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MKL1888:Biedermann

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Biedermann“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 2 (1885), Seite 899900
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Biedermann. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 2, Seite 899–900. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Biedermann (Version vom 03.05.2022)

[899] Biedermann, 1) Karl, publizistischer und kulturhistor. Schriftsteller, geb. 25. Sept. 1812 zu Leipzig, studierte seit 1830 daselbst und in Heidelberg Philologie, wandte sich aber daneben auch den Staatswissenschaften zu, habilitierte sich 1835 in Leipzig und wurde 1838 zum außerordentlichen Professor ernannt. In den von ihm herausgegebenen Zeitschriften: „Deutsche Monatsschrift für Litteratur und öffentliches Leben“ (1842–45), der Vierteljahrsschrift „Unsre Gegenwart und Zukunft“ (1846–48) und der Wochenschrift „Der Herold“ (1844–47) kämpfte er maßvoll für nationalen Fortschritt und den Anschluß der Kleinstaaten an Preußen. Wegen einer 1845 gehaltenen Rede: „Ein Wort an Sachsens Stände“, wurde er an der Haltung weiterer staatsrechtlicher Vorträge gehindert. 1848 ins Frankfurter Vorparlament, darauf in die Nationalversammlung gewählt, fungierte er als Schriftführer im Fünfzigerausschuß sowie im Parlament selbst während dessen ganzer Dauer, ward schließlich erster Vizepräsident desselben und ging als Mitglied der Kaiserdeputation mit nach Berlin. Nach Sachsen zurückgekehrt, vertrat er auch als Mitglied der sächsischen Zweiten Kammer 1849–50 die deutsche Unionspolitik gegen die partikularistischen Bestrebungen Beusts und bekämpfte nach Auflösung der Kammern die Wiedereinberufung der alten Stände, verlor 1853 infolge eines Preßprozesses, da er die Verantwortlichkeit für einen inkriminierten Artikel (von Rochau) über den Staatsstreich Napoleons III. in den von ihm herausgegebenen „Deutschen Annalen“ auf sich nahm, seine Professur und siedelte nach Weimar über, wo er die halboffizielle „Weimarische Zeitung“ redigierte. 1863 nach Leipzig zurückgekehrt, übernahm er hier die Redaktion der „Deutschen Allgemeinen Zeitung“ und erhielt auch 1865 seine Professur wieder. 1869–76 war er wieder Mitglied der sächsischen Zweiten Kammer und 1871–74 des deutschen Reichstags. Von Biedermanns zahlreichen Schriften sind anzuführen: „Die deutsche Philosophie von Kant bis auf unsre Tage“ (Leipz. 1842–43, 2 Bde.); „Vorlesungen über Sozialismus und soziale Fragen“ (das. 1847); „Erinnerungen aus der Paulskirche“ (das. 1849); „Die Erziehung zur Arbeit“ (das. 1852, 2. Aufl. 1883); das kulturgeschichtliche Werk „Deutschland im 18. Jahrhundert“ (das. 1854–80, 2 Bde. in 4 Tln.; Bd. 1, 2. Aufl. 1880); „Frauenbrevier“, kulturgeschichtliche Vorlesungen (das. 1856, 2. Aufl. 1881); „Friedrich d. Gr. und sein Verhältnis zur Entwickelung des deutschen Geisteslebens“ (Braunschweig 1859); „Deutschlands trübste Zeit, oder der Dreißigjährige Krieg in seinen Folgen für das deutsche Kulturleben“ (Berl. 1862; diesem Werk ist eine ausführliche Selbstbiographie vorgedruckt); „Dreißig Jahre deutscher Geschichte“, 1840–70 (das. 1880, 2 Bde.; 2. Aufl. 1883).

2) Gustav, philosoph. Schriftsteller, geb. 1815 zu Böhmisch-Aicha in Böhmen, studierte zu Prag Medizin und lebt als praktischer Arzt in Bodenbach. Derselbe ist in seiner Erstlingsschrift: „Die spekulative Idee in Humboldts ‚Kosmos‘“ (Prag 1849), als Anhänger Hegels aufgetreten, dessen dialektische Methode er beibehalten, dessen System er jedoch in seinem Hauptwerk: „Philosophie als Begriffswissenschaft“ (das. 1877–80, 3 Tle.), in der Weise abgeändert hat, daß an die Stelle der ursprünglichen Trias: Idee, Natur, Geist, die neue: Geist, Natur, Leben, und demgemäß an die Stelle der drei philosophischen Wissenschaften: [900] Logik, Naturphilosophie und Geistesphilosophie in entsprechender Reihenfolge die Wissenschaft des Geistes, die Naturwissenschaft und die Lebensweisheit zu setzen seien. Außerdem schrieb er: „Die Wissenschaftslehre“ (Leipz. 1856–60, 3 Tle.); „Die Wissenschaft des Geistes“ (3. Aufl., Prag 1870); „Kants Kritik und die Hegelsche Logik“ (das. 1869); „Zur logischen Frage“ (das. 1870); „Pragmatische und wissenschaftliche Geschichtschreibung der Philosophie“ (das. 1870); „Metaphysik in ihrer Bedeutung für die Begriffswissenschaft“ (das. 1870); „Die Naturphilosophie“ (das. 1875); „Philosophie der Geschichte“ (das. 1884).

3) Gustav Woldemar, Freiherr von, Litterarhistoriker, geb. 5. März 1817 zu Marienberg, studierte in Leipzig und Heidelberg die Rechte und trat, nachdem er einige Zeit Advokat gewesen war, in den sächsischen Staatsdienst. 1849 ward er beim Eisenbahnwesen angestellt, 1851 Eisenbahndirektor in Chemnitz, 1858 in Leipzig; 1869 ward er zum Geheimen Finanzrat und Stellvertreter des Generaldirektors der königlich sächsischen Staatsbahnen ernannt. Er veröffentlichte außer vielen teils poetischen, teils technischen Schriften vornehmlich schätzenswerte Beiträge zur Goethe-Litteratur, wofür ihn 1865 die philosophische Fakultät in Leipzig mit ihrer Doktorwürde beehrte. Wir nennen davon: „Goethe und Leipzig“ (Leipz. 1865, 2 Bde.); „Zu Goethes Gedichten“ (das. 1870); „Goethe und Dresden“ (das. 1875); „Goethe und das sächsische Erzgebirge“ (Stuttg. 1877); „Goethe-Forschungen“ (Frankf. a. M. 1879). Auch gab er „Goethes Briefe an Eichstädt“ (Leipz. 1872) heraus.

4) Aloys Emanuel, hervorragender protestant. Theolog, geb. 2. März 1819 zu Winterthur, studierte in Basel und Berlin, erhielt, nachdem er seit 1843 eine Pfarrstelle zu Münchenstein bei Basel bekleidet hatte, 1850 eine außerordentliche, 1864 eine ordentliche Professur an der theologischen Fakultät in Zürich, wo er 25. Jan. 1885 starb. Außer zahlreichen Aufsätzen in den die fortschrittliche Theologie in der Schweiz vertretenden Zeitschriften: „Die Kirche der Gegenwart“ (1845–50) und „Zeitstimmen“ (1859–1871) sowie einer Biographie des Schweizer Theologen Heinrich Lang (Zürich 1876) veröffentlichte er: „Die freie Theologie“ (Tübing. 1844); „Leitfaden für den Religionsunterricht an höhern Gymnasien“ (Zürich 1859) u. a. Am bekanntesten wurde seine „Christliche Dogmatik“ (Zürich 1869, 2. Aufl. 1884), das klassische Werk der in Hegels Geist über Hegels konservative Tendenzen hinausgeschrittenen spekulativen Richtung innerhalb der heutigen Theologie.


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 135
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[135] Biedermann, Karl, Schriftsteller, gab als Ergänzung seines Werkes „1840–70; dreißig Jahre deutscher Geschichte“ (2. Aufl., Bresl. 1883, 2 Bde.) heraus: „Mein Leben und ein Stück Zeitgeschichte, 1812–1842“ (das. 1886, 2 Bde.) und „1815–1840; 25 Jahre deutscher Geschichte“ (das. 1889).