MKL1888:Dampfkesselüberwachung
[165] Dampfkesselüberwachung.[WS 1] Die Überwachung der Dampfentwickler ist in den einzelnen deutschen Bundesstaaten bezüglich der Beamten, welche dieselbe auszuführen haben, sehr verschiedenartig geregelt. In Preußen allein liegt dieselbe gegenwärtig sechs verschiedenen Kategorien von Beamten ob, indem sie durch Baubeamte, Bergrevierbeamte, technische Eisenbahnbeamte, staatlich angestellte Dampfkesselrevisoren, die Ingenieure der Dampfkesselüberwachungs-Vereine und Ingenieure einiger Dampfkesselbesitzer ausgeführt wird. Um in dieser Beziehung nun eine größere Einheitlichkeit zu schaffen, anderseits die durch ihre eigentlichen Berufsobliegenheiten schon genug in Anspruch genommenen, gleichzeitig aber den bei weitem größten Teil der preußischen Dampfkessel überwachenden Baubeamten von diesem Nebenamt zu entlasten, beschloß die preußische Regierung schon 1883, den Baubeamten die Überwachung der Dampfkessel ganz abzunehmen und dafür eine größere Zahl technisch gebildeter Dampfkesselrevisoren anzustellen. Doch wurden die dafür im Etat ausgesetzten Gelder vom Abgeordnetenhaus nicht bewilligt und dafür die Regierung aufgefordert, einen Plan über die Neuorganisation der D. vorzulegen und dabei in Erwägung zu ziehen, ob nicht durch weitere Ausbildung der Dampfkesselüberwachungs-Vereine, etwa mit entsprechender Änderung des Gesetzes vom 3. Mai 1872, die Sicherheit des Dampfkesselbetriebes und die Überwachung der Dampfkessel betreffend, der beabsichtigte Zweck besser erreicht werden könnte. Die preußische Regierung hat seitdem unausgesetzt diese Angelegenheit im Auge behalten und mit den interessierten Personen und Körperschaften Beratungen gepflogen, namentlich auch der Thätigkeit der privaten Dampfkesselüberwachungs-Vereine eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet und dem weitern Ausbau derselben mehrere wichtige Zugeständnisse gemacht. Die Folge hiervon war, daß im Staatshaushaltsetat für 1891/92 eine Summe von 450,000 Mk. als Einnahme aus Gebühren für Dampfkesselrevisionen eingesetzt wurde, die bisher den mit diesen Revisionen betrauten Baubeamten direkt zuging. Die Überwachung der Dampfkessel soll diesen Beamten ganz abgenommen werden und auf die Gewerberäte oder Gewerbeinspektoren übergehen; die Gebühren dafür sollen vom Staat eingezogen werden. Die Durchführung dieser Organisation wird nun aber nicht plötzlich, sondern allmählich erfolgen, da für die sofortige Durchführung die erforderliche Zahl befähigter Beamten nicht vorhanden sein würde, auch die Übertragung der Dampfkesselrevisionen von Baubeamten auf die Gewerbeinspektoren nicht sofort eintreten darf, um die Härten, welche für erstere immerhin damit verbunden sein werden, zu mildern. Darum soll die Überweisung der Dampfkesselrevisionen an die Gewerbeinspektion nach Regierungsbezirken erfolgen, in der Weise, daß sie in den Bezirken, für welche sie in Angriff genommen wird, sofort auch vollständig durchzuführen ist, und zwar wird die Umwandlung im Verlaufe von 4 Jahren vollendet sein. Demnach hatte die Überweisung der Dampfkesselrevision an die Gewerbeinspektion im J. 1891 nur in den Regierungsbezirken Arnsberg und Düsseldorf zu erfolgen, weil diese neben Berlin die industriell bedeutendsten sind und für sie diese Maßregel am leichtesten durchzuführen ist, denn Baubeamte sind im Regierungsbezirk Düsseldorf überhaupt nicht mehr und im Regierungsbezirk [166] Arnsberg nur noch in sehr geringem Umfang mit der Kesselrevision betraut. Im J. 1892 ist die Überweisung der D. an die Gewerbeinspektion von Westfalen, der Rheinprovinz und in den Bezirken Berlin und Potsdam in Aussicht genommen. Im dritten Jahre soll dieselbe erfolgen in den Regierungsbezirken Frankfurt, Breslau, Liegnitz, Oppeln, Magdeburg, Merseburg, Erfurt, Schleswig; im vierten Jahre endlich in den Regierungsbezirken Königsberg, Gumbinnen, Danzig, Marienwerder, Stettin, Köslin, Stralsund, Bromberg, Posen, Hannover, Hildesheim, Lüneburg, Stade, Osnabrück und Aurich.
Über die Thätigkeit der preußischen Dampfkesselüberwachungs-Vereine für das Jahr 1890 gibt folgende Tabelle Aufschluß:
Namen oder Sitz der Vereine | Anzahl am 30. Dezember 1890 | Äußere Revisionen | Innere Revisionen | Druckproben | Untersuchung von Unfällen | Vorprüfung von Konzessionsgesuchen | Baupolizeiliche Abnahme | |||||
Dampfkessel | Dampffässer | Dampfkessel | Dampffässer | Dampfkessel | Dampffässer | Neue Kessel | Dampffässer | Dampfkessel | Dampffässer | |||
Aachen | 659 | 53 | 750 | 53 | 290 | 21 | 142 | 20 | 2 | – | 50 | 44 |
Barmen | 844 | 11 | 1650 | – | 432 | 3 | 134 | 4 | – | 1 | 65 | 74 |
Berlin | 1381 | 181 | 1865 | 18 | 538 | 77 | 187 | 80 | 1 | – | 138 | 108 |
Bernburg | 1002 | 394 | 1844 | – | 535 | 347 | 250 | 67 | – | – | 32 | 94 |
Breslau | 2869 | 430 | 3009 | 2 | 1437 | 29 | 457 | 32 | 1 | – | 150 | 261 |
Danzig | 733 | 127 | 1043 | 127 | 356 | 2 | 87 | 12 | – | – | 79 | 82 |
Düsseldorf | 1178 | 71 | 1686 | 117 | 655 | 16 | 248 | 35 | 16 | 2 | 116 | 157 |
Frankfurt a. O. | 1525 | 433 | 2077 | 26 | 884 | 233 | 274 | 131 | – | 1 | 75 | 100 |
M.-Gladbach | 659 | 52 | 1242 | 80 | 335 | 6 | 127 | 11 | – | – | 33 | 30 |
Halle a. S. | 1105 | 101 | 2112 | 110 | 622 | 27 | 176 | 8 | – | – | 66 | 106 |
Hamburg | 1351 | 129 | 1173 | 80 | 589 | 74 | 253 | 62 | 10 | 1 | 195 | 151 |
Hannover | 1503 | 162 | 2094 | – | 707 | 42 | 272 | 22 | 1 | – | 81 | 138 |
Kaiserslautern | 1624 | 94 | 1659 | 21 | 770 | 22 | 222 | 35 | 1 | – | 184 | 188 |
Kassel | 231 | 7 | 248 | 7 | 114 | 7 | 62 | 7 | – | – | 16 | 24 |
Königsberg i. Pr. | 716 | 80 | 717 | 74 | 299 | 67 | 120 | 67 | 1 | – | 55 | 65 |
Magdeburg | 3017 | 409 | 4126 | – | 1802 | 39 | 719 | 74 | 6 | 1 | 349 | 432 |
Neuwied | 435 | 4 | 719 | – | 162 | 1 | 54 | 2 | – | – | 22 | 34 |
Offenbach a. M. | 1074 | 25 | 1322 | – | 681 | – | 205 | 13 | 4 | – | 71 | 94 |
Posen | 1090 | 285 | 1387 | 57 | 602 | 18 | 206 | 12 | – | 1 | 33 | 51 |
Siegen | 652 | 7 | 1588 | 7 | 286 | – | 142 | 7 | – | – | 24 | 54 |
Stettin | 1210 | 128 | 1477 | 5 | 733 | 127 | 179 | 14 | – | – | 80 | 104 |
Stuttgart | 855 | 14 | 836 | 13 | 739 | 3 | 405 | 1 | – | – | – | – |
Zusammen: | 25713 | 3197 | 34624 | 797 | 13568 | 1161 | 4921 | 766 | 43 | 7 | 1914 | 2391 |
Außerdem waren noch 2830 Zentrifugen unter der Aufsicht der Vereine, an denen 1192 Revisionen außer Betrieb und 923 Revisionen im Betrieb stattfanden. Die Vereine leiten ferner 12 Heizerschulen mit 513 Schülern (Aachen 1 mit 12 Schülern, Danzig 2 mit 121 Schülern, M.-Gladbach 1 mit 45 Schülern, Kaiserslautern 4 mit 201 Schülern, Königsberg i. Pr. 1 mit 41 Schülern, Magdeburg 1 mit 50 Schülern, Stettin 2 mit 35 Schülern). An Arbeiten haben die Vereine noch ausgeführt: 468 Materialprüfungen an Kesseln, 15 an Apparaten, 525 Bauüberwachungen an Dampfkesseln, 958 Prüfungen nicht revisionspflichtiger Apparate, 125 Verdampfungsversuche, 373 Indikatorversuche, 21 Bremsversuche an Dampfmaschinen, 925 schriftliche Gutachten über Dampfbetrieb, 90 Fabrikrevisionen für Berufsgenossenschaften. Die Mitgliederzahl belief sich auf 10,764 (Aachen 288, Barmen 327, Berlin 523, Bernburg 322, Breslau 930, Kassel 130, Danzig 331, Düsseldorf 392, Frankfurt a. O. 737, M.-Gladbach 312, Halle a. S. 364, Hamburg 728, Hannover 754, Kaiserslautern 977, Königsberg i. Pr. 419, Magdeburg 894, Neuwied 144, Offenbach a. M. 532, Posen 519, Siegen 175, Stettin 574, Stuttgart 342), die Anzahl der Beamten auf 22 Oberingenieure, 68 Ingenieure, 6 Assistenten, 1 Maschinenmeister, 4 Lehrheizer.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vgl. im Hauptteil Dampfkesselüberwachung und Dampfkesselüberwachungsvereine.