Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1

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Autor: Hugo Friedländer
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Titel: Titel, Vorwort und Umschlag
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aus: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1, S. I–VI, Umschlagseiten und Buchdeckel
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Erscheinungsdatum: 1910
Verlag: Hermann Barsdorf
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Erscheinungsort: Berlin
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[B1]

Hugo Friedlaender

Interessante

Kriminal-

Prozesse

*

[B2]

[I]
INTERESSANTE

KRIMINAL-PROZESSE

VON

KULTURHISTORISCHER BEDEUTUNG

DARSTELLUNG MERKWÜRDIGER STRAFRECHTSFÄLLE

AUS

GEGENWART UND JÜNGSTVERGANGENHEIT


NACH EIGENEN ERLEBNISSEN

VON

HUGO FRIEDLAENDER

GERICHTS-BERICHTERSTATTER

EINGELEITET VON JUSTIZRAT DR. SELLO–BERLIN

*


BERLIN W 30 1910
HERMANN BARSDORF VERLAG


ALLE RECHTE, AUCH FÜR AMERlKA, VORBEHALTEN

[II]
Copyright 1910 by Hermann Barsdorf




Spamersche Buchdruckerei in Leipzig.
[III]
Vorwort.

Der Verfasser des vorliegenden Werks, den ich seit dem Beginn meiner Verteidigertätigkeit als eifrigen und gewissenhaften Gerichtsberichterstatter kenne, hat mich ersucht, sein Buch durch ein kurzes Geleitswort einzuführen.

Wenn es auch bei dem lebhaften Interesse, dessen es schon um seines Inhalts willen gewiß sein darf, kaum eines solchen Vor- oder Fürworts bedurft hätte, so habe ich doch diesem Wunsche gern entsprochen. Handelt es sich doch nach meiner Überzeugung um eine durchaus verdienstliche Arbeit, die mit Recht die ernste Beachtung aller derer beansprucht, die mit mir in der Geschichte des Verbrechens zwar ein besonders düsteres, aber deshalb um so lehrreicheres Kapitel der menschlichen Kulturgeschichte erblicken, – ein Kapitel, das der praktische Kriminalist, sei er nun Beamter der Polizei oder Staatsanwalt, sei er Richter oder gar Verteidiger, nicht aufmerksam genug studieren, nicht gewissenhaft genug auf Schritt und Tritt beherzigen kann.

Es gibt eben keinen erheblichen Straffall der Vergangenheit, aus dem die Strafrechtspflege von heute nicht fruchtbare Lehren für die Aufgaben des Tages schöpfen könnte und sollte.

Niemandem aber, der jemals praktisch beruflichen oder theoretisch wissenschaftlichen Anlaß gehabt hat, sich auf diesem Wissensgebiete umzuschauen, ist die betrübende Erfahrung erspart geblieben, wie ungeheuer rasch unsere schnell lebende Zeit auch in diesen ernsten Dingen vergißt. Solange [IV] ein aufsehenerregender Straffall verhandelt wird, berichten die Tageszeitungen darüber, mehr oder minder ausführlich, mehr oder minder gewissenhaft. Nach wenigen Tagen aber spricht man schon nicht mehr davon. Und wenn man gar nach nicht allzulanger Frist aus kriminalistischem oder kulturgeschichtlichem Interesse darauf zurückgreifen will, so ist es kaum und immer nur mit ungemeinen Schwierigkeiten möglich, sich auch nur die dürftigsten tatsächlichen Notizen über den einst so berühmten Fall zu beschaffen. Ich selber könnte hiervon ein langes und schmerzliches Lied singen.

Alltäglich geht bei uns ein umfangreiches und wertvolles kriminalistisches Material unwiederbringlich[WS 1] verloren.

Der Sensationshunger unseres Publikums verlangt eben nur nach der seine Nerven kitzelnden Kost der cause célèbre von heute, und nur ganz wenige haben ein Interesse an der getreuen Aufbewahrung dieser documents humains als eines Besitzes für immer. Und doch; wie unendlich wichtiger und interessanter sind diese, die uns die Nachtseiten der Menschenseele wirklichkeitsgetreu schauen lassen, damit wir im Sinne des buddhistischen Tat twam asi – das bist du selber! – Einkehr halten in unser eigenes Herz, als die müßigen Phantasieausgeburten jener modernen Sherlock-Holmesnovellistik, um die sich die Leser reißen.

Wie das Publikum aber, so die Literatur!

