MKL1888:Büste
[691] Büste (ital. Busto), plastisches Kunstwerk in vollrunder Arbeit, welches einen menschlichen Kopf mit einem Teil der Brust (daher Brustbild) darstellt, unmittelbar auf einer runden, vier- oder mehreckigen Basis ruht, wodurch es sich von der Herme unterscheidet, und aus Marmor, Gips, Metall, Holz, Thon oder Wachs verfertigt ist. Die Kunstform der B. tritt in römischer Zeit an Stelle der in der griechischen Kunst allein üblich gewesenen Herme (s. d.). Damals schon kam als seltenere Abart die B. mit ganzem, auf einen runden Fuß gesetztem Oberkörper auf, eine Form, welche die Florentiner Plastik im 15. Jahrh. mit Weglassung des Fußes wieder anwandte. Man kann Porträt- und Idealbüsten unterscheiden. Während die erstern das Brustbild einer bestimmten Person geben, sind die letztern vom plastischen Künstler erfundene individuelle Bildungen idealen Charakters. Auch bei ihnen pflegt der plastische Künstler wirklich existierende Personen als Modelle zu gebrauchen, denen er freilich einen seiner Idee entsprechenden Ausdruck gibt. Gewand, Kopfschmuck, Attribute etc. können allein niemals idealisieren. Bedeutendes haben in der Schöpfung von Büsten namentlich die Römer geleistet, welche verschiedene Arten derselben mit wechselnder Form des Fußes und seiner Verbindung mit dem Bruststück erfunden haben. Beliebt war besonders der Abschluß in Gestalt eines Blätterkelches (B. der sogen. Klytia). Die Ahnenbilder der Römer (imagines) hatten nicht Büstenform, sondern waren aus Wachs über dem Leben geformte Masken (cerae). Die Benennung der uns zahlreich überkommenen Büsten wie der Porträte überhaupt bildet als Ikonographie einen Teil der Altertumswissenschaft. Vgl. Gurlitt, Versuch über die Büstenkunde (Magdeb. 1800); Visconti, Iconographie grecque (2. Aufl., Par. 1811, 3 Bde.) und Iconographie romaine (2. Aufl., das. 1817–33, 4 Bde.); Bernoulli, Römische Ikonographie (Stuttg. 1882 ff.).