In der Meerenge von Gibraltar

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Textdaten
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Titel: In der Meerenge von Gibraltar
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 6, S. 93, 100
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1896
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[93]

In der Meerenge von Gibraltar.
Nach einer Originalzeichnung von A. Kircher.

[100] In der Meerenge von Gibraltar. (Zu dem Bilde S. 93.) Ein prachtvoller Tag und ein günstiger Wind schwellt unsere Segel. Wie hurtig rennt das Schiff auf den blauen Wogen des Meeres! Kein Wunder, denn auch die Wellen treiben uns; wir sind in der Strömung, durch die der Atlantische Ocean seine Fluten dem Mittelmeere zuführt. Wir reisen nicht allein; eine „Schule“ von Delphinen, die nach Hunderten oder gar Tausenden zählt, begleitet das Schiff und die lustigen Gesellen ergehen sich in den tollsten Sprüngen, als ob sie uns durch ihre wassergymnastischen Künste ergötzen wollten. Doch heute schenken wir ihrem Treiben nicht die gebührende Aufmerksamkeit; denn auf Größeres, Denkwürdigeres sind unsere Augen gerichtet. Schmal wird das Meer und nur eine Wasserfläche von 13 km Breite trennt hier die Gestade Afrikas und Europas voneinander. Wunderbar, majestätisch ragt aus der Flut der 425 m hohe Felsen von Gibraltar mit dem schönen Leuchtturm auf der Punta Europa zu seinen Füßen. Welche Erinnerungen weckt dieser Anblick in unsrer Seele.

In Gemeinschaft mit dem gegenüberliegenden Ceuta bildete dieser Felsen die berühmten Säulen des Herkules, durch die einst die Phönizier als erstes Kulturvolk sich auf den unendlichen Okeanos hinauswagten. Später war der Felsen der Schlüssel zum Mittelmeere und er wurde zu einer Festung umgewandelt. Wie heiß stritten die Völker um seinen Besitz, wie oft rötete er sich vom Blute der Mauren, Portugiesen, Spanier, Franzosen und Engländer!

Mehr als ein Jahrhundert ist seit den letzten Kämpfen vor Gibraltar (1779–1781) verflossen, aber aus den Höhlen der Felsengalerien oder hinter Panzerwehren blicken noch immer finster mächtige Geschütze. England hält fest an seinem Besitze auf dem äußersten Punkte Spaniens, denn die Bedeutung Gibraltars hat in den letzten Jahrzehnten zugenommen. Seit der Eröffnung des Suezkanals liegt ja Gibraltar an einer der wichtigsten Straßen des Weltverkehrs, und fünf- bis sechstausend Dampfer laufen jährlich in dem weiten schönen Hafen ein. Der Handelsverkehr ist allerdings nicht hervorragend, da spanische Häfen der englischen Festung den Rang abgelaufen haben, wohl aber ist Gibraltar ein wichtiges Kohlendepot. Ueber 30 schwimmende Kohlenlager versorgen hier mit Heizmaterial die Dampfer, die nach Indien und Ostafrika steuern.

Tödliche Starre und Oede blickt uns von dem südlichsten Vorsprung Europas entgegen, solange wir Gibraltar aus der Ferne betrachten. Nähern wir uns jedoch der Reede, so wird das Bild anmutig und voll Leben. In jahrhundertelanger Frist hat der Mensch eifrig an dem Felsen herumgearbeitet und selbst auf unzugänglich scheinenden Stellen Mauern, Batterien und Forts errichtet und Galerien in 180 und 240 m Höhe in den Berg hineingesprengt. Am westlichen Abhange liegt aber an den Berg gelehnt die alte Stadt mit 25000 Einwohnern. Rings um dieselbe heben sich wie Oasen Gärten und Haine ab, deren Scholle man mit vieler Mühe dem toten Felsen abgerungen. In diesem warmen und durch die Seeluft gemilderten Klima gedeihen fröhlich alle immergrünen Gewächse des Südens. Berühmt ist aber Gibraltar besonders durch seine Fauna, denn sein Felsen ist der einzige Ort Europas, auf dem noch Affen in wildem Zustande leben. Innus ecaudatus oder Magot heißt die schwanzlose Art und die lustige Bande lebt munter unter dem Schutz strenger Gesetze, die jedwede Verfolgung der letzten europäischen Vierhänder verbieten. *