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MKL1888:Eisenbahnamt

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Eisenbahnamt“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Eisenbahnamt“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 5 (1886), Seite 447448
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Eisenbahnamt. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 5, Seite 447–448. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Eisenbahnamt (Version vom 14.11.2023)

[447] Eisenbahnamt, eine Behörde, welcher die Aufgabe obliegt, die Beziehungen des Staats mit den Eisenbahnverwaltungen zu pflegen und über die Ausführung der die Eisenbahnen regelnden Gesetze zu wachen. Für das Deutsche Reich wurde 16. Sept. 1873 unter der amtlichen Bezeichnung „Reichseisenbahnamt“ ein E. mit dem Sitz in Berlin geschaffen. Demselben steht die Kompetenz zu: 1) das dem Reich zustehende Aufsichtsrecht über das Eisenbahnwesen wahrzunehmen; 2) für die Ausführung der in der Reichsverfassung enthaltenen Bestimmungen sowie der sonstigen auf das Eisenbahnwesen bezüglichen Gesetze und verfassungsmäßigen Vorschriften Sorge zu tragen; 3) auf Abstellung der in Hinsicht auf das Eisenbahnwesen hervortretenden Mängel und Mißstände hinzuwirken. Dasselbe ist berechtigt, innerhalb seiner Zuständigkeit über alle Einrichtungen und Maßregeln von den Eisenbahnverwaltungen Auskunft zu fordern oder nach Befinden durch persönliche Kenntnisnahme einzuziehen und hiernach das Erforderliche zu veranlassen. In Bezug auf die deutschen Privateisenbahnen stehen dieser Reichseisenbahnamtsbehörde dieselben Befugnisse zu, welche den Aufsichtsbehörden der betreffenden Bundesstaaten beigelegt sind. Durch Reichsgesetz vom 27. Juni 1873 ist bestimmt, daß, wenn gegen eine von dem Reichseisenbahnamt verfügte Maßregel Gegenvorstellung erhoben wird auf Grund der Behauptung, daß jene Maßregel in den Gesetzen und rechtsgültigen Vorschriften nicht begründet sei, das Reichseisenbahnamt unter Zuziehung von Richterbeamten hierüber entscheiden soll (sogen. verstärktes Reichseisenbahnamt). Für letzteres ist nunmehr das Regulativ vom 13. März 1876 (Reichszentralblatt, S. 197 f.) maßgebend, wonach das verstärkte Reichseisenbahnamt aus dem Präsidenten des Eisenbahnamts oder seinem Stellvertreter als Vorsitzenden, zwei Räten des Reichseisenbahnamts und drei richterlichen Beamten bestehen soll. Was die Thätigkeit des Reichseisenbahnamts anbelangt, so war dieselbe besonders der Ausarbeitung eines Reichseisenbahngesetzes gewidmet, welches jedoch bis jetzt nur im Entwurf zu stande gekommen ist (s. Eisenbahnrecht). Außerdem waren es besonders Beschwerden, durch welche die Thätigkeit dieser Behörde in Anspruch genommen ward. Endlich sind aus der vielseitigen Thätigkeit des Reichseisenbahnamts die Verhandlungen über das Verhältnis der Eisenbahnen zur deutschen Reichsmilitär-, Telegraphen- und Postverwaltung, die Ausarbeitung einer Signalordnung und die Fürsorge für gleichmäßige Bestimmungen über das rechtzeitige Öffnen der Wartesäle und Billetschalter, für ein ordnungsmäßiges Ausrufen der Stationsnamen, für gehörige Einrichtungen betreffs der Heizung, Erleuchtung und Ventilation der Personenwagen, für die Herstellung einheitlicher Verschlußvorrichtungen an den Personen- und Güterwagen, für eine deutliche und gleichmäßige Bezeichnung der bestellten, der Rauch- und Frauenkoupees, für [448] die Errichtung deutlicher Steigungszeiger etc. hervorzuheben. Die Eisenbahnämter sind eine Nachahmung der Eisenbahnabteilung des englischen Handelsamts. Sie haben auch in einigen andern Ländern Eingang gefunden, z. B. in der Schweiz und in Österreich. Das österreichische E. zerfällt in drei Abteilungen, nämlich für Bau, Betrieb und Rechnungswesen der Eisenbahnen. Es bildet eine Sektion des Handelsamts und hat alle eingehenden Eisenbahnprojekte zu prüfen. Zur Seite steht ihm eine Generalinspektion als Exekutive. Endlich ist dem österreichischen E. eine Baudirektion koordiniert, welche den Bau der Staatsbahnen zu überwachen hat. Wenn übrigens das deutsche Reichseisenbahnamt die Erwartungen, welche man an die Einsetzung dieser Behörde knüpfte, nicht vollständig befriedigt hat, so ist dies hauptsächlich auf die Verstaatlichung der wichtigsten Eisenbahnen in Preußen und auf die außerordentlich einflußreiche Stellung, welche dadurch das preußische Ministerium der öffentlichen Arbeiten erhielt, zurückzuführen. Die Stelle des Präsidenten des Reichseisenbahnamts ist seit geraumer Zeit unbesetzt.