Karl V. und Barbara Blomberg

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Titel: Karl V. und Barbara Blomberg
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aus: Die Gartenlaube, Heft 24, S. 393, 408
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1894
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[393]

Kaiser Karl V. und Barbara Blomberg in Regensburg.
Nach einem Gemälde von W. Geets.

[408] Karl V. und Barbara Blomberg. (Zu dem Bilde S. 393.) Auf Kaiser Karl V. lastete ein schweres Vermächtnis: das Erbteil seiner Mutter Johanna, die in der Geschichte den Beinamen der Wahnsinnigen erhalten hat. Wohl war Karl ein scharfdenkender und willenskräftiger Fürst, aber das konnte er nicht verhindern, daß ihn unter dem Eindruck seelischer Erregungen und körperlicher Leiden oft eine tiefe Schwermut überfiel. Von früh auf litt er an Gicht und Asthma, er war überhaupt nicht starken Körpers und keine ärztliche Mahnung konnte ihn zu weiser Schonung seiner Kräfte bewegen. Mit fünfzig Jahren schon bot er nach zeitgenössischen Berichten vollkommen den Anblick eines Greises, und als Greis erscheint er auch auf dem Bilde von W. Geets, das wir unsern Lesern vorführen, obwohl er in den Tagen, da er zu Regensburg dem Zauber der schönen Barbara Blomberg sich hingab, erst 46 Jahre zählte.

Es war in den schwülen Zeiten vor dem Ausbruch des Schmalkaldischen Kriegs, im Jahre 1546. Karl, der sich vor dem ewig unzuverlässigen König Franz von Frankreich wieder einmal Ruhe verschafft, die Türken besiegt, die tunesischen Raubstaaten gezüchtigt, in Gent einen Aufstand in Strömen von Blut erstickt und den Papst endlich zur Berufung eines Konzils vermocht hatte, gedachte nun mit Nachdruck an die Lösung der religiösen Frage in Deutschland zu gehen, gewaltsam die Einheit des Glaubens wiederherzustellen. Auf dem Regensburger Reichstag 1546 ward es deutlich offenbar, daß der Kaiser nicht gesonnen war, die notgedrungene Duldung gegen die protestantischen Reichsstände auch ferner zu üben. Damals in Regensburg war es auch, wo er mit seinen düster melancholischen Stimmungen zu ringen hatte, bis er die anmutige Bürgerstochter Barbara Blomberg kennenlernte, die ihm mit ihrem lieblichen Gesang und Lautenspiel Trost und Erheiterung gewährte. Im Hause des Bernhard Kraft „auf der Heid“ hat der Kaiser gewohnt, und dorthin dürfen wir wohl auch die Scene verlegen, die dem Maler unseres Bildes vorgeschwebt hat.

Durch das geöffnete Fenster schweift der Blick aus dem prächtig ausgestatteten Gemach hinaus auf die Giebel und Türme der alten Reichsstadt, vom milden Licht des Abends umflossen ist das holde Köpfchen der Sängerin und der gealterte Kaiser, der müde und matt in seinem Lehnstuhl ruht, als hätte er es aufgegeben, nach seinem Wahlspruch „Plus ultra“ – oder verdeutscht: „Noch weiter“ – zu leben. Und selbst wer für Kaiser Karls politische Wirksamkeit keine Empfindung des Dankes haben kann, wird nicht ohne Bewegung das Auge auf diesem Gegensatz von früh gebrochener Kraft und strahlender Mädchenschöne ruhen lassen.

Die weiteren Schicksale Barbaras haben sich freilich nicht so ideal entwickelt, wie man es gern aus den Zügen des zarten Mädchenantlitzes lesen möchte. Nachdem sie am 24. Februar 1547 dem seit Jahren verwitweten Kaiser einen Sohn geboren hatte, der unter dem Namen „Johann von Oesterreich“ oder „Don Juan d’Austria“ die Welt mit seinem Schlachtenruhm erfüllen sollte, verheiratete sie sich mit einem kleinen Beamten in den Niederlanden, der indessen 1559, ein Jahr nach Kaiser Karl, starb. Nunmehr übernahm es König Philipp von Spanien, für die Mutter seines Halbbruders zu sorgen, was nicht immer sehr leicht gewesen sein mag, denn der mit der Ausführung der königlichen Befehle beauftragte Herzog Alba beklagt sich sehr über ihren Eigensinn und ihren Hang zur Verschwendung. Um sie besser unter Aufsicht zu haben, wollte man sie zur Uebersiedlung nach Spanien veranlassen. Allein sie weigerte sich dessen entschieden, und erst viel später gelang es dem, der ihr am nächsten stand, ihren Widerstand zu überwinden. Im Jahr 1574 traf sie mit Don Juan, der damals Statthalter in den Niederlanden war, zu Luxemburg zusammen und ward von ihm mit List oder Güte vermocht, dem Wunsche des Königs zu folgen. Das war zugleich das erste und einzige Mal seit jenen Regensburger Tagen, daß Barbara ihren Sohn von Angesicht zu Angesicht sah. Sie hat ihn um volle zwei Jahrzehnte überlebt – 1598 starb sie in einem kleinen spanischen Städtchen, das ihr König Philipp zum Aufenthaltsort angewiesen hatte.