestell die hohe Kerze fallen,
Zum tiefen Grunde stürzt sie, und lischt aus.
In banger Ahnung für des Herzogs Leben,
Umringen Anna, Hedwig ihn mit Beben.

25
[397]
Wozu die Furcht? Was kann ein Licht bedeuten,

Das sinkt und lischt, hinfällig aufgesteckt?
So tröstet Heinrich; doch den Harm zerstreuten
Die Worte nicht, die Liebe blieb erschreckt.
Und so wie bei der Wetterglocke Läuten

30
Ein schweres Bangen Land und Leben deckt,

So zu dem Agnus, an des Hochamts Ende,
Die Sorge harrt, wie es der Himmel wende.

Da plötzlich schallt ein dumpfes Wehe! Wehe!
Vom Thor’ in Osten durch die Straßen her.

35
Daß Überfall vom kecken Feind’ geschehe,

Gewärtiget der Schreck und greift zur Wehr.
Was streitbar ist, tritt in des Herzogs Nähe,
Und die Erwartung sieht gedankenschwer,
Wie fremde Scharen in des Staubes Wolke

40
Wehklagend nah’n, umringt vom lauten Volke.


Flüchtlinge sind’s. In Leid und Demuth fallen
Sie vor dem Herzog auf ihr Angesicht:
O Rettung, Rettung aus des Würgers Krallen!
Versage Krakau deine Hülfe nicht!

45
Tartaren sind in unser Land gefallen;

Der Himmel hält ein blutiges Gericht.
Schützt uns und euch! die Feinde geben Zeichen,
Es soll auch euch ihr grimmes Schwert erreichen.

Denn ein Sage geht, der Tartar-Chan

50
Ließ die Gemahlin jüngst das Land bereisen.

Zu seltnen Fahrt trieb sie die Neugier an;
Oft hörte sie der Christen Werke preisen.

[398]
Mit großer Pracht erschien sie angethan,

Des Morgenlandes Reichthum zu erweisen;

55
Neumarkt doch ward durch Räuberhand ihr Grab:

Die Rache holt nun ihren Leichnam ab.

Sinnloses Mährchen, das der Wahn ersonnen,
Und das der Wuth des Feindes Bahnen bricht!
Die Lüge spart! Was euer Herr begonnen,

60
Was euch geschah, davon gebt mir Bericht.

Ihr Feigen seid dem Widerstand entronnen:
Ich halt’ euch fest, und mir entkommt ihr nicht;
Ihr sollt sie hier empfangen, die Tartaren,
Im Kampfe stehn mit meinen deutschen Scharen.

65
Also der Herzog. Anna tritt zu ihm:

O, eile nicht, die Ahnung zu erfüllen.
Es naht das Unglück dir mit Ungestüm:
Beflügle nicht des grausen Schicksals Willen.
Vertrau des Landes Heil den Cherubim,

70
Und laß die Zukunft, was sie will, enthüllen.

Flieh, flieh mit uns, mit deiner ganzen Schar,
Und biet’ ein leeres Land dem Feinde dar.

Wie? Anna, du räthst Feigheit mir und Schande?
Du, eines Königs Tochter, heiß’st mich fliehn?

75
Der Krone Glanz in meinem Vaterlande

War sonst dein Wunsch, und oft im Traum’ erschien
Ich dir in eines Königs Prunkgewande.
Ja, dein Besitz, dein Stand, er machet kühn
Und tapfer mich, ein Reich mir zu erstreiten,

80
Das meinen Namen trüg’ an’s Ziel der Zeiten.


[399]
Weit höher schon, als die Gewalt der Väter,

Reicht meines Willens unbeschränkte Macht.
Und weichen sollt’ ich wie ein Missethäter,
Bei dessen Namen einst die Nachwelt lacht,

85
Den, als des Heiles schimpflichen Verräther,

Die Christenheit brandmarkt mit ihrer Acht?
So wie ich heut’ der Kirch’ ein Licht entzündet,
So sei ihr ferner auch mein Schutz verkündet!

