MKL1888:Eiche
[354] Eiche (Quercus L., hierzu Tafel „Eiche“), Gattung aus der Familie der Kupuliferen, hohe Bäume und Sträucher mit rissiger Rinde, meist großen, ganz schmalen oder breiten und dann oft buchtig gelappten oder fiederspaltigen, abfallenden oder mehrere Jahre bleibenden Blättern und monözischen Blüten, von denen die männlichen geknäuelt in unterbrochenen, fadenförmigen Kätzchen, die weiblichen in wenig- oder einblütigen Blütenständen stehen. Die längliche Frucht wird von der schalenförmigen, aus zahlreichen verkümmerten Deckblättern (oder Schuppen) bestehenden Fruchthülle mehr oder weniger umgeben oder eingeschlossen. Von den 280 Arten gehören Asien 148, Amerika 142 und Europa 17 an. Afrika besitzt keine eigentümlichen und Australien gar keine Eichen. Fast sämtliche Arten haben enge Verbreitungsbezirke.
A. Eichen der Alten Welt mit im Herbst abfallenden Blättern. Die Sommereiche (Stieleiche, Q. Robur L., Q. pedunculata Ehrh., s. Tafel, Fig. 1–5), mit kurzgestielten, fast sitzenden Blättern mit ohrähnlichen Anhängseln an der Basis und nicht leicht mehr als fünf Lappen an jeder Seite, blüht mit der Entfaltung der Blätter und trägt 1–3 sitzende Früchte an einem langen Stiel. Der Stamm hält sich in den ersten 50 Jahren glatt, bildet aber im höhern Alter tiefrissige Borke; die Krone ist nie dicht und wird von vielfach gekrümmten und geknickten Ästen und Zweigen gebildet. Die Pfahlwurzel dringt bis 2,5 m tief in den Boden, und außerdem treibt der Baum zahlreiche kräftige Seitenwurzeln. Diese E. fordert deshalb auch einen tiefgrundigen oder wenigstens bis in bedeutende Tiefe durchdringbaren Boden. Am besten gedeiht sie auf fruchtbarem, lockerm Aueboden der Ebene, wächst aber auch noch in lehmigem, frischem Sandboden, während sie in höhern Lagen gewöhnlich der folgenden Art weicht. Sie findet sich in ganz Europa, im Orient, wahrscheinlich auch in Nordafrika und bildet im russischen Tiefland einen breiten Waldgürtel zwischen dem Finnischen Meerbusen und der Steppengrenze, geht also ostwärts weit über die Buchenwälder hinaus, jedoch nur bis zum Ural, der sie von Sibirien trennt. Auch nach N. hin ist sie weit jenseit der Buchengrenze verbreitet; die Polargrenze weicht vom Atlantischen Meer bis zum Ural nur wenig von den Isothermen 2–3° R. ab. Von der norwegischen Küste (63°) senkt sie sich allmählich über Petersburg bis zur Breite von Perm und fällt fast überall mit der Polargrenze des Weizens zusammen. Die Vegetationszeit beträgt in Brüssel 6, in Petersburg 5 Monate. In doppelter Hinsicht verhält sich die E. anders als die Buche: sie fordert zur Belaubung eine etwas höhere Temperatur (9–10° R.), verliert aber im Herbste die Blätter erst, wenn die tägliche Wärme tiefer gesunken ist als zu Anfang der Vegetationsperiode (in Petersburg unter 2°). Hierdurch wird es der E. möglich, so viel weiter als die Buche in das Klima Rußlands einzudringen, obgleich die Vegetationszeit fast dieselbe ist. In den Alpen geht die Buche bis 1370, als Strauch bis 1510 m, die E. aber nur bis 918 m. In Deutschland kommen die schönsten, aber niemals ganz reinen Stieleichenwälder in der fruchtbaren mitteldeutschen Ebene und am Niederrhein vor. In früherer Zeit scheint diese und die folgende Art in der Ebene und auf den niedrigen Gebirgen herrschender gewesen zu sein als jetzt. Die Eicheln bleiben nur in dem Jahr nach der Reife keimfähig, keimen aber sehr leicht; die jungen Pflanzen wachsen in den ersten 4–6 Jahren sehr ungerade und knickig, erst bei 15–20 Jahren beginnt der Stamm sich zu strecken; im mittlern Lebensalter hat die E. den stärksten Zuwachs, im hohen Alter setzt sie nur noch sehr dünne Jahresringe an, und wegen der