MKL1888:Aquilēja

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Aquilēja“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 1 (1885), Seite 714
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Aquilēja. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 714. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Aquil%C4%93ja (Version vom 27.12.2022)

[714] Aquilēja (mittelalterl. Aglar), zur Zeit der röm. Kaiser große Handelsstadt am Nordende des Adriatischen Meers in Oberitalien, jetzt unbedeutender Ort von 1400 Einw. in der österreichischen Grafschaft Gradisca. A. wurde 182 v. Chr. 60 Stadien vom Meer, mit welchem es durch die einst schiffbare, jetzt versandete Lagune in Verbindung stand, als römisches Castrum angelegt und ward bald ebenso wichtig in politischer und strategischer Beziehung wie reich und blühend durch Handel. Dazu trug vor allem seine Lage nahe dem Eingang des niedrigsten Alpenpasses nach NO. (Ocra, später Alpis Julia) bei; von hier aus gingen die Straßen nach Rätien, Noricum, Pannonien, Istrien und Dalmatien. Daher galt A. für den Schlüssel Italiens von der Nordostseite. Seit Mark Aurel war es auch eine der ersten Festungen des Reichs, an deren Mauern die Kaiser Maximinus (238 n. Chr.) und Constantius (340) ihren Tod fanden. Als Hauptstadt der Provinz Venetia und Histria war A. im 4. Jahrh. die viertgrößte Stadt Italiens. Bis ins 5. Jahrh. hatte A. seine Größe behauptet, als Attila sich nach dreimonatlicher Belagerung 452 der Stadt bemeisterte und sie dem Erdboden gleich machte. Die Einwohner flohen auf die Laguneninseln nach dem Hafen Gradus (Grado). An der Stelle des alten A. entstand nach einiger Zeit ein neuer Ort, der sich noch einmal erhob und zwar in kirchlicher Größe. Im 6. Jahrh. entstand das aquilejische Patriarchat, welches in den Wirren der Zeit eine Macht erlangte, die der des römischen Bischofs gleichkam und ganz Friaul nebst Istrien umfaßte. Nach dem Eindringen der Langobarden residierten die Patriarchen in Gradus und seit dem 7. Jahrh. zu Udine in Friaul. Im 16. Jahrh. bemächtigte sich Venedig der Patriarchatsländer, wovon es später einen Teil an Österreich abtrat. Das Patriarchat ward 1451 nach Venedig verlegt, kam aber dadurch in eine immer schwierigere Stellung, da einerseits Österreich, anderseits Venedig die Ernennung des Patriarchen in Anspruch nahm. Die fortdauernden Zwistigkeiten wurden erst 1750 durch Papst Benedikt beendet, welcher das Patriarchat von A. ganz aufhob und an dessen Stelle die zwei neuen Erzbistümer Udine und Görz errichtete, die noch gegenwärtig bestehen. Der heutige arme Ort enthält die große, 1042 im Rundbogenstil vollendete Domkirche und zahlreiche ausgegrabene Altertümer, welche die ehemalige Größe der Stadt ahnen lassen. Vgl. v. Czoernig, Das Land Görz und Gradisca, mit Einschluß von A. (Wien 1873).