Gott wird sein Heiligthum sich selbst bewahren:

90
So mahnt ihn Anna, Hedwig ihn mit ihr.

Zahllos, so hörst du, kommen die Barbaren;
Die Mutter sagt es, Sohn, prophetisch dir:
Du stirbst durch sie, und deiner Krieger Scharen
Verschlinget ihre Mord- und Raubbegier,

95
Wenn Stand du hältst. – Wohlan! der Tod, er komme,

Ruft Heinrich fest, denn ihn besiegt der Fromme.

Er eilt zum Schloß am Dom, und Boten sendet
Er, wie ein schnelles Feuer durch das Land.
An deutsche Ritter auch sein Ruf sich wendet;

100
Gern bieten sie zum heil’gen Kampf’ die Hand.

Und eh’ der Mond dreimal sein Licht vollendet,
Steht kraftvoll schon Silesia bemannt.
Bergknappen, Polen und die deutschen Ritter
Erwarten still um Liegnitz das Gewitter.

105
Und näher kommt sein Sturm. Ob Wladimir

Durch Krakaus Mannschaft auch die Weichsel dämmte,
Sein Reitervolk und er, der Polen Zier,
Umsonst den wilden Keil des Peta hemmte,

[400]
Der wie die Wogen einer Sündfluth schier
110
Mit seinem Schwarm die Länder überschwemmte.

Verschwendet ward die Kraft, der höchste Muth,
Fürst Wladimir sank kämpfend in sein Blut.

Und täglich drohender dringt Schreckenskunde
Von dort an Heinrichs vielbestürmtes Ohr.

115
Es hauchet Brandluft aus des Morgens Munde;

Mord und Verheerung dringen würgend vor.
Es naht, es naht des Kampfes ernste Stunde;
Nichts hält den Feind, man sieht bei Ratibor,
Leicht schwimmend, ihn den Oberstrom bezwingen,

120
Und unaufhaltsam bis nach Breslau dringen.


Dort weilen noch die edlen Herzoginnen,
Und Heinrich fürchtet nur allein für sie.
Durch Bitten kann er Anna nicht gewinnen,
Daß mit der Mutter sie nach Crossen flieh:

125
Dem Tode soll ich ohne dich entrinnen?

O glaube, mir auch Gott die Kraft verlieh,
Dir treu zu sein im ritterlichen Streite,
Und treu zu sterben an des Gatten Seite.

Vom Tode stets und nur vom Tode träumet

130
Fast abergläubig deiner Ahnung Schmerz.

Wie grausend auch des Schicksals Welle schäumet,
Mein Auge blicket gläubig morgenwärts.
Doch flieht, eh’ ihr den Augenblick versäumet,
Erweicht und foltert nicht durch Gram mein Herz.

135
Sei fern mir sicher, Anna, mit den Söhnen,

Und harre mein, des Siegers Haupt zu krönen.
 

[401]
Verhüte mir den gräßlichen Gedanken,

Als Sklavin dich zu sehn in Feindes Hand.
Ha! deinetwegen könnt’ ich zagend wanken,

140
Könnt’ ich beschimpfen Zeit und Vaterland,

Und mit dir fliehn; doch endlich setze Schranken
Dem Schmerz, und zieh, eh’ dich die Noth verbannt.
Leb’ wohl, leb’ wohl! und soll ich, Theure, fallen,
So gieb mein Grab mir in Sankt Jakobs Hallen.

145
Da übermannet ihn der Schmerz der Liebe,

Er fühlt im Abschied seinen nahen Tod.
Hin in das Leben ruft die Macht der Triebe,
Er blicket schmerzvoll in das Abendroth;
Da schien’s, als wenn sich eine Hand erhübe,

150
Gen Osten zeigend auf der Völker Noth:

Der Muth, die Kraft, sie kehren siegreich wieder;
Die Frauen ziehn, die Sonne gehet nieder.

Und in dem Schutz bewaffneter Begleiter
Vertrauen sie der mondenhellen Nacht.