Kaum auf einem praktisch wichtigen Wissensgebiete ist es bei uns um die geschichtlichen Quellen so kläglich bestellt wie auf diesem. Unsre Literatur, sonst überall so reich, ja überreich an nützlichen, wohl auch an unnützlichen Erzeugnissen, hier ist sie geradezu dürftig, hier läßt sie den Forscher fast bei jedem Schritt im Stiche.

Wir besitzen nicht eine einzige Zeitschrift von dem Quellenwert der Gazette des tribunaux oder des Droit, des Eco dei tribunali oder der Belgique judiciaire. Keine unsrer großen Tageszeitungen erachtet die bemerkenswerteren [V] Strafprozesse unsrer Tage einer Betrachtung sub specie aeterni für würdig, wie es die Times so oft in ihren Leitartikeln getan. Der neue Pitaval und Belmontes verdienstvolles Tribunal sind seit Jahrzehnten eingegangen, der deutsche Pitaval ist nicht über das vierte Heft hinaus gediehen; der Pitaval der Gegenwart und die gelegentlichen Prozeßberichte in Groß’ ausgezeichnetem Archiv genügen nicht annähernd dem Bedürfnis des Forschers.

So wollen und dürfen wir den vorliegenden ersten Band eines Werkes, das sich gewissenhaft bemüht, eine empfindliche Lücke unsrer Literatur an seinem Teile ausfüllen zu helfen, vom kriminalistischen wie vom allgemein kulturgeschichtlichen Standpunkt aus dankbar willkommen heißen.

Der Verfasser hat die von ihm behandelten Fälle so darstellen wollen, wie er sie als Draußenstehender sehen und schildern konnte; nicht wie einst Feuerbach auf Grund eindringendsten Aktenstudiums mit unvergleichlicher psychologischer Spürkraft das fein verzweigte Wurzelgeflecht der verbrecherischen Tat aufzuzeigen trachtete, sondern als getreuer Chronist kriminalistischer Tagesereignisse, der uns schlicht und sachlich berichtet, was er als aufmerksamer Zeuge miterlebt und mit dem raschen Stift des Journalisten als lebendiges Augenblicksbild festgehalten hat. Die kriminalistischen Momentaufnahmen, die er uns bietet, empfangen von dieser Unmittelbarkeit des Eindrucks einen besondern Reiz und einen eigenen Wert.

Kaum einer unter seinen Fällen, dessen längst verblaßtes Bild nicht durch seine Schilderung wieder lebensvoll in uns aufgefrischt würde, nicht einer, aus dem sich nicht nach irgendeiner Richtung Wichtiges lernen ließe! Entnehmen wir dem Prozesse Kwilecka einen wichtigen Beitrag zur Lehre von der Ähnlichkeitsbestimmung und der Wiedererkennung von Personen, so gewährt uns der Fall des Blumenmediums Anna Rothe einen zugleich fesselnden und betrübenden Einblick in das Nebelheim der Selbsttäuschung, in eine [VI] verkehrte Welt des läppischsten Aberglaubens, von dem wir nicht wissen, ob wir ihn belächeln oder beweinen sollen.

Noch mancherlei ließe sich hier zum Lobe des Buches sagen. Doch ein Vorwort soll nicht aufdringlich das hoc fabula docet vorweg nehmen und schon im voraus das Fazit ziehen, das für den Leser nur dann von bleibendem Werte ist, wenn er es selber gezogen hat.

So mag denn nun das Buch für sich selber sprechen!

Berlin, den 10. April 1910.

Justizrat.     

[U1]

HUGO FRIEDLÆNDER
INTERESSANTE
KRIMINAL-
PROZESSE
*
EINGELEITET VON JUSTIZRAT Dr. SELLO
INHALT

EIN RAUBMORD IM EISENBAHN-COUPÉ

DER KWILECKI-PROZESS WEGEN KINDESUNTERSCHIEBUNG

DER HANNOVERSCHE SPIELER- UND WUCHERPROZESS (OLLE EHRLICHE SEEMANN)

DIE LEICHE IM KOFFER

DER RAUBMÖRDER HENNIG

DER KNABENMORD IN XANTEN

DIE GEHEIMNISSE EINES KLOSTERS (BRUDER HEINRICH)

DER HAUPTMANN VON KÖPENICK (WILHELM VOIGT)

DER JUDENFLINTEN-PROZESS

DIE ENGELMACHERIN WIESE

DER ERBE-BUNTROCK-PROZESS

DIE ERMORDUNG DES RITTMEISTERS VON KROSIGK

DAS SPIRITISTEN-MEDIUM ANNA ROTHE

[U2]
Verlag von Hermann Barsdorf in Berlin W. 30.