alsdann eintretenden Kernfäule macht in der Regel ein Sturm dem Leben alter Bäume ein Ende. Eine E. bei Saintes, Departement Charente-Inférieure, von ca. 19 m Höhe und 8,7 m Durchmesser wird auf 2000 Jahre geschätzt, und einige Eichen des Muskauer Parks sollen aus der Heidenzeit stammen. Viele Forstmänner bestreiten aber, daß die E. ein so hohes Alter erreicht. Fruchtbar wird die E. ziemlich früh; Samenjahre kehren etwas häufiger als bei der Buche wieder, und ganz samenlose Jahre sind selten. Die E. ist sehr vielen Krankheiten ausgesetzt (Sonnenbrand, Stock- und Kernfäule, Wipfeldürre, Krebs). Kein Baum beherbergt so viel Insekten wie sie; besonders bemerkenswert sind die Gallwespen, die hauptsächlich auf Eichen leben. Schädlich werden der E. der Maikäfer, Prozessionsspinner, Eichenblattwickler; aber nur in mehreren aufeinander folgenden Jahren wiederholte Entlaubung kann jungen Eichen tödlich werden, alte Eichen sind durch ihr großes Ausschlagsvermögen geschützt. Das Holz der E. hat sehr dicke und breite Markstrahlen (Spiegel, Spiegelfasern) und sehr weite Gefäße; das Kernholz ist heller oder dunkler rötlich graubraun, bisweilen fast braunschwarz, das 8–13 Jahre umfassende Splintholz ist bedeutend heller. Die Härte ist mittelmäßig und die Dichtigkeit ziemlich gering. Es ist unter allen Verhältnissen sehr dauerhaft und dient in der Technik als das wichtigste Schiff- und Wasserbauholz, auch sonst als sehr geschätztes Bau-, Nutz- und Werkholz. Sehr viel wird es zu Fässern benutzt. Als Brenn- und Kohlholz steht es dem Buchenholz etwas nach; die Rinde dient als Gerbmaterial (s. Eichenrinden), auch die Eicheln finden vielfache Verwendung. Gallwespen erzeugen auf den Blättern Galläpfel, an den jungen Früchten Knoppern, die aber wenig wertvoll sind. In der Kultur befinden sich zahlreiche Varietäten der Sommereiche, z. B. Pyramideneiche (Q. pyramidalis Gmd.), mit pappelartigem Pyramidenwuchs; Trauereiche (Q. pendula), mit dünnen, langen, hängenden Zweigen. Auch hat man Varietäten mit tiefer und feiner geschlitzten, bunten Blättern und niedrige, strauchartige Formen. Die Wintereiche (Steineiche, Q. sessiliflora Salisb., Q. Robur Mill., s. Tafel, Fig. 6–9) hat deutlich gestielte Blätter ohne ohrähnliche Anhängsel an der Basis und trägt gedrängt stehende, mehr eiförmige Eicheln auf einem
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[355] sehr kurzen Fruchtstiel (daher Traubeneiche); sie blüht mit Entfaltung der Blätter, schlägt aber etwa 14 Tage später aus als die vorige Art. Die Blätter haben 6–8 regelmäßigere Einschnitte und sind zierlicher. Der Baum bleibt meist niedriger, erscheint gedrungener, erreicht kein so hohes Alter und verbreitet sich nicht so weit nach O. und N. wie die Sommereiche; im Bayrischen Wald steigt er bis 714, in den südlichen Alpen bis 1359 m. Sonst gilt von ihm, was von der vorigen Art gesagt ist. Auch von der Wintereiche werden mehrere Formen kultiviert. Die Färber- oder Galleiche (Q. infectoria Oliv.), meist strauchartig, sehr buschig, 2 m hoch, mit kurzgestielten, länglich verkehrt-eiförmigen Blättern, trägt auf einem kurzen Stiel 1–3 untereinander stehende, walzige, 4 cm lange Früchte. Sie wächst in Rumelien, Griechenland, Cypern, Kleinasien, Syrien, Persien und liefert besonders die Galläpfel. Die weichhaarige E. (Weiß- oder Schwarzeiche, Q. lanuginosa Thuill., Q. pubescens Willd.) hat deutlich gestielte, in der Jugend auf beiden Flächen grau behaarte, später fast kahle Blätter, bleibt kleiner als unsre Eichen, wächst in ganz Südeuropa, auch diesseit der Alpen, in Süddeutschland, im Orient bis an das Kaspische Meer, wahrscheinlich auch in Nordafrika und liefert Eichenrinde.