155
Da plötzlich führt der finstre Wald nicht weiter,

Den Pfad verlor der Führer Unbedacht.
Sie lenken ein, als ostwärts fremde Reiter
Von fern erscheinen der gescheuchten Wacht.
Der jähe Schreck verwirret das Besinnen,

160
Und trennt die Prinzen von den Herzoginnen.


Es sinkt der Mond. Da scheint am Morgensaume
Der ferne Tag schon leuchtend aufzustehn;
Doch bald erwacht das Aug’ aus seinem Traume:
Brand ist es, Brand. Die Feuerfluthen wehn

165
[402]
Die Höllenbotschaft aus dem rothen Schaume:

Der Feind ist da, um Breslau ist’s geschehn.
Die Stadt ist nieder, und der Mordsucht Stürme
Bedrohn der Domburg mauerfeste Thürme.

Denn dorthin sind die Bürger all’ geflüchtet

170
Mit Weib und Kind; kühn ist ihr Widerstand;

Sie haben selbst die eigne Stadt vernichtet,
Den Feind empfangen in der Häuser Brand.
Czeslaus hat ihr Herz empor gerichtet,
Der heil’ge Mann, der durch des Himmels Hand

175
Oft Wunder that, und seht, ein neues Zeichen

Läßt Gott ihn jetzt durch fromme Kraft erreichen.

Der kühnste Sturm beginnt; ein Löwenmuth
Bekämpft umsonst die rasenden Barbaren.
Die Oder röthen sie mit ihrem Blut,

180
Die ganz bedeckt erscheint von ihren Scharen;

Stets klimmt ihr Angriff mit erneuter Wuth
Vom Strom’ empor, wenn schon verdrängt sie waren:
Da fühlt vom Kampf’ der Bürger sich erschlafft,
Der Muth, die Hoffnung sinket mit der Kraft.

185
Czeslaus wirft sich betend auf die Kniee,

Zu Sankt Johann lenkt er der Andacht Sinn:
Gieb, daß der Feind von unserm Dome fliehe,
Gieb nicht dein Heiligthum den Heiden hin.
Wir schützen’s nicht, so schütze du’s! – Und siehe!

190
Da führt ein Sturm mit brausendem Beginn

Vom feuchten Westen her ein schwarzes Wetter,
Und wird, wie Gottes Arm, der Schwachen Retter.
 

[403]
Der helle Tag verwandelt sich in Nacht;

Ein Wolkenbruch entstürzt mit Donnerschlägen;

195
Die Erde bebt, des Waldes Sturz erkracht,

Rings um den Dom kreuzt sich ein Feuerregen;
Des Himmels unsichtbare Hilf’ und Macht
Tritt sichtbar hier der Menschenwuth entgegen;
Czeslaus hebt das Kreuz: noch fällt ein Schlag,

200
Und endet schnell des Kampfes Wundertag.


Denn, wie der Habicht in der Felsenbucht
Bei jähem Knall sich ungesäumt verstecket;
Wie selbst der Tiger scheu die Ferne sucht,
Wenn des Geschützes Donnerschlag ihn schrecket:

205
Wo wendet jetzt die Heerde sich zur Flucht,

Als würde sie zum Strafgericht erwecket.
Unzähl’gen wird der sturmbewegte Strom
Ein schnelles Grab, und Sieg erschallt vom Dom.

Gen Liegnitz eilt die Flucht, wo staunend eben

210
Die Prinzen Heinrich wiederkehren sieht.

Geborgen wähnet er der Seinen Leben:
Ein neuer Kummer stürmt auf sein Gemüth;
Der Kunde nach, die ihm die Söhne geben,
Ist er nun zweifelhaft, wo Anna flieht:

215
Irrt nicht vielleicht, – entsetzliches Vermuthen!

Sie in des Kriegsstroms wilden Feuerfluthen? –

Der Feind ist nahe! rufet nun es grausend.
Der edle Herzog sammelt seinen Troß;
Und wie der Sturm befreiter Flammen brausend,

220
Trägt ihn zum Heer’ hinaus sein schäumend Roß:
[404]
Da plötzlich vom Marienthurme sausend

Ein Stein vor ihm zur Erde niederschoß.
Von Schreck gelähmt, stehn um ihn die Begleiter,
Als sollten, dürften sie nun nicht mehr weiter.

