Im Kreislauf des Jahres (1904)
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Im Kreislauf des Jahres.
Die ersten muntern Lerchen schwirren,
Die ersten Veilchen spenden Duft,
Die ersten gelben Falter irren,
Geweckt von lauer, linder Luft;
Deckt grüner Hauch den braunen Hag
Und Alles sprießt und knospt entgegen
Dem großen stolzen Blüthetag,
Und einem unermess‘nen Hoffen
Steht auch des Aermsten Seele offen
Und zweifelt an dem Schönsten kaum.
Im reifen Korn die Sensen blinken,
Geschwungen von des Armes Kraft,
Und emsig man die Garben rafft;
Und wie bei fernem Donnergrollen
Und ferner Blitze mattem Sprüh’n
Die Erntewagen heimwärts rollen
Will auch ein Ahnen Dir beschleichen
In nächt’ger Stille das Gemüth,
Als werdest nimmer Du erreichen,
Was Du gehofft, als es geblüht.
Gesenkten Zweigen sind gereift,
Die Winzer haben von den Ranken
Die letzte Traube schon gestreift;
Die Rosen bleichen und verwehen,
Und mit dem blauen Hauch der Schlehen
Mischt sich der Hagebutten Roth;
Ihr welkes Laub verstreu’n die Bäume,
Zum Friedhof wird der grünste Ort,
Zieh‘n mit den Wandervögeln fort.
Es liegt die Welt in Schnee vergraben,
Der Tag hat nur ein fahles Licht;
Ein Schweigen herrscht, das nur der Raben
Und wie die kahlen Bäume ragen
Fragst Du mit zweifelndem Gemüth,
Ob wirklich einst in Maientagen
Die Welt bei Liederklang geblüht.
Du müde lächelnd in den Schooß ―
Vergehen ist auf dieser Erde
Der Menschen allgemeines Loos.
R.L.