Interessante Kriminal-Prozesse
von
kulturhistorischer Bedeutung


Darstellung merkwürdiger Strafrechtsfälle
aus
GEGENWART und JÜNGSTVERGANGENHEIT


zumeist nach eigenen Erlebnissen von
HUGO FRIEDLÆNDER, Gerichts-Berichterstatter.


Mit einem Vorwort ven JUSTIZRAT Dr. SELLO – BERLIN.

Von April 1910 ab erscheint in zwanglosen, in sich abgeschlossenen und einzeln käuflichen Bänden von ca. 250–300 Seiten Umfang, eine Sammlung von interessanten Kriminal-Prozessen. Vornehm ausgestattet. Elegant broch. à Bd. 3 M. Eleg. gebd. à 4 M.

Nachdem die sogenannten Nic Carter – und andere auf die niedrigsten Triebe der grossen Masse spekulierenden Detektiv-Romane derartig überhand genommen haben, dass sie als eine soziale Gefahr erkannt worden sind, gegen deren Verbreitung man jetzt mit aller Energie vorgeht, ist es mit Genugtuung zu begrüssen, dass sich einer unserer geachtetsten Gerichts-Berichterstatter, der nahezu 40 Jahre seines mühevollen Amtes waltet, auf das Drängen seiner juristischen Freunde entschlossen hat, dem deutschen Volke eine schlichte, wahrheitsgetreue, durch keine Reporter-Phantasie gefälschte Darstellung jener grossen Kriminal-Prozesse zu geben, deren kulturhistorische Bedeutung fast die gesamte zivilisierte Welt empfand, als sie s. Zt. durch die Zeitungsberichte in geradezu fieberhafter Aufregung erhalten wurde.

Der diesem Bande beigefügte Prospekt giebt bereits eine ausführliche Inhaltsangabe des in Kürze erscheinenden zweiten Bandes der Interessanten Kriminal-Prozesse.

Die folgenden Bände werden alle jene anderen hochbedeutsamen Kriminalprozesse enthalten, die z. T. heute noch unser ganzes Interesse in Anspruch nehmen, deren Einzelheiten aber in unserer hastenden Zeit, in der ein Ereignis das andere förmlich jagt, gar schnell wieder dem Gedächtnis entschwinden. Wir nennen hier nur folgende:

Der Mordprozess Tarnowska in Venedig, Das Spiel im Klub der Harmlosen in Berlin, Ein weiblicher Blaubart, Der Zoppoter Mord, Die Bluttat des Banklehrlings Brunke, Erschiessung [U3] zweier Schülerinnen in Braunschweig, Ritter von Ofenheim in Wien, Der Dienstmädchenmord Schenk in Wien, Russischer Hochverratsprozess in Königsberg, Ermordung einer Engländerin im Essener Stadtwald, Rennfahrer Breuer und die Ermordung des Mühlenbesitzers Mattonet, Die Vorkommnisse im Arbeitshaus etc. etc.

In mehr als einer Beziehung ist es von weittragendster Bedeutung, dass alle diese kulturhistorisch wichtigen Kriminalprozesse der heutigen und späteren Generation in unverfälschter, historischer Treue erhalten bleiben! Denn wie das Strafrecht selbst gewissermassen alle Phasen der Staats- und Menschheitsentwickelung mitgemacht hat, so bildet auch jeder grosse Strafprozess zugleich ein ziemlich getreues Abbild des jeweiligen sittlichen Niveaus eines Volkes! Die Berufenen[WS 2] sollen zum Finden neuer Grundsätze angeregt werden, und dem grossen Publikum wird – unter Rechnungtragung seiner Vorliebe für alles «Kriminalistische» – mit dieser Sammlung von interessanten Kriminal-Prozessen eine gesunde Lektüre geboten, die ausserdem jener oben geschilderten, Herz und Gemüt vergiftenden und verrohenden Schundliteratur einen wirksamen Damm entgegensetzt.


Im gleichen Verlage erschien:

Der Fall Dippold
Ein Sittenbild aus dem 20. Jahrhundert.
Von H. Rau.
68 Seiten. Mit 2farbigem Umschlag. 1904. Eleg. broch. M. 1.–.