225
Hörst du den Boten, den dein Schutzgeist sandte,

Der liebend dir dein Mißgeschick verrieth?
Heil! wer der Warnung Augenblick erkannte,
Durch den er in des Schicksals Nächte sieht.
Wenn er des Unglücksrosses Zügel wandte,

230
Und des Verderbens[1] dunklen Pfad vermied,

Blüht’ ihm das Leben. Doch der Geist der Höhe
Tritt kampfbegierig in des Unglücks Nähe.

So Heinrich! Kühn zwingt er sein scheuend Roß,
Und achtet nicht der Vorbedeutung Zeichen.

235
Sein Muth entflammt der treuen Knappen Troß.

Schon harrt das Heer, und als sie’s kaum erreichen,
Beginnt die Schlacht. Da, wie der Adler, schoß
Vorwärts der Herzog; die Tartaren weichen;
Das Heer der Christen folgt mit Siegsgeschrei, –

240
Doch führt der Feind die zweite Schlacht herbei.


Und eine Stimme rufet: Ziehet, ziehet!
Und will den Angriff mit geschwungnem Schwert.
Da wähnt die Meng’, es rufe: Fliehet, fliehet!
Schnell ist die ganze Schaar zur Flucht gekehrt.

245
Doch Heinrichs Arm, als er den Irrthum siehet,

Treibt sie zurück, und neuen Muth bewährt
Der Christen Schar in dem erneuten Streite;
Den Tapfern tritt der schnelle Sieg zur Seite.

[405]
Nun läßt der Feind das dritte Treffen nahen.
250
An seiner Spitze, – ha, welch Höllenbild!

Ein Drache scheint’s, wie nie die Christen sahen,
Ein Schlangenhaupt bewegt es graus und wild.
Den Blick des Scheusals mag kein Aug’ empfahen,
Es birgt die Furcht sich hinter ihrem Schild;

255
Bald ist es hier, bald dort; ein blendend Feuer

Mit Dampf und Steinen haucht das Ungeheuer.

Zugleich auch läßt sein mörderisches Heer
Der Feind den Kampf mit Tigerwuth erneuen.
Der Aberglaube hemmt die Gegenwehr;

260
Es glückt, der Christen Haufen zu zerstreuen.

Von allen Seiten kommt der Angriff her.
Nur Heinrich wagt’s, nicht die Gefahr zu scheuen,
Sprengt auf den Drachen, den er siegen sieht:
Da bäumt sein Roß, wirft ihn zur Erd’ und flieht.

265
Schnell hat er zwar ein frisches sich errungen,

Sein Muth ermannt die kleine, treue Schar.
Doch allzuweit nur ist er vorgedrungen,
Mit jedem Siege wächst auch die Gefahr.
Bald ist er rings von Feindes Arm umschlungen,

270
Doch immer bahnt er kühn und wunderbar

Mit seines Schwertes blitzesschnellen Streichen,
Dem Tod gleich, den Weg sich über Leichen.

Da endlich sinket auch sein zweites Roß,
Erschöpft vom Schmerz der vielen Wunden.

275
Doch eh’ ein drittes bald sein Kampfgenoß,

Johann, der treue Knapp’, ihm aufgefunden,

[406]
Kämpft rüstig er zu Fuß. Schon war der Troß

Von seinen Reisigen fast ganz verschwunden:
Nur Sulislaw von Krakau schloß sich an,

280
Und Glogaus Klemens, Conrad und Johann.


Wohl unabsehbar ist des Feindes Menge;
Sich durchzuschlagen, hofft die Ritterkraft.
Fünf gegen Tausende! Wenn es gelänge,
Es wäre beispiellos. In enger Haft

285
Umschwärmt den Helden tobend das Gedränge.

Kaum hat er sich dem einen Schwarm entrafft,
Als schon ein andrer seinen Zug umschlinget,
Und ihn zu neuem, heißen Kampfe zwinget.

Schon wird es lichter, freier um ihn her,

290
Da sinkt Johann matt und verwundet nieder;

Doch ihn beachtet nicht der Tartar’n Heer,
Das folgt des Herzogs blankem Helmgefieder,
Der, als ein Wunder kühner Gegenwehr,
In Staunen setzt die tausendköpf’ge Hyder.

