MKL1888:Achilleus

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Achilleus“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 1 (1885), Seite 8687
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Achilleus. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 86–87. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Achilleus (Version vom 27.10.2021)

[86] Achilleus (lat. Achilles), der gefeiertste Held des griechischen Heroentums, Sohn der Nereïde Thetis und des Peleus, des Beherrschers der Myrmidonen in Phthia, Urenkel des Zeus. Nach Homer wurde er von Phönix in der Wohlredenheit und Kriegskunde, von dem Centauren Cheiron in der Heilkunde unterrichtet. Seine Mutter hatte ihm zweierlei, großen Ruhm bei frühem Tod oder langes, aber ruhmloses Leben, verheißen. Er fand das erstere im Zuge gegen Troja. In 50 Schiffen führte er seine Myrmidonen dahin und zerstörte viele Städte um Troja. Als aber Apollon eine Pest ins griechische Lager sendete, so daß unaufhörlich die Totenfeuer loderten, und der Seher Kalchas verkündigte, der Raub der Priesterstochter Chryseïs durch Agamemnon sei Ursache des göttlichen Zorns, der nur durch Herausgabe der Entführten versöhnt werden könne, da entbrannte Streit zwischen ihm und dem Oberfeldherrn Agamemnon, der zum Ersatz für Chryseïs die von A. erbeutete Briseïs verlangte. A. entsagte zwar, von Athene besänftigt, der Geliebten; aber weinend flehte er am Seegestade die Mutter um Rache an, auf deren Bitte Zeus den Troern Sieg gewährte, bis ihr Sohn Genugthuung fand. A. nahm nun weder am Rat noch selbst am Kampf teil, sondern blieb in den Gezelten, mit Gesang und Saitenspiel den Groll besänftigend. Die Troer bedrängten die Griechen hart; umsonst suchten diese den Trotzigen zu versöhnen, bis endlich sein Liebling Patroklos ihn rührte. Er gestattete dem Freund, seine Scharen zur Schlacht zu führen, und ordnete sie; er selbst aber blieb zurück. Patroklos rettete die Schiffe, fiel aber von Hektors Hand. Um seine Leiche entbrannte erbitterter Kampf. Vom heftigsten Schmerz erfaßt, eilte A. waffenlos, doch von Athene geschützt, an den Wallgraben und rief so furchtbar drohend hinüber, daß die Troer flohen. Patroklos’ Leiche ward heimgebracht und von A. beweint. Am andern Morgen brachte ihm die Mutter neue Waffen von des Hephästos Hand, darunter einen kunstreich geschmiedeten Schild. A. rief die Achäer zusammen, söhnte sich mit dem Gegner aus, und von Athene gestärkt, legte er die Rüstung an, die ihn wie mit Flügeln hob, und ergriff den Speer, den kein andrer zu schwingen vermochte. Er stürmte hinaus und tötete, wen er erreichte. Die flüchtigen Troer stürzten vor ihm scharenweise in den Xanthos (Skamander), und ihre Leichen dämmten die Wellen. Der ergrimmte Flußgott erhob sich zuletzt selbst gegen den Helden, ward aber von Hephästos auf Geheiß der Hera zurückgedrängt. Jetzt traf A. unter Trojas Mauern mit Hektor zusammen. Dreimal jagte, dreimal, als er ihn erlegt hatte, schleifte er ihn um die Stadt; den Leichnam gab er später dem greisen Vater [87] zurück. Nun erst wurde Patroklos bestattet. Des A. Ende deutet Homer nur an, „vor dem skäischen Thor“. Seine Gebeine wurden zu denen des Freundes gesellt; darüber stieg ein Grabhügel am Hellespont empor. Um die Waffen des Helden stritten Ajax und Odysseus; letzterer trug sie davon. Dies ist der Homerische A., der Held der „Ilias“, der schnellfüßige, blondgelockte Peleione, der Schönste und Tapferste der Griechen, Feinden furchtbar, zärtlich gegen Freunde, großmütig, dem ungerechten Oberherrscher trotzend, den Göttern gehorchend, Gesang und Ruhm liebend, den Tod verachtend, untergehend in voller Jugendherrlichkeit. Spätere erzählen, Thetis habe ihn, um ihn unsterblich zu machen, ins Feuer oder in den Styx getaucht, daher er nur an der Ferse, an der die Mutter ihn hielt, verwundbar gewesen sei. Andre berichten auch, wie er, ohne Muttermilch im Waldgebirge groß genährt, von seiner ängstlichen Mutter unter die Töchter des Lykomedes gesteckt, aber von dem schlauen Odysseus ausgespäht und bewogen wurde, mitzuziehen gegen Troja, das nach des Sehers Kalchas Verkündung ohne A. nicht zu nehmen war. Nur von einem Gott konnte er überwunden werden; Apollon in der Gestalt des Paris oder dieser selbst tötete ihn, während A. um Priamos’ Tochter Polyxena warb, im Tempel zu Thymbra. Darum ward Polyxena dem Helden geopfert. Auf dem Vorgebirge Sigeion wurde er göttlich verehrt, auch zu Sparta und Olympia beklagt. Nach seinem Tod ward er, wie sein Ahn Äakos u. a., Richter der Schatten oder wohnte, mit Medea oder Iphigenia oder Helena vermählt, auf Leuke, dem Eiland der Seligen, an der Mündung des Istros (Donau), den Schiffern freundlich.