Im Tempel
Der Priester schweigt, es sendet die Gemeine
Von halbbewegten Lippen stumme Bitte;
Verklärend gießet ihre Heil’genscheine
Die Sonne nieder in der Beter Mitte.
Die Hände faltet sie nach frommer Sitte,
Und neiget jetzt mit friedlicher Gebärde
Ihr schönes Haupt demüthiglich zur Erde.
Du sel’ges Kind! wie fühl’ ich deine Nähe!
In meiner Brust, so oft ich nach dir sehe,
Thut sich der Himmel auf und quellen Lieder;
Und wie ich ganz in dich verloren stehe,
Gebiert dein heil’ger Sinn in mir sich wieder;
Und dein Gebet, dein Wesen wird das meine.
Da weckt mich wunderbar aus meiner Stille
Der Glocken Klang und des Gesanges Wogen:
Es kommt dein Bild in unnennbarer Fülle
Mein Geist ergießt sich durch die ird’sche Hülle,
Von Liedern und Gebeten hingezogen;
Von deinem Geist wird er geführt nach oben,
Die Engel hört am Thron den Herrn er loben.
Blick’ ich, erwacht, hinab, Sie noch zu finden;
Dort wandelt Sie zur Thüre mit der Menge –
Froh, ohne Sehnsucht, seh’ ich sie verschwinden;
In meinem Ohr ja hallen noch die Klänge,
Ich bin mit ihr vor Gottes Stuhl getreten,
Und mir war klar: erhöret sey mein Beten.