295
Rasch kreuzt sein Schwert, bis allgemach sein Pfad

Sich hoffnungsvoll dem freien Felde naht.

Der Abend scheint ihm Rettung zuzuwinken,
Die Sonn’ umstrahlet ihn mit Himmelsschein;
Da sieht Johann die drei Getreuen sinken,

300
Sieht seinen Herzog nun im Kampf’ allein;

Sieht lange noch den Helm erleuchtet blinken;
Doch endlich schließt ein Hauf’ ihn dichter ein,
Und wie ein Stern der durch die Wolken funkelt,
Erscheinet er bald hell, und bald verdunkelt.

305
[407]
Da tritt das finstre Schicksal zu dem Heere,

Und fordert seines Willens Opfer ab.
Daß sich der Vorbedeutung Nacht bewähre,
Vernichtet es, was eigne Kraft sich gab:
Und, hinterrücks durchbohrt von feigen Speere,

310
Sinkt er, der Hohe, in der Zeiten Grab. –

So ward das Licht der Finsterniß zum Raube,
Besiegt durch Rohheit und durch Aberglaube.

Die Horde räumet alsobald das Land.
Den Herzoginnen bringt Johann die Kunde.

315
Dort, wo der dunkle Bober endet, fand

Zwar Anna Schutz, doch keine Ruhestunde;
Und ihrer Hoffnung letzter Strahl verschwand,
Als Hedwig nächtlich ruft mit heil’gem Munde:
Todt ist mein Sohn! im Traume sah ich ihn

320
Verfolgt als Taube vor dem Habicht fliehn! –


Da halt sie keine Macht; entgegenstürmet,
Der Todesbotschaft ihres Herzens Schlag.
Die Söhne hat Burg Liegnitz ihr beschirmet,
Doch ist’s nicht das jetzt, was sie wissen mag;

325
Dorthin, wo Leiche sich auf Leiche thürmet,

Hin zu der Wahlstatt flüchtet sie. Da lag
Ihr Glück und Ziel. In eines Baumes Schatten
Entdeckt sie endlich den erschlag’nen Gatten.

Die Liebe klagt. Doch Hedwig, ohne Thränen,

330
Ruft: Himmel, Dank für diesen hohen Sohn!

Er starb für dich, drum schweige, banges Sehnen,
Es ist der Tod des Frommen höchster Lohn.

[408]
Sein Erdenreich war nur ein kurzes Wähnen,

Doch flammt sein Licht an einem ew’gen Thron.

335
Silesia! dein Schicksal ist entschieden:

Die Hoheit dort, und Demuth nur hienieden.

Verloren ward, was Heinrichs Geist begonnen;
Selbstständigkeit war sein erhabnes Ziel.
Was er an Land und Hoheit schon gewonnen,

340
In Trümmer sank es, als der Edle fiel.

Und lang’, ein Nebenstern von höhern Sonnen,
Erschien sein Volk als fremder Zwiste Spiel.
Nie eines Reiches unumschränkter Meister,
Strebt es nach Größe nur im Reich’ der Geister.

345
Sankt Jakob birgt des Herrlichsten Gebeine,

Dem er sein eignes, hohes Licht verliehn.
Hell stieg es auf, in Hoffnungssternenscheine,
Doch allzufrüh es in der Zeit erschien.
Nacht lag auf ihm und seinem Leichensteine,

350
Sein Volk, die Nachwelt dachte kaum an ihn,

Bis nun, erneut in Blüchers Siegeskränzen,
Zwiefach unsterblich Wahlstatts Tage glänzen.

Nun stieg auch Heinrichs frommes Denkmal wieder
Aus der Vergessenheit zum Tag’ empor.

355
Achtlosigkeit senkt’ es zur Tiefe nieder,

Es mußte weichen vor der Mönche Chor.
Ein edler Geist erhob des Leichnams Glieder
Und ihren Denkstein aus der Nacht hervor:
Sankt Jakob, heut Sankt Vincent, zeigt die Bahre

360
Des hohen Helden, nah am Hochaltare.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Verderdens