Jugendleben und Wanderbilder:Band 1:Kapitel 11
Johanna Schopenhauer: Jugendleben und Wanderbilder | |
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[92] Lange haben wir gestanden unter Schmach und Schimpf und Leid
Mochten kaum uns aufrecht halten in der jammervollen Zeit.
Grichenlieder von W. Müller.
Mein Vater war vom frühen Morgen an auf dem Rathhause, wohin er zu ganz ungewohnter Stunde berufen worden; Herr Moser, statt wie sonst im Comptoir hinter seinem Schreibepult wie angenagelt zu sitzen, lief unruhig im Hause herum, knackte einmal über das andere mit den Fingern, und seufzte in einem fort: Ja, ja!
Im Wohnzimmer saß meine Mutter ganz erschöpft auf dem Kanapee, mit fliegender Brust, glühenden Wangen und Thränen des Zornes im Auge. Ich drückte mich ängstlich in eine Ecke, denn in so heftiger Bewegung hatte ich die liebe, sanfte Frau nie gesehen.
Zu sehr ungewohnter Stunde, denn Morgenbesuche waren damals durchaus nicht gebräuchlich, war [93] ein Freund unsers Hauses gekommen, der Mann einer der liebsten Freundinnen meiner Mutter, und hatte ihr etwas erzählt, das ich nicht verstand, worüber sie aber vor Schrecken todtenbleich wurde und sich kaum aufrecht halten konnte. Herr M*** sprach noch viel, meine Mutter gerieth darüber mit ihm in Streit, sie die nie stritt! es kam mir vor, als habe er etwas über meinen Vater gesagt, das sie nicht zugeben wollte, zuletzt wies sie ihm mit großer Heftigkeit die Thür und ersuchte ihn, sie künftig mit seinen Besuchen zu verschonen; er ging, und ich blieb starr vor Erstaunen über das nie zuvor Erlebte.
Jetzt kam auch Jameson, und Onkel Lehmann, der Bruder meiner Mutter; auch Kandidat Kuschel, der aber heute mich kaum bemerkte, so viel ich mir Mühe gab, mich ihm bemerkbar zu machen. Alle drei versammelten sich um meine Mutter in angelegentlichst eifrigem Gespräch, mir aber wurde angedeutet, mich zu Kasche zu begeben, und ich mußte gehorchen, so sehr die Neugier mich plagte. Ich hätte gar zu gern erfahren, warum meine Mutter sich darüber so erzürnte, daß Herr M*** behauptet hatte: mein Vater trüge seinen Mantel auf beiden Achseln; wie sollte er denn sonst ihn tragen?
Unterwegs warf ich einen Blick zum Fenster hinaus; [94] auch auf der Straße ging es ungewöhnlich lebhaft her. Schiffer und Matrosen strömten dem Schiffergilden-Hause zu, in den Beischlägen steckten Nachbarn und Nachbarinnen, in Schlafrock und Pantoffeln, die Köpfe zusammen, überall an allen Ecken standen Leute haufenweise, eiferten, fluchten, weinten, rangen die Hände, stampften mit den Füßen, klagten überlaut.
Kaum sieben Jahre war ich damals alt, vierundsechzig sind seitdem vergangen; doch in früher Kindheit aufgenommene Eindrücke bleiben unauslöschlich bis ins späteste Alter, und jener Morgen, an welchem ich zuerst etwas einer Sorge Aehnliches empfand, schwebt in allen seinen Einzelheiten noch deutlich vor mir, obgleich ich nicht im Stande war, all’ das Unheil zu fassen, das für eine lange Folgereihe von Jahren mit ihm hereingebrochen war. –
Setzt euch ruhig hin, besorgt den Puppen ihr Frühstück und zieht sie ordentlich an, aber haltet euch still, daß Niemand euch hört, ermahnte uns Kasche, indem sie mich und meine Schwester Lotte in das Eckchen, zwischen Fenster und Schrank führte, das uns zum Spielen eingeräumt worden, und das ich zum Wohnzimmer meiner Puppen recht nett aufgeputzt hatte.
