MKL1888:Eisenvitriol

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Eisenvitriol“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 5 (1886), Seite 481482
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Eisenvitriol. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 5, Seite 481–482. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Eisenvitriol (Version vom 01.05.2024)

[481] Eisenvitriol (grüner Vitriol, Kupferwasser, schwefelsaures Eisenoxydul, Ferrosulfat) FeSO4 findet sich in der Natur als Zersetzungsprodukt von Schwefelkies und wird dargestellt, indem man Eisen (am besten Klaviersaitendraht) mit verdünnter Schwefelsäure übergießt. Dabei entweicht Wasserstoff, und es entsteht eine grüne Lösung, die zuletzt mit überschüssigem Eisen zum Sieden erhitzt werden muß. Man filtriert die heiße Lösung sofort in eine vorher mit Schwefelsäure ausgespülte Flasche und läßt kristallisieren. Die Kristalle werden dann gut abgespült und in der Sonne oder bei einer Temperatur von 30° getrocknet. Auch kann man sie zerreiben und zwischen Fließpapier stark pressen. Dies Präparat ist sehr rein und zeigt wenig Neigung, sich zu oxydieren. Ein ebenso haltbares Präparat ergibt sich, wenn man die Lösung, noch ehe sie zu kristallisieren begonnen hat, mit Weingeist mischt und kräftig durchschüttelt. Das Salz scheidet sich dann in bläulichweißen, kleinen Kristallen aus, die, mit Weingeist abgewaschen und getrocknet, selbst an feuchter Luft sich nur langsam verändern. Sehr reinen E. gewinnt man als Nebenprodukt bei der Bereitung von Schwefelwasserstoffgas aus Schwefeleisen. Für technische Zwecke wird E. aus Schwefelkiesen (Zweifachschwefeleisen) bereitet, welche, auf Haufen geworfen, an der Luft verwittern und E. und freie Schwefelsäure liefern. Der so gebildete E. wird von dem auf die Haufen fallenden Regen gelöst, und die Lösung fließt auf der geneigten wasserdichten Sohle in einen an der niedrigsten Stelle angebrachten wasserdichten Sumpf. Um die freie Schwefelsäure der Lauge abzustumpfen, und um aus dem E. stets sich bildendes schwefelsaures Eisenoxyd wieder zu E. zu reduzieren, beschickt man den Sumpf mit Eisenabfällen, so daß allmählich eine sehr konzentrierte Lösung entsteht. Nicht selten finden sich in den Erzen Thonerdeverbindungen, welche durch die freie Schwefelsäure zersetzt werden, so daß die Eisenvitriollösung auch schwefelsaure Thonerde enthält. Diese wird auf Alaun verarbeitet, und es hängt ganz von dem Verhältnis ab, in welchem sich in den Erzen Schwefelkies und Thonerde finden, ob man aus der Lauge zuerst Alaun und nur aus der Mutterlauge E. oder umgekehrt zuerst E. und aus der Mutterlauge Alaun gewinnt. In manchen Fällen werden die Alaunerze zunächst geröstet und geben dann beim Auslaugen sofort Eisenvitriol- und Thonerdelösung; wo aber vorteilhaft aus Schwefelkiesen Schwefel abdestilliert werden kann, verarbeitet man die entschwefelten Kiese durch Verwitternlassen auf E. Bisweilen bereitet man E. aus Eisenabfällen und Kammersäure oder solcher Schwefelsäure, welche zur Reinigung von Rohpetroleum, Mineralölen oder zur Darstellung von Nitrobenzol etc. gedient hat; auch die Eisenwarenfabriken, welche Schwefelsäure zum Abbeizen brauchen, wie Drahtziehereien etc., stellen wohl E. dar, weil sie die Säure aus sanitätspolizeilichen Gründen nicht ungesättigt abfließen lassen dürfen. Bisweilen gestatten die lokalen Verhältnisse, E. durch Kochen von gepochten Eisenfrisch- und Puddelschlacken oder Spateisenstein (kohlensaurem Eisenoxydul) mit Schwefelsäure herzustellen. Ferner erhält man E. bei Verarbeitung von Zementwassern, welche Kupfervitriol enthalten, den man durch Einlegen von Eisen zersetzt, so daß Kupfer ausgeschieden wird und E. entsteht. Auch bei Verarbeitung von Kupfererzen auf nassem Weg wird E. gewonnen. Die auf irgend eine Weise erhaltene Lösung von E. wird verdampft und zur Kristallisation in geeignete Gefäße, die mit Strohhalmen oder Holzstäben versehen sind, gebracht. An diesen setzen sich dann die Kristalle als Traubenvitriol ab. Die am Boden und an den Wandungen minder schön ausgebildeten Kristalle bilden die Tafeln. Durch verschiedene Metallsalze verunreinigt erscheint im Handel ein fast dunkelbrauner E., der Schwarzvitriol, der aber auch zuweilen auf den Hütten nachgeahmt wird, indem man grünen E. durch einen Aufguß von Erlenblättern oder Galläpfeln schwarz färbt. Aus kupferhaltigen Kiesen entsteht durch Verwitterung auch Kupfervitriol, welcher mit dem E. in wechselnden Mengen zusammenkristallisiert. Der kupferhaltige E. ist oft mehr oder weniger blau statt grün; er geht im Handel als Salzburger oder Admonter, Baireuther, Gräfenthaler Doppelvitriol oder Adlervitriol. Dieser E. wurde für manche Zwecke in der Färberei besonders gesucht, wird aber vorteilhafter durch selbstbereitete Mischungen von reinem Eisen- und Kupfervitriol ersetzt. Soll das Kupfer aus Doppelvitriol entfernt werden, so legt man in die Lösung metallisches Eisen, welches das Kupfer metallisch fällt, während es selbst in E. umgewandelt wird. In manchen Bergwerken findet die Oxydation des Schwefelkieses bereits in der Grube statt, und es entstehen Grubenwasser, die E., oft auch Kupfervitriol, enthalten (Zementwasser). In Falun wird solches Grubenwasser konzentriert und dann auf metallisches Kupfer und E. verarbeitet. Diesem Umstand verdankt der E. seinen ältern Namen Kupferwasser. Als Nebenprodukte bei der Fabrikation des Eisenvitriols gewinnt man aus dem ockerigen Schlamm in den Sümpfen Englischrot und aus den Mutterlaugen, die viel schwefelsaures Eisenoxyd enthalten, durch Erhitzen des Verdampfungsrückstandes rauchende Schwefelsäure. Reiner E. bildet blaugrüne Kristalle mit 7 Molekülen Kristallwasser und wasserfrei ein vollkommen weißes Pulver. [482] Der kristallisierte E. besteht aus 26,1 Teilen Eisenoxydul, 29,9 Teilen Schwefelsäure und 44 Teilen Wasser. Er besitzt das spez. Gew. 1,89, schmeckt zusammenziehend tintenartig, verwittert leicht an der Luft und zerfällt zuletzt unter Oxydation zu gelblichem basisch schwefelsauren Eisenoxyd. Eisenoxydhaltiger E. ist grün, wird an der Luft feucht und oxydiert sich schneller als der reine E. zu basisch schwefelsaurem Eisenoxyd. 100 Teile Wasser lösen bei

