Liebe und Gegenliebe (Zerstreute Blätter)
Liebe und Gegenliebe.
Als einst die Mutter der Anmuth
Den Knaben Amor gebar,
Bekränzt’ er, ein einziges Söhnchen,
Mit Rosen sein lockiges Haar.
Die zarte, süßere Pflicht,
Mit Liebe Liebe zu lohnen,
Die kannte der Flüchtige nicht.
Und manche beleidigte Göttinn
Sie zürnten alle dem Knaben
Und schuffen ihm Flügel zum Spott.
Bis einst die himmlische Liebe
Ein schöneres Mittel ersann;
Und blickte den Lieblichen an.
Er sieht im Meere sein Bildniß,
Und wird von Liebe beseelt;
Und fühlt nun selber die Schmerzen,
Umfangen will er das Wahnbild,
Ihm in der Welle so nah;
Und sieh! sein schönerer Bruder
Steht vor dem Liebenden da.
„Du selbst, dein Bruder bin ich.
Laß uns versuchen im Kampfe;
Vielleicht besiegest du mich.“ –
Und seitdem ringen die Beide,
Wo Einer Herzen verwundet,
Ist nie der Andere weit.
Wo reine himmlische Liebe
Hinschaut mit schaffendem Blick;
Ihr Gegenliebe zurück.