[95] Kasche, liebe Kasche! bat ich, wir wollen mäuschenstille sein, aber sag’ mir nur, was vorgegangen ist? ach, sage es mir nur, denn ich fürchte mich so!
Freilich wohl ein Unglück, und ein großes! antwortete Kasche; aber ihr Kinder versteht doch nichts davon. Der Preuß ist über Nacht gekommen, – darum seid hübsch artig, setzte sie hinzu, und ging.
Hätte sie gesagt: der Löwe, das Tigerthier, der Bär, ich hätte eine Idee damit verbinden können; aber der Preuß! ich begriff keineswegs, was sie damit meinte; doch eben das Unverständliche ihrer Worte vermehrte meine Angst.
An jenem Morgen überfiel das Unglück wie ein Vampyr meine dem Verderben geweihte Vaterstadt, und saugte Jahrelang ihr bis zur völligen Entkräftung das Mark des Lebens aus!
Die von den drei verbündeten Mächten im Jahr 1772 in Rußland beschlossene Theilung Polens, welche diesem Königreich wenigstens ein Viertel seines Umfangs raubte, war überraschend schnell zur Ausführung gekommen; und obgleich die freie Stadt Danzig nur bedingungsweise unter polnischem Schutze stand, ward der bei weitem wichtigste Theil ihres Gebietes ihr dennoch mit entrissen. Eine grausame Ironie des Schicksals schloß von dem gewaltsamen [96] Raube ihrer nächsten Umgebungen sie allein aus. Ihr gleichsam zum Hohne, wurde der freien einst so mächtigen Hansestadt ihre alt hergebrachte, republikanische Verfassung gelassen, während der Quell ihres Wohlstandes, abgeleitet, allmählig versiegte, und ihr auf kurze Zeit nur noch ein Scheinleben bleiben konnte, das mit jedem Tage gänzlicher Auflösung sich nähern mußte.
Der Hafen nebst den ihm angrenzenden Umgebungen war von Preußen besetzt, die sehr überflüssige Festung Weichselmünde aber der Stadt geblieben; kaum eine halbe Stunde von dem äußersten Thor, am Ende der damals neugepflanzten vier Reihen Linden, die jetzt zu einer der schönsten Alleen herangewachsen sind, war der preußische Adler über Nacht aufgerichtet, und wenige Schritte weiter, am Anfange des beinahe aus lauter schönen Landhäusern wohlhabender Bürger bestehenden Oertchens Langefuhr, stand der Greuel aller Greuel, das Zollamt, in welchem, aus einem unbegreiflichen Irrthum des großen Königs, die im ganzen preußischen Lande verhaßte französische Regie ihr Wesen trieb.
Vor einem andern Thor, näher der Stadt, fing die preußische Grenze sogar mitten in der äußersten Vorstadt Schidlitz an. Diese Vorstadt wurde [97] während der letzten Belagerung auf Befehl des preußischen Generals niedergebrannt, und wird wahrscheinlich nie wieder aus der Asche erstehen; ihre geringe Entfernung von der Stadt läßt hieraus sich ermessen.
Auf der andern Seite, nach Elbing und Marienburg zu, längs dem Seestrande und der Weichsel, war der Stadt ihr ungefähr vier bis fünf Meilen weit sich erstreckendes Gebiet geblieben.
Viele Tage lang war es immerfort, als ob ein schweres Gewitter am Himmel stünde; wir Kinder hörten kein freundliches Wort, alle Leute im Hause gingen stumm und niedergeschlagen neben einander her. Wir hätten es machen sollen wie die Nürnberger, von denen Herr Moser erzählt; wir hätten »mit Nichten!« sagen sollen, als der Preuße herein wollte, dachte ich bei mir selbst, hütete mich aber weislich davor, es auszusprechen. Nur auf einzelne Stunden kam der Vater den Tag über vom Rathhause, mit einem so finstern Gesicht, daß ich mich mit meiner Schwester Lotte gleich zu meinen Puppen retirirte, sobald ich nur von ferne ihn sah. Der Zorn der Bürger, denen das Gefühl ihrer Ohnmacht bis zu verzweiflungsvoller Wuth erhöht hatte, wandelte, als der erste Schrecken überstanden war, in verbissenen Ingrimm, in immer tiefer eingreifenden Haß [98] gegen Preußen und Alles was Preußisch war, sich um, der bald in den festen Entschluß überging, zur Vertheidigung des letzten armseligen Scheines ehemaliger Freiheit, der ihnen geblieben war, alles daran zu setzen, Leib und Leben, Hab und Gut.