B. Eichen der Neuen Welt mit im Herbst abfallenden Blättern und grauweißer, in breiten, dünnen Stücken sich lösender Rinde (Weißeichen). Die Blätter verfärben sich nicht im Herbst. Die Kastanieneiche (Q. Prinus L.), mit langgestielten, länglichen, jederseits 10–16zähnigen, in der Jugend behaarten, später meist nur oberseits kahlen Blättern und an einem kurzen, allgemeinen Stiel sitzenden Früchten, bildet in Nordamerika große Wälder und liefert in beiden Varietäten (Q. P. acuminata Dec. und monticola Mchx.) die meiste Gerbrinde in den Vereinigten Staaten (s. Tafel „Gerbmaterialien liefernde Pflanzen“). Die weiße E. (Q. alba L.), mit fiederspaltigen, selten buchtig gelappten, in einen deutlichen Stiel verschmälerten, in der Jugend behaarten, später fast kahlen Blättern und ziemlich großen Früchten, ein schöner, bis 25 m hoher Baum, bildet in den Vereinigten Staaten große Wälder und liefert viel Gerbrinde. Die großfrüchtige E. (Q. macrocarpa Mchx.), mit ziemlich lang gestielten, 36 cm langen, tief, aber ungleich fiederspaltigen, im Alter nur auf der Unterfläche, aber meist bleibend behaarten Blättern und 5 cm langen Früchten, die zu zwei Dritteln oder fast ganz von der breiten, am obern Ende mit haarförmigen Schuppen besetzten Fruchthülle umschlossen sind und mild schmecken, ist ein großer Baum, der in den Vereinigten Staaten sehr verbreitet ist und große Wälder bildet.
C. Eichen mit immergrünen Blättern. Die immergrüne E. (Q. Ilex L.), mit gestielten, rundlichen oder länglichen, am Rand ganzen oder buchtig gezahnten, fast kahlen oder, besonders auf der Unterfläche, filzigen Blättern, wächst meist als sparriger, 2,5–3,8 m hoher Strauch in den Mittelmeerländern und auf den Inseln, liefert viele Kulturformen. Die meist langen Früchte der immergrünen E. werden in Spanien, Südfrankreich und Nordafrika ganz allgemein gegessen und heißen Ballota (daher Q. Ballota Desf.), die Rinde wird zum Gerben benutzt. Die Korkeiche (Pantoffelbaum, Q. Suber L.), ein 10–16 m hoher Baum, dessen ältere Stämme und Äste mit glattem, rostbraunem Kork bedeckt sind, der sich zuletzt in großen, dicken Platten ablöst. Die Blätter sind elliptisch bis länglich, meist scharf bis dornig gezahnt, in der Jugend graufilzig, später oberseits kahl. Die Eichel ist zwei- bis dreimal länger als der Becher und reift im ersten Jahr. Sie findet sich in Südostfrankreich, Spanien, Portugal, Sardinien, Corsica, Istrien, Italien, am häufigsten in Algerien. Eine Form dieser E. ist Q. occidentalis Gay, mit jährlichem Blattwechsel und im zweiten Jahre reifenden Früchten. Sie bildet in Westfrankreich große Bestände und liefert wie die vorige Kork und Gerbrinde. Auf der Scharlacheiche (Zwerg-, Kermeseiche, Q. coccifera L.), in Südeuropa bis Istrien und in Nordafrika, wohnt die als Kermesbeeren in den Handel kommende Schildlaus (Coccus Ilicis Fabr.). Die Wurzelrinde (Garouille, Rusque) wird wie die weniger wertvolle Stammrinde zum Gerben benutzt.
