Zum Inhalt springen

Im Kreislauf des Jahres (1904)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Rudolf Lavant
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Im Kreislauf des Jahres.
Untertitel:
aus: Vorlage:none
Herausgeber: Illustrierter Neue Welt-Kalender
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1904
Verlag: Auer/Hamburg und J.H.W. Dietz/Stuttgart (in Kommission)
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scan
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]

[25]

Im Kreislauf des Jahres.

Die ersten muntern Lerchen schwirren,
Die ersten Veilchen spenden Duft,
Die ersten gelben Falter irren,
Geweckt von lauer, linder Luft;

5
Nach einem sanften, feinen Regen

Deckt grüner Hauch den braunen Hag
Und Alles sprießt und knospt entgegen
Dem großen stolzen Blüthetag,
Und einem unermess‘nen Hoffen

10
Und einem leichtbeschwingten Traum

Steht auch des Aermsten Seele offen
Und zweifelt an dem Schönsten kaum.

Im reifen Korn die Sensen blinken,
Geschwungen von des Armes Kraft,

15
Und wie die Schwaden niedersinken

Und emsig man die Garben rafft;
Und wie bei fernem Donnergrollen
Und ferner Blitze mattem Sprüh’n
Die Erntewagen heimwärts rollen

20
Und dampfend sich die Rosse müh’n

Will auch ein Ahnen Dir beschleichen
In nächt’ger Stille das Gemüth,
Als werdest nimmer Du erreichen,
Was Du gehofft, als es geblüht.

25
Die letzten Früchte an den schwanken,

Gesenkten Zweigen sind gereift,
Die Winzer haben von den Ranken
Die letzte Traube schon gestreift;
Die Rosen bleichen und verwehen,

30
Auf leisen Sohlen naht der Tod,

Und mit dem blauen Hauch der Schlehen
Mischt sich der Hagebutten Roth;
Ihr welkes Laub verstreu’n die Bäume,
Zum Friedhof wird der grünste Ort,

35
Und Deiner Seele liebste Träume

Zieh‘n mit den Wandervögeln fort.

Es liegt die Welt in Schnee vergraben,
Der Tag hat nur ein fahles Licht;
Ein Schweigen herrscht, das nur der Raben

40
Gekrächz zuweilen unterbricht,

Und wie die kahlen Bäume ragen
Fragst Du mit zweifelndem Gemüth,
Ob wirklich einst in Maientagen
Die Welt bei Liederklang geblüht.

45
Die Hände legst am warmen Herde

Du müde lächelnd in den Schooß ―
Vergehen ist auf dieser Erde
Der Menschen allgemeines Loos.
                                                       R.L.