Bedeutende Wunden, welche das Schicksal uns schlug, lernen wir endlich mit einer Art stumpfsinniger Ergebung ertragen; doch nie verschmerzen wir jene tausend kleineren sich täglich wiederholenden Nadelstiche desselben, die uns gleichsam spottend verfolgen, und kommen nimmermehr dahin, uns geduldig ihnen zu unterwerfen. Die bis zur höchsten Ungebühr, täglich auf das schonungsloseste sich wiederholenden Plackereien, welche das nach französischer Art eingerichtete Accisewesen, besonders in Langfuhr, sich erlaubte, trugen daher fast noch mehr dazu bei, die Erbitterung gegen Preußen aufs höchste zu treiben, als alle anderen Maßregeln, welche die völlige Vernichtung des bürgerlichen Wohlstandes der unglücklichen Stadt allmälig herbeiführen mußten.
Die empörende Behandlung, welcher die Einwohner Danzigs ohne Unterschied der Person ausgesetzt waren, sobald sie die ihnen so eng gesteckte Grenze ihres Gebiets überschritten, muß in unsrer weit humaneren Zeit fabelhaft erscheinen. Jeder Fußgänger [99] wurde vor dem Accisegebäude angehalten, und mußte es als eine große Gefälligkeit erkennen, wenn man, um sich zu überzeugen, daß er nichts Accisebares bei sich führe, mit Durchsuchung seiner Taschen ihn verschonte.
Miethkutschen und Equipagen wurden eben so wenig als Fuhrmanns- und Bauerwagen mit genauester Durchsuchung verschont. Damen und Kinder mußten zuweilen im heftigsten Platzregen aus ihrem Wagen steigen, und, unter dem Hohngelächter ihrer Peiniger, geduldig unter freiem Himmel es abwarten, bis jenen gefiel, die Visitation auch der verborgensten kleinsten Räume im Wagen langsam zu vollenden. Dann begann noch die Durchsuchung der Personen, die damals Mode gewordenen Poschen der Damen, eine Art leichterer Reifröcke, die freilich aus sehr geräumigen Taschen bestanden, denen man ihren Inhalt von außen durchaus nicht ansehen konnte, waren dem französischen Gesindel ein Hauptgegenstand des Argwohns; keine Dame durfte sich weigern, ihre Poschen vor den Augen desselben auszuleeren, wenn sie nicht der beleidigendsten Behandlung sich aussetzen wollte. Mit Dienstmädchen und Frauen aus den geringeren Ständen verfuhr das freche Volk noch weit schonungsloser.
[100] Sogar in ihren Landhäusern, sowohl in Langfuhr selbst, als in den in weiterer Entfernung, nach Oliwa zu belegenen, blieben die Danziger Bürger den Mißhandlungen jener fremden Sünder und Zöllner ausgesetzt. Haussuchungen nach Kontrebande, denen Niemand bei schwerer Strafe sich widersetzen durfte, fielen täglich vor, und Kaffeeriecher, von ihrem ehrenvollen Amte so benannt, spürten in Höfen, Häusern und Küchen dem Geruch des frischgebrannten Kaffee nach, der innerhalb der preußischen Grenze nicht anders als schon gebrannt verkauft werden durfte.
Durch alles dieses steigerte die allgemeine Erbitterung sowohl gegen die französische Regie, als gegen den großen König, der dieses Unerträglichste mit dem Rechte des Stärkeren über uns verhängte, sich auf’s Höchste. Bald nach der Occupation mußte ich leider selbst Zeuge davon werden, bis zu welchen schauderhaften Ausbrüchen unzähmbarer Wuth und Grausamkeit ein im Grunde gutmüthiges Volk getrieben werden kann, und die furchtbare Erinnerung daran hat mich noch lange nachher wachend und im Traume verfolgt.
Frecher Uebermuth, denn ein anderer Beweggrund zu einem so nutzlosen Wagstück wäre kaum denkbar, [101] verleitete die französischen Zöllner, sich von Zeit zu Zeit in die Stadt zu schleichen, und neue Königl. Preußische Verordnungen heimlicher Weise am Rathhaus anzuheften, die, sobald man ihrer gewahr wurde, der schon über den bloßen Anblick des preußischen Adlers entrüstete Pöbel sogleich herunterriß.
Durch öfteres Gelingen wahrscheinlich zu dreist geworden, ließen unglücklicher Weise zwei dieser Elenden über der Ausführung eines solchen Unternehmens sich betreffen, und waren im Nu vom wüthenden Pöbel umringt. Brüllend wie die vom Sturm gepeitschten Meereswogen strömte von allen Seiten das Volk herbei; mit Pflastersteinen und Stöcken bewaffnet, erhoben sich tausend drohende Fäuste, unter wilden Flüchen und Schmähungen erscholl aus tausend Kehlen das Todesurtheil der Verhaßten. Nur schleunige Flucht konnte sie retten. Aus vielen Wunden blutend gelang es endlich dem Leichtfüßigsten unter den Beiden, sich in die Hauptwache zu werfen, wo seine Verfolger von ihm abließen. Wie ein gehetzter von einer Koppel Hunde gejagter Hirsch wurde indessen sein Begleiter durch die halbe Stadt, durch Gassen und Gäßchen im angestrengtesten Lauf unter einem Hagel von Steinwürfen erbarmungslos fortgetrieben; nur die mit jedem Schritt sich mehrende [102] Anzahl seiner Verfolger, die endlich in den engen Straßen eine dicht zusammengedrängte Masse bildeten, verhinderte sie ihn zu ergreifen.
Brüllend, heulend vor Todesangst und Schmerz, mit Blut bedeckt, die Ueberreste seiner Kleider in Fetzen um ihn herumflatternd, sah ich das Jammerbild, ganz nahe hinter ihm drein der tobende Haufen, an unserm Hause vorüberjagen; er stürzte vor Entkräftung, raffte sich aber schnell genug wieder auf, und erst in der nächsten Straße ereilte ihn endlich das Schicksal, dem er vergeblich zu entfliehen strebte.
Ich kann und mag das Schreckensbild nicht weiter ausmalen; ungerächt wie unbeklagt verendete der Unselige im eigentlichsten Sinn des Worts unter den Fäusten und dem Hohngelächter der zur wildesten Rache empörten tief beleidigten Volksmenge; sie wollte und mußte ihr Opfer haben, und jeder Versuch, es ihr zu entreißen, wäre jetzt eben so vergeblich, als wahrscheinlich in seinen Folgen verderblich gewesen.
Die freundlichen Gartenhäuser in Langefuhr, Strieß, Oliwa, standen eine Zeitlang verödet da; ihre Eigenthümer wollten anfänglich den gewohnten Gartenfreuden lieber entsagen, als so schmählichen [103] Bedrückungen sich aussetzen. Doch die Stadtthore wurden, nach damaligem Festungsgebrauch schon mit Untergang der Sonne geschlossen, die sehr hohen Wälle, die hinter diesen sich erhebenden noch weit höheren Hügel, welche man, in einer übrigens flachen Gegend, wohl verleitet werden kann, Berge zu nennen, verhindern den freien Durchzug der Luft; Danzig liegt gewissermaßen in einem nach der Seeseite zu sich eröffnenden halben Kessel, so tief, daß man vom Meere aus die Stadt selbst gar nicht gewahr wird, und die hohen Thürme derselben sich gerade zu aus den Wellen zu erheben scheinen.
An recht heißen Sommertagen herrscht daher in den engen von himmelhohen Häusern umgebenen Straßen eine höchst drückende Schwüle, in die freiwillig sich einsperren zu lassen fast unmöglich ist, wenn man bedenkt, daß ganz in der Nähe, in einer der schönsten Gegenden, ein oft von Großvater und Vater ererbtes geliebtes Eigenthum, ungesehen und ungenossen verblüht. Meine nach frischem Abendhauch lechzenden Landsleute fingen daher an, auf Auskunftsmittel zu sinnen, und wer gehörig sucht, der findet, wenn auch nicht immer das Rechte, doch wenigstens ein Surrogat dafür.
Hat doch Doktor Faust sogar mit dem Bösen [104] ein Pactum geschlossen, und wurde demungeachtet nach seinem Ableben von Engeln in die ewige Seligkeit getragen, wie Göthe uns berichtet; daher darf man den Danziger Gartenbesitzern es wohl verzeihen, wenn sie sich herabließen, mit der nicht weniger als der Teufel selbst ihnen verhaßten französischen Regie in Unterhandlung zu treten, welche die Folge hatte, daß Jeder um eine nicht unbedeutende jährlich zu zahlende Summe für die Zeit seiner Villegiatura sich Zollfreiheit erkaufen konnte, wodurch ein großer Stein des Anstoßes gehoben ward.
Wem es nur irgend möglich war, der zog jetzt hinaus ins lang entbehrte Freie, und auch meine Mutter wollte, wie sie gewöhnlich that, in der wärmsten Sommerzeit mit uns Kindern ein kleines artiges Gartenhaus in der Vorstadt Schidlitz beziehen, denn auf eine weitere Entfernung von der Stadt hatte mein Vater sich nie einlassen wollen. Jubelnd zogen wir mit ihr hinaus, doch ach! wie verändert fanden wir Alles!
Dicht neben dem mit Bäumen besetzten Grasplatz vor dem Hause, dem eigentlichen Tummelplatz unsrer Freuden, streckte der schwarz- und weißgestreifte Schlagbaum, den Niemand gern sah, sich quer über den Weg; denn unser Haus war das [105] letzte auf Danziger Grunde geblieben; schräg gegenüber war die Hauptwache errichtet, dicht daneben die verhaßte Accise. Auf dem nur durch eine niedrige Hecke von dem unsrigen getrennten Grasplatze sahen wir dicht neben uns unter Schimpfen, Fluchen und Prügeln, vom Morgen bis zum Abend Rekruten exerciren, und vor der Hauptwache die Fuchtel blutjunger Officiere über dem Rücken alter Soldaten blitzen und niederfallen. Jene Zeit ist vorüber und kommt nie wieder, doch damals war das Prügelsystem an der Tagesordnung, so wollte es der Gottlob jetzt gebannte Geist des ehemaligen preußischen Militärs.
Das überlaute »Abgelöst!« der Wachen rief stündlich herbe Erinnerungen auf, und Abends sahen wir mit innigem Mitleid den Mißhandlungen zu, welche die armen Kassuben, die auf ihren mit Ochsen bespannten kleinen Wägelchen Holz und Lebensmittel dem Danziger Markt zuführen wollten, von den französischen Zöllnern zu erdulden hatten.
Was ist das für ein seltsames ängstliches Getrommel? fragte meine Mutter eines Morgens.
Hochgeehrte Frau, antwortete der Gärtner, denn damals gab es bei uns noch keine Madams; hochgeehrte Frau, das ist der Spießruthenmarsch, auf [106] dem Felde hinter unserm Garten; Gott erbarme sich des armen Menschen, er läuft dreimal auf Leben und Tod. Nächsten Freitag kommt sein Kamerad an die Reihe, dem wird’s nicht besser ergehen, sie haben desertiren wollen.
Am Abend des nämlichen Tages waren wir schon wieder in der Heiligengeist-Gasse unter dem Schutz der unser Dach hütenden Schildkröte, und verlangten nie wieder nach unserm Gartenhäuschen.