MKL1888:Altertumsforschende Vereine

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Altertumsforschende Vereine“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 1 (1885), Seite 422423
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Altertumsforschende Vereine. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 422–423. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Altertumsforschende_Vereine (Version vom 02.03.2022)

[422] Altertumsforschende Vereine, Vereine, die sich die Erforschung des Altertums eines Landes oder eines Landesteils zur Aufgabe gestellt haben. Ihr gemeinsames Ziel ist ein dreifaches: Förderung allgemeiner und spezieller Geschichtsstudien; Erhaltung und Sammlung der Denkmäler und Altertümer, in denen sich die Anschauungsweise, die Empfindung und Geschmacksrichtung der frühern Zeiten aussprechen; endlich Niederlegung des Erforschten in besondern, meist periodisch erscheinenden Schriften. Die meisten dieser Vereine sind Privatgesellschaften, oft unter Protektion einer fürstlichen Person, zum Teil auch vom Staate durch Geldbeiträge unterstützt; ihre Mitglieder [423] zerfallen in ordentliche, Ehren- und korrespondierende Mitglieder. Die ältesten altertumsforschenden Vereine finden wir in England und Italien. Die Londoner Society of Antiquaries wurde bereits 1572 von Parker und Cotton gestiftet, aber schon 1604 von Jakob I., welcher der Gesellschaft mißtraute, aufgelöst und erst 1707 von neuem ins Leben gerufen; 1751 wurde sie von Georg II. als öffentliche Gesellschaft anerkannt. Sie hat in einer langen Reihe dicker Quartbände eine Überfülle antiquarischen Reichtums zu Tage gefördert und namentlich über die Periode der Angelsachsen die seltensten und interessantesten Aufschlüsse erteilt; treffliche Kupferstiche bringen das Wichtigste zur unmittelbaren Anschauung. In Schottland wurde 1780 die Scottish Society of Antiquaries und in Irland sechs Jahre später mit gleichen Zielen die Royal Irish Academy gegründet. Gegenwärtig finden sich dergleichen Vereine in allen größern Städten Englands, ebenso Frankreichs. Bedeutendes leisteten hier besonders die Pariser Société des Antiquaires de France, die sich 1814 aus der 1805 gegründeten Académie celtique bildete, die Société de l’histoire de France und die Commission des monuments historiques. Eine wirksame Förderung erhält die Altertumsforschung in Frankreich durch die Teilnahme der großen wissenschaftlichen Staatsinstitute (namentlich der Pariser Akademie der Wissenschaften, Künste und Inschriften), welche bezügliche Preisaufgaben stellen und die Herausgabe antiquarischer Prachtwerke übernehmen. Von andern Ländern finden sich Vereine in Lissabon, Madrid, Brüssel, Lüttich, Leiden, Kopenhagen, Stockholm, Upsala, Philadelphia, Worcester (in Massachusetts) etc. In Österreich gibt es zahlreiche vaterländische Vereinsmuseen, namentlich den Altertumsverein in Wien, das Johanneum zu Graz (gestiftet 1810), das Vaterländische Museum zu Prag (1816), das Ferdinandeum zu Innsbruck (1823), das Francisceum zu Brunn; die Schweiz hat solche Vereine in Bern und Zürich. Hervorragende Bedeutung erlangte das Germanische Museum (s. d.) in Nürnberg, das 1853 begründet wurde und einen Mittelpunkt für die gesamte deutsche Altertumsforschung bildet, sowie in Österreich die k. k. Zentralkommission zur Erhaltung und Erforschung der Baudenkmäler in der österreichischen Monarchie zu Wien, deren zahlreiche Publikationen ein unschätzbares Material zu einer Kunstgeschichte Österreichs bilden, und deren Wirkungskreis in neuester Zeit auf die „Kunstdenkmäler“ überhaupt ausgedehnt worden ist. In Deutschland verschmolz die Altertumsforschung mit der Geschichtsforschung, und seit Begründung der Gesellschaft für Deutschlands ältere Geschichtskunde durch Stein haben auch die lokalen Vereine neben den Antiquitäten besonders die Geschichte ihres Bereichs zum Gegenstand ihrer Bestrebungen gemacht. Näheres über die Altertums- und geschichtsforschenden Vereine siehe daher unter Historische Vereine.