Die weidenblätterige E. (Q. Phellos L.), mit kurzgestielten, schmal elliptischen, in der Jugend behaarten, später kahlen, meist ganzrandigen, abfallenden Blättern, ist einer Silberweide ähnlich, wird 20 m hoch, ist auf der Westseite Nordamerikas verbreitet. Die Wassereiche (Q. nigra L.), mit gestielten, an jungen Pflanzen buchtig gelappten, an großen Bäumen keilförmigen, ganzrandigen, meist zwei und mehrere Jahre ausdauernden Blättern, wächst an feuchten Stellen in Nordamerika, besonders im W., liefert Gerbrinde. Die Färbereiche (Q. velutina Lam., Q. tinctoria Barts., s. Tafel „Färbepflanzen“) hat langgestielte, tief fiederspaltige, auf der Unterfläche behaarte, im Herbst sich braunrot färbende, bis 30 cm lange Blätter und eine dicke, sehr gefurchte Rinde, wird 30 m hoch, bildet in den Vereinigten Staaten große Wälder und liefert die Quercitronrinde. Die sehr ähnliche Scharlacheiche (Q. coccinea Wangenh.) hat einen roten Blattstiel und roten Mittelnerv, wird im Herbst scharlachrot, bildet in den Vereinigten Staaten große Wälder; ihr Holz wird vielfach nach England ausgeführt und ihre Rinde zum Gerben benutzt. Die Roteiche (Q. rubra L.), mit langgestielten, fiederspaltigen, nur in der Jugend behaarten, 20–30 cm langen Blättern und großen, eirunden Früchten, ein schöner, großer Baum, bildet vom Huronensee bis Florida und Texas ausgedehnte Wälder und liefert viel Gerbrinde. Dasselbe gilt von der sehr schnellwüchsigen Sumpfeiche (Q. palustris Dur.), mit sehr langgestielten, tief fiederspaltigen Blättern und kleinen Früchten. Die kastanienblätterige E. (Q. castaneaefolia C. A. Mey.), mit gestielten, schmal länglich lanzettförmigen, mit zehn sehr oberflächlichen, in eine borstenförmige Spitze auslaufenden Abschnitten auf jeder Seite versehenen, den Winter über ausdauernden, im Frühjahr abfallenden Blättern, ist der Kastanie ähnlich, wird 20–25 m hoch und bildet in Rumelien, Kleinasien und Nordpersien bis zum Kaspischen Meer große Wälder. Die Knopperneiche (Valoneneiche, Q. vallonea Kotschy), mit gestielten, länglich elliptischen, groß und ungleich gezahnt-gesägten, an den Zähnen spitzen bis stachelspitzigen, den Winter ausdauernden, im Frühjahr abfallenden, auf der Unterfläche behaarten Blättern, einzeln sitzenden, von der Fruchthülle ganz oder fast eingeschlossenen Fruchthüllen u. abstehenden oder zurückgekrümmten, schmal länglichen Schuppen auf den letztern, ist ein ziemlich hoher Baum in Rumelien, Griechenland und Kleinasien, dessen Fruchthüllen als Valonen in den Handel kommen (vgl. Dodona). Die Eicheln dieser Art nährten die ältesten Bewohner Griechenlands. Valonen liefern auch einige andre Eichen, [356] die man früher als Q. Aegilops L. zusammenfaßte. Hierher gehören besonders Q. graeca Kotschy, in Attika, Kreta, Kleinasien (s. Tafel „Gerbmaterialien liefernde Pflanzen“), und Q. oophora Kotschy, in Kleinasien. Die Zirn- oder Zerreiche (österreichische, burgundische E., Q. cerris L.), mit gestielten, länglichen, buchtig fiederspaltigen oder oberflächlich gelappten, sehr veränderlichen Blättern und steifen, langen, abstehenden Schuppen auf der Fruchthülle, ein großer Baum mit ungemein festem und hartem Holz (Iron oak der Engländer) und eßbaren Früchten, wächst in Südeuropa, auch diesseit der Alpen, in Mähren, Ungarn, Serbien sowie in Kleinasien und Syrien. Ihre Rinde dient als Gerbmaterial.
