Zum Inhalt springen

Im Kreislauf des Jahres (1899)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Rudolf Lavant
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Im Kreislauf des Jahres.
Untertitel:
aus: Vorlage:none
Herausgeber: Illustrierter Neue Welt-Kalender
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1899
Verlag: Auer/Hamburg und J.H.W. Dietz/Stuttgart (in Kommission)
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scan
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]

[25]

Im Kreislauf des Jahres.

Wenn die Knospen an den Zweigen springen
Und die Falter schwimmen in der Luft,
Wenn die Lerchen jubelnd auf sich schwingen
Und die Thäler voll von Veilchenduft,

5
Bleibt noch immer die Gefahr bestehen,

Die das Blühen sprungbereit bewacht;
Alles, Alles kann zu Grunde gehen
Durch den Reiffrost einer einz’gen Nacht.
Gleiches Schicksal droht den höchsten Zielen,

10
Jedem Aufschwung noch aus Schmutz und Staub,

Und die schönsten Völkerlenze fielen
Frostversehrt der Reaktion zum Raub.

Wenn im hohen Korn die Wachteln schlagen
Und die Breiten wogen wie ein Meer

15
Und das Haupt gesenkt die Halme tragen,

Weil von Körnern jede Aehre schwer,
Ist noch nicht das Schicksal abgewendet,
Daß zur Tenne Alles wandeln mag,
Denn die fahle, gelbe Wolke sendet

20
Prasselnd nieder ihren Hagelschlag.

Wenn die Ernte tadellos gerathen,
Tobt am liebsten ihrer Feinde Bund
Und der Freiheit überreife Saaten
Schlägt ein Schloßenwetter in den Grund.

25
Wenn den Fluren nichts vermocht‘ zu schaden,

Wenn das Heer der Halme lang und schwank
Bei der Lerche Abschiedslied in Schwaden
Vor des Schnitters Sense niedersank,
Zittert dennoch für den gold’nen Segen,

30
Der das Herz beflügelt und gerührt,

Denn verderben kann des Himmels Regen
Ihn noch immer, eh‘ er eingeführt!
Freiheits-Ernten, die heraus gefodert
And’rer Völker Neid durch gold’ne Pracht,

35
Sind im Feld verrottet und vermodert

Und verdorben, eh‘ sie eingebracht.

Aber wenn in Schnee und Eis vergraben
Todtenähnlich schlummert die Natur,
Wenn mit heiserem Gekrächz die Raben

40
Hungernd schweben über Wald und Flur,

Auf den Frühling magst du dann vertrauen,
Der die Erde weckt mit warmem Kuß,
Der des Eises Fesseln wird zerthauen,
Der da kommen wird und kommen muß.

50
Auch im großen Völkerleben walten

Frühlingsmächte, brechend Zwang und Trug,
Und die Throne und Tiaren halten
Sie nicht auf in ihrem Siegeszug! —
                                                       R. L.