MKL1888:Adelung
[114] Adelung, 1) Johann Christoph, Sprachforscher, geb. 8. Aug. 1732 zu Spantekow bei Anklam, studierte Theologie in Halle, wurde 1759 Professor am evangelischen Gymnasium zu Erfurt, gab aber wegen konfessioneller Streitigkeiten 1761 sein Amt auf und widmete sich in Leipzig litterarischen Arbeiten. Mit besonderm Fleiß wandte er sich dem Studium der deutschen Sprache zu. In seinem „Grammatisch-kritischen Wörterbuch der hochdeutschen Mundart“ (Leipz. 1774–86, 5 Bde.; 2. Aufl. 1793–1802, 4 Bde.) erklärte er die Wörter nach ihrer Etymologie, ihren Bedeutungen und syntaktischen Verbindungen sowie nach Aussprache und Schreibung und belegte das Gesagte mit Beispielen. Später ließ er dem großen Werk ein „Kleines Wörterbuch für die Aussprache, Orthographie, Biegung und Ableitung“ (Leipz. 1788, 2. Aufl. 1790) folgen. Andre Werke von A. sind: „Deutsche Sprachlehre für Schulen“ (Berl. 1781), „Umständliches Lehrgebäude der deutschen Sprache“ (Leipz. 1782, 2 Bde.) und die Schrift „Über den deutschen Stil“ (Berl. 1785–86, 3 Bde.; 4. Aufl. 1800, 2 Bde.); ferner: „Anweisung zur Orthographie“ (Leipz. 1788, 5. Aufl. 1835) und „Magazin für die deutsche Sprache“ (das. 1782–84, 2 Bde.). Im J. 1787 als Hofrat und Oberbibliothekar nach Dresden berufen, starb er daselbst 10. Sept. 1806. Sein letztes Werk war „Mithridates, oder allgemeine Sprachenkunde“ (Berl. 1806, Bd. 1), das von S. Vater fortgesetzt und vollendet wurde. Adelungs Fleiß und Gründlichkeit verdienen um so mehr Anerkennung, als er mit seiner Sprachansicht noch mitten im rationalistischen Jahrhundert stand: „Die Sprache ein Werk des Menschen und zwar des Verstands; je roher das Volk, desto roher seine Sprache“. Zu einer richtigen Würdigung der Sprachgesetze und verschiedenen Entwickelungsstufen der Sprache vermochte er bei der damals noch so mangelhaften Sprachkenntnis nicht zu gelangen. Dennoch sind seine Verdienste und der Fortschritt, den er gegen die Frühern bezeichnet, auf dem Gebiet der deutschen Sprache, besonders auf dem der Lehre vom Satz, bedeutend genug. Eine Frucht seiner die sächsische Geschichte betreffenden Studien war das „Directorium diplomaticum“ (Meiß. 1802). Noch verdient das „Glossarium manuale ad scriptores mediae et infimae latinitatis“ (Halle 1772–84, 6 Bde.), ein Auszug aus Dufresne und Charpentier mit vielen eignen Zusätzen, Erwähnung.
2) Friedrich von, Gelehrter, Neffe des vorigen, geb. 25. Febr. 1768 zu Stettin, studierte in Leipzig Jurisprudenz und Philosophie, lebte später in Riga, Mitau und Petersburg in verschiedenen Stellungen, ward 1801 Direktor des deutschen Theaters zu Petersburg, 1803 Instruktor der Großfürsten Nikolaus und Michael, 1824 Direktor des Orientalischen Instituts, 1825 Präsident der Akademie der Wissenschaften; starb 30. Jan. 1843. Aus seinen Studien über die ausländischen Quellen für Geschichte Rußlands gingen die Werke hervor: „Siegmund Freiherr von Herberstein“ (Petersb. 1818), „August Freiherr von Meyerberg und seine Reisen in Rußland“ (das. 1827) und „Kritisch-litterarische Übersicht der Reisenden in Rußland bis 1700“ (das. 1846, 2 Bde.). Unter seinen linguistischen Schriften sind hervorzuheben die „Bibliotheca sanscrita“ (2. Aufl., Petersb. 1837) und die „Übersicht aller bekannten Sprachen und ihrer Dialekte“ (das. 1820).