Die Tartarfürstin
Im Lande, wo die Sonn’ aufgeht,
War einst ein Fürst der Fürsten,
Gar eine große Majestät,
Und stark, die Welt zu bürsten,
Denn weit vom Ost zum Westen hin
Pfiff seine scharfe Geißel.
Chan Batu hieß der edle Herr,
Ein Cäsar der Tartaren;
Cingis-Chan seiner Scharen.
Ihn trug, ihm wogte wie ein Meer
Ein wildes, ungezähltes Heer
Von einem Sieg zum andern.
Hatt’ er auch schöne Frauen,
Bestrahlt mit Reizen und mit Pracht,
Wie Sonnen anzuschauen.
Vor Allem war ihm Eine lieb,
Und Chan und Volk beherrschte.
Nach weiberlicher Laune,
Sie bricht, weil sie’s nicht lassen kann,
Sie hört vom Land’ der Christenheit,
Von ihrer Städte Herrlichkeit,
Die will, sie muß sie sehen.
Der Chan, für ihre Schönheit schwach,
Doch endlich giebt er seufzend nach,
Was hilft’s, er muß gewähren;
Denn sei ein Mann auch in der Welt
Noch so großmächtig hingestellt,
Er öffnet seinen Schatz, daß sie
Das Herrlichste sich wähle,
Daß sie mit Pracht die Welt durchzieh,
Und seinem Ruhm nichts fehle.
Packt eine Sternenwelt sie ein,
Und zieht in Prunk von dannen.
Ihr folgt, nebst einem Schwarm von Frau’n,
Ein edler Troß von Reitern,
Voll Glanz mit den Begleitern,
Nimmt sie nach Schlesien den Lauf;
Man sperret Maul und Nasen auf,
Wo sie vorüber ziehet.
Ergebenst aller Orten,
Empfing sie fürstlich nach Gebür
Mit Gaben und mit Worten.
So daß es ihr gar wohl behagt,
Schön ist das Land der Christen.
Des Zobtenberges Fürstenschloß,
Gastgeberisch vor Allen,
Hatt’ ihr und ihrem ganzen Troß
Und als es war zum Scheiden Zeit,
Da that’s ihr recht von Herzen leid,
Und traurig zog sie weiter.
Nach Neumarkt führte sie ihr Pfad;
Legt an den allerbesten Staat,
Und was ihr Schönes eigen.
Da hättet ihr nur sollen sehn
Die Leute staunend gaffen stehn,
Doch als von der Versteinerung
Die Leute zu sich kamen,
Und in genaue Musterung
Die Pracht der Fürstin nahmen:
Und fingen an, je mehr sie sah’n,
Die Schätze zu begehren.
Indeß wir guten Christen
Kaum unser Leben fristen?
Gevatter, solch ein großes Glück
Bringt uns der Zufall nie zurück,
So lange Neumarkt stehet.“
Das kann wohl Niemand glauben,
Stellt Nachts sich in der Herberg’ ein,
Die Gäste zu berauben.
Wach wird der Troß, setzt sich zur Wehr,
Und haut sie All’ zusammen.
Die gute Fürstin ward dabei
Nun auch mit todtgeschlagen;
Und ohne Prunk und Ziererei
Und Alles, Alles raubt man ihr,
Es ließ der Räuber wilde Gier
Ihr nicht einmal das Hemde.
So war die Unthat zwar vollbracht,
Zwei Frauen in der Gruft der Nacht
Entfloh’n in’s Land der Väter,
Und zeigten dort den Frevel an,
Den ihnen Neumarkt angethan;
Die Mörder zu ereilen,
Und furchtbar stürzet der Tartar
Westwärts in scharfen Keilen.
Versenget er der Slaven Land,
Und dringt bis Liegnitz fürder.
Da schlugen sie die große Schlacht,
Die Allen wohlbekannte,
Zuletzt sich traurig wandte;
Denn Heinrich fiel, der fromme Held,
Das Licht, der Liebling seiner Welt,
Und Elend war im Lande.
Nahm der Tartar voll Rache
Sodann nach Neumarkt seinen Pfad,
Daß er’s zu Schanden mache.
Das sahn die Bürger dort voraus,
Um ihre Haut zu retten.
Sie sprachen zu den Jungfern fein,
Und auch zu ihren Frauen:
Ihr könnt uns von der Noth befrei’n,
Empfangt ihn freundlich, wenn der Feind
Mordgierig in der Stadt erscheint,
Wir wollen uns verstecken.
Und gebt uns dann zur rechten Zeit
Von ihrem Rausch das Zeichen;
Dann brechen wir mit Macht hervor,
Und schneiden der Tartaren Ohr,
Und so geschah’s. Der Feind kam an,
Und siehe! Neumarkts Schönen
Besiegen Alle, Mann für Mann. –
Die Siegeszeichen tönen;
Bläst’s Lebenslicht den Tartaren aus,
Davon kommt auch nicht Einer.
*****
Das Mährchen ist zu Ende nun,
Es fehlt nur noch die Lehre.
Wenn eine drinnen wäre;
Doch folgende nur fällt mir bei:
Oft siegt die Welt durch Schelmerei!
Doch ist es nur ein Mährchen.