10° 15° 33° 60° 90° 100°  
61 70 151 263 370 333 Teile Eisenvitriol.

In der folgenden Tabelle bedeutet S den Prozentgehalt einer Lösung an kristallisiertem E., S′ den Gehalt an wasserfreiem Salz und d das spezifische Gewicht der Lösung bei 15°.

S S′ d
5 2,811 1,0267
10 5,784 1,0537
15 8,934 1,0823
20 12,277 1,1124
25 15,834 1,1430
30 19,622 1,1738
35 23,672 1,2063
40 27,995 1,2391
Mutter­lauge 1,2400

In Alkohol ist E. unlöslich. Beim Erhitzen zerfällt er in schweflige Säure und basisch schwefelsaures Eisenoxyd und letzteres bei höherer Temperatur in Eisenoxyd und Schwefelsäureanhydrid. Schwefelsaures Eisenoxydulammoniak (Eisensalz) FeSO4(NH4)22SO4 + 6H2O wird erhalten durch Vermischen konzentrierter Lösungen von E. und schwefelsaurem Ammoniak; es bildet bläuliche Kristalle vom spez. Gew. 1,81 und ist sehr viel beständiger als E. Man benutzt E. hauptsächlich als Desinfektionsmittel, in der Färberei zum Schwarzfärben (mit Gerbsäure) und zum Blaufärben (mit Blutlaugensalz), beim Gerben mit Eisensalzen, zur Bereitung von Tinte und Lederschwärze, zur Bereitung von Berliner Blau, zur