Friedrich der Grosse und sein Hof
Historischer Roman von L. Mühlbach.
3 Bände. 583 Seiten. 10. Auflage. Grosses Format und grosser Druck.
Eleg. broch. M. 6.–. In Originalband M. 7.50.

Königin Hortense
Historischer Roman aus der Napoleonischen Zeit.
Von L. Mühlbach.
2 Bände. 6 Auflage. Reich illustriert. 1908.
Elegant brochiert M. 5.–. In Originalband M. 6.50.

Heinrich VIII. von England und sein Hof
(Katharina Parr)
Historischer Roman von L. Mühlbach.
3 Bände. 4. Aufl. Mit 20 Illustrationen, 1908.
Elegant brochiert M. 6.–. In Originalband M. 7,50.
[U4]
Memoiren
der Königl. Preussischen Prinzess Friederike Sophie Wilhelmine
Schwester Friedrichs des Grossen
Markgräfin von Bayreuth

Von ihr selbst geschrieben. Mit Porträt. 2 Bände. 470 Seiten. 11. Auflage. 1908. Eleg. brochiert M. 5,–. In Orig. Lwbd. M. 6,50.

Das elbe: Memoirs of the Margravine of Baireuth. 2 vols. 499 pag. M. 6,–. In Orig. Lwbd. M. 7,50.

Das elbe: Mémoires de la Margrave de Bareith. 2 vols. In Orig. Lwbd. M. 10,–. Fast vergri fen.

Die berühmten Memoiren der Markgräfin von Bayreuth, der Freundin Voltaires, der geistreichsten Frau des 18. Jahrhunderts, waren seit ihrem ersten Erscheinen eine Fundgrube für den Kultur- und Sittenschilderer. Sie giebt mit jener Naivetät im Ausdruck, wie sie dem 18. Jahrhundert eigen, ein ebenso interessantes als pikantes Bild des Lebens und Treibens an den Fürstenhöfen Europas.

Mit ihrer scharfen märkischen Zunge schont sie weder Kind noch Kegel und, eingeweiht in alle, selbst die intimsten Intrigen der hervorragendsten Höfe ihrer Zeit, schildert sie urwüchsig bis zum Aeussersten, alle Personen, die in ihren Gesichtskreis treten. Vor allem sind es der preussische und englische Hof, die wir von König und Königin bis hinab zum Kammerdiener kennen lernen. Oft hat man der Markgräfin zum Vorwurf gemacht, dass ihre Schilderungen unwahr seien, aber die strenge Geschichtsforschung hat doch ergeben, dass sie fast stets richtig wiedergab, einige unbedeutende Ungenauigkeiten und persönliche Färbungen ausgenommen. Daher bilden ihre Denkwürdigkelten auch heute noch einen der interessantesten Beiträge zur Kultur- und Sittengeschichte des 18. Jahrhunderts, eine wahre Fundgrube für alle Liebhaber von Hof- und Intrigengeschichten.


Die Hauptströmungen der Literatur des Neunzehnten Jahrhunderts.
Von Georg Brandes.

6 Bände. 8. und 9. Auflage 1900–1909. Eleg. broch. M. 25,–. In 6 Orig. Lwbden M. 30,–. In 6 Orig. Hfzbden M. 34,–.

Dasselbe. Wohlfeile Ausgabe. 6 in 2 Lwbden geb. M. 20. Enthält genau den Text der grossen Ausgabe, ist aber nur komplet käuflich. Inhalt: 1. Die Emigrantenliteratur. 2. Die romantische Schule in Deutschland. 3. Die Reaktion in Frankreich. 4. Der Naturalismus in England. 5. Die romantische Schule in Frankreich. 6. Das junge Deutschland. Börne, Heine etc.

Als Georg Brandes’ Hauptwerk, die „Hauptströmungen der Literatur des 19. Jahrhunderts“ zum ersten Male erschien, glichen dessen einzelne Bände Kriegern, welche zu Streit und Kampf auszogen und sich durchkämpfen mussten. Jetzt ziehen sie wie ein siegreiches Heer durch die Lande.

Beim Erscheinen der Volksausgabe seiner Werke hiess es in dänischen Blättern, dass Georg Brandes gesiegt habe. Was bedeuten diese Worte, welchen Sieg gewann Brandes, was ist geschehen?

Georg Brandes hat eine neue ästhetische Methode eingeführt.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: unwiderbringlich
  2. Vorlage: Beufenen