Kampaspe

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Textdaten
Autor: August Wilhelm Schlegel
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Titel: Kampaspe
Untertitel:
aus: Friedrich Schiller:
Musen-Almanach für das Jahr 1799, S. 86 – 89
Herausgeber: Friedrich Schiller
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1799
Verlag: J. G. Cotta
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Erscheinungsort: Tübingen
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Quelle: HAAB Weimar, Kopie auf Commons
Kurzbeschreibung:
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[86]
Kampaspe.


     Schönheit ist dem Muth beschieden,
Lieb’ erobert sich der Held;
Nach den Kämpfen ward Alciden
Hebe’s Blüthe zugesellt.

5
Rasch besiegt von Alexandern

Bot die Welt ihm Wahl und Lust:
Eine doch, vor allen andern,
War das Kleinod seiner Brust.
     Von der Perlen Vaterlande

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Als die köstlichste bewahrt,

Sproßte sie an Indus Strande,
Eine Blume, schlank und zart.
Nun aus mütterlichem Schatten
Weit verpflanzt in fremde Luft,

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Athmet willig sie dem Gatten

Leise Kühlung, süßen Duft.
     Ihre Jugend darzustellen,
Eh die Zeit sie angehaucht,
Ruft Philippus Sohn Apellen,

20
Der in Reiz den Pinsel taucht.
[87]

„Was sie schönes hat und holdes,
Laß es mir unsterblich seyn,
Und des Ruhmes und des Goldes
Sey, so viel du wünschest, dein.“

25
     Die ein Sohn des Zeus erkohren,

Spricht der Mahler froh entzückt,
Ist, zum Götterloos gebohren,
Schon der Sterblichkeit entrückt.
Ja du sollst die Göttin schauen,

30
Wie sie halb noch knieend schwebt,

Wie die Locken um sie thauen,
Da sie aus dem Schaum sich hebt.
     Still gesenkt die Augenlieder
Folgt Kampaspe dem Geheiß,

35
Hinzuleihn die zarten Glieder

In des Künstlers Zauberkreis.
Sie enthüllt sich, und erröthend
Flieht sie in sich selbst zurück;
Sterbend und in Glut ertödtend

40
Schwimmt ihr süßverwirrter Blick.

     Und sie neigt sich, an Geberden,
Wie an Haupt und Leib und Brust,
Aphrodite ganz zu werden,
Ohne Zwang und unbewußt.

[88]
45
Stammelt sie in Hellas Tönen,

Faßt sie doch den Künstler schnell;
Von der Anmuth und dem Schönen
Spricht sein Auge glänzend hell.
     Es verklärt sich mit den Zügen

50
Die sein Pinsel scheu entwirft;

Kein Betrachten kann ihm gnügen,
Wie er auch den Nektar schlürft.
Göttin nannt’ er sie der Liebe:
Ach! er fühlet ihr Gesetz,

55
Und befangen alle Triebe

In der eignen Dichtung Netz.
     Ruh und Sinn ist ihm entflohen,
Daß er träumend alles thut.
Nicht den zürnenden Heroen

60
Fürchtet sein entflammter Muth.

Aber sein Vertraun beschämen?
Raub am theuren Pfand begehn?
Nein, er will sich streng bezähmen,
Und die Wünsche nicht gestehn.

65
     Forschend nach der Schönen Bilde

Tritt der junge Held herein:
Prangend hoch in Helm und Schilde
Kommt er aus der Krieger Reihn.

[89]

     Er ist Ares, sie Cythere;

70
Beyde knüpft die schönste Wahl,

Und sein Werk, des Meisters Ehre,
Wird ein Denkmal seiner Qual.
     Ob er lächelnd sie verhehle,
Ihn durchschaut des Königs Blick

75
Er beherrscht die große Seele,

Und beschließt des Freundes Glück.
„Magst du nur mich treulos schelten!
Wunderbar gelang dein Fleiß,
Doch ich will ihn nicht vergelten:

80
Fodre von ihr selbst den Preis!

     Du bist ihrer Schönheit Spiegel,
Und sie wäre dir nicht hold?
Hier nimm meine Hand, zum Siegel
Daß ich euren Bund gewollt.

85
Kannst du ihren Reitz entwenden,

So erwirb auch ihre Gunst,
Und die Liebe laß vollenden,
Was begonnen deine Kunst.“

A. W. SCHLEGEL.