In der Forstwirtschaft nimmt die Kultur der E. eine hervorragende Stelle ein. Allerdings hat die Hingabe ausgedehnter Waldflächen an die Landwirtschaft seit 1750 den zur Erziehung der E. geeigneten Boden erheblich vermindert; allein die verbesserte Technik der Holzerziehung weiß auch auf weniger kräftigen Waldböden noch Eichen zu erziehen, und die moderne Forstwirtschaft betrachtet es als eins ihrer wichtigsten Ziele, die Nachzucht dieser wertvollen Holzart, in Deutschland namentlich der Stieleiche und Steineiche, zu ermöglichen. Die Erziehung der E. erfolgt überall da, wo es sich um Nutz- und Bauholzerzeugung handelt, in Baumholzbeständen (Hochwald) oder im Oberholz des Mittelwaldes; da, wo die Erzeugung von Gerbrinde erstrebt wird, in Niederwaldbeständen (Eichenschälwald). In Baumwaldungen wird die E. nur selten rein erzogen, meist in Vermischung mit Buchen, Hainbuchen, Ulmen, Eschen, Ahornen, Birken, Kiefern. Reiche Böden allein gestatten die Erziehung reiner Eichenorte, und auch auf ihnen tritt im Baumholzalter leicht Bodenverwilderung ein, weil die E. bei sehr großem Lichtbedürfnis im höhern Alter den Boden nicht vollkommen zu decken im stande ist. Im Eichenhochwald sind 120–180jährige Umtriebe zur Zeit am häufigsten. Die Bestandsverjüngung erfolgt durch eigentlichen Samenschlag mit sehr rascher Räumung der verjüngten Orte (nach 2–3 Jahren) oder in Schirmschlägen, in welchen unter dem lichten Schirm andrer Holzarten die E. eingesäet wird. Wo im Buchenhochwald bei der Verjüngung reichliche Beimischung der E. erreicht werden soll, haut man 8–10 Jahre vor dem Anhieb des Buchenbestandes große Löcher (0,2–0,5 Hektar) frei, besäet dieselben voll mit Eicheln und erzieht so vorwüchsige große Eichenhorste (sogen. Spessartbetrieb). Die E. bedarf eines Schutzes von Mutterbäumen nicht und kann durch Saat oder Pflanzung auf Kahlflächen erzogen werden. Reine Eichenbestände im Stangenholzalter (50–70 Jahre), welche nicht auf ungewöhnlich kräftigen Böden stocken, müssen zur Erhaltung der Bodenkraft unterbaut werden. Etwa ein Drittel der Bestandsmasse wird herausgenommen und dann der Bestand mit Buchen, Hainbuchen, Fichten oder Tannen unterpflanzt (Lichtungsbetrieb). Im Mittelwald bildet die E. einen sehr schätzbaren Oberbaum. Zur bessern Ausformung des Stammes und zur Verminderung des Schirmdrucks werden hier häufig Aufastungen angewendet. Neuere Untersuchungen haben jedoch dargethan, daß die Hinwegnahme stärkerer Äste für die Gesundheit des Stammes leicht gefährlich wird, indem die Wundfläche eine Einzugspforte für Verpilzung und Vermoderung bildet. Um dies zu verhindern, sind die Äste glatt am Stamm wegzunehmen und die Wundflächen mit Steinkohlenteer zu bestreichen. Äste von mehr als 10 cm Stärke überhaupt noch wegzunehmen, ist nicht ratsam. Sehr große Bedeutung, namentlich für Frankreich, Belgien, das westliche und südliche Deutschland, hat der Eichenschälwaldbetrieb. Er ist ein Niederwaldbetrieb mit meist 15–20jährigem Umtrieb. Die Traubeneiche ist die für diesen Betrieb geeignetste Eichenart. Der Hieb erfolgt tief, um reichliche und kräftige Wurzel- und Wurzelknotenausschläge zu erzeugen. Über die Rindengewinnung s. Eichenrinden. Die ausgehenden (d. h. nicht mehr ausschlagsfähigen) Stöcke müssen durch Saat oder Pflanzung ersetzt werden. Man wendet bei letzterer mit gutem Erfolg gestummelte (d. h. über dem Wurzelknoten abgeschnittene) Pflanzen an. Mit dem Eichenschälwaldbetrieb wird vielerorts eine periodische Fruchtnutzung (Roggen oder Buchweizen) verbunden (Hauberg, Hackwald). Das forstliche Verhalten der beiden genannten Eichenarten ist kein sehr verschiedenes. In vielen Gegenden Deutschlands gibt man in höhern Lagen und auf ärmerm Boden der Traubeneiche den Vorzug. Sie geht höher in den Bergen und beherrscht in Deutschland ein weitaus größeres Gebiet als die Stieleiche, ist namentlich herrschend auf dem Bunten Sandstein (Solling, Spessart), dem Urgebirge (Harz), im Flachland mit sandigen Böden. Die Stieleiche herrscht dagegen im Aue- und Flußboden und in einzelnen dem Übergangsgebirge angehörigen Waldgebieten (Gegend von Siegen), ebenso auf Kalkboden. Die Gebrauchsfähigkeit beider Eichenarten ist fast die gleiche, doch ist das Holz der Traubeneiche etwas schwerer. Die beiden Spezies lassen sich leicht durch Saat und Pflanzung kultivieren und zwar durch letztere auf allen Stufen des Kindheitsalters (bis zur Stangenstärke); doch bleiben die Saat und die Pflanzung schwächerer Pflanzen (bis 1,5 m Höhe) die sichersten Methoden. Beide Arten verlangen tiefgrundigen, frischen Boden, gedeihen jedoch, wenn diese beiden Bodeneigenschaften vorhanden sind, auch auf mineralisch wenig kräftigen Bodenarten recht gut. Man erzieht die Eichenpflanzen in Saatkämpen, pflanzt sie im zweijährigen, fünfjährigen, bez. achtjährigen Alter in Pflanzkämpen um, wobei eine sorgfältige Kronenausformung durch Schneideln stattfindet, und pflanzt sie dann in die Verjüngungsorte.
Die E. ist schon mit den ältesten naturreligiösen Mythen und Kulten der europäischen Völker eng verknüpft, besonders mit denen der alten Griechen, Etrurier, Germanen, Kelten, Skandinavier, Preußen etc. Die E. zu Dodona in Nordgriechenland war der Sitz des ältesten hellenischen Orakels, dessen Willen die Priester aus dem Rauschen ihrer Blätter vernahmen. Bei den Römern war die E. dem Jupiter gewidmet (arbor Jovis). Die alten Gallier und Deutschen hielten die E. für einen heiligen Baum. Die Eichenwälder waren den Göttern geweiht, und unter den stärksten und höchsten wurden die Opfer dargebracht. Auch mehrere slawische Völker hielten die E. für heilig und brauchten das Eichenholz zu Opferfeuern. Als das Christentum nach Deutschland und in die Länder an der Ostsee drang, wurden viele alte heilige Eichen niedergehauen. Insbesondere soll eine heilige E. bei Geismar in Hessen berühmt gewesen sein, welche von Bonifacius gefällt wurde. Auch bei den Juden und Persern stand die E. in hohen Ehren. Der Eichenkranz, als Schmuck, war zu allen Zeiten ein ernstes Symbol; in alten Zeiten bekränzten sich die Priester damit, auch war er Belohnung römischer Bürgertugend (s. Corona). Das Eichenlaub ist auf die gotische Ornamentik von bedeutendem Einfluß gewesen. Vgl. Kotschy, Die Eichen Europas und des Orients [357] (Olmütz 1862); Burckhardt, Säen und Pflanzen (6. Aufl., Hannov. 1880); Geyer, Die Erziehung der E. etc. (Berl. 1870); v. Manteuffel, Die E., deren Anzucht, Pflege und Abnutzung (2. Aufl., Leipz. 1874); Reuter, Die Kultur der E. und Weide (3. Aufl., Berl. 1875); v. Schütz, Die Pflege der E. (das. 1870); Fribolin, Der Eichenschälwaldbetrieb (Stuttg. 1876); Mannhardt, Der Baumkultus der Germanen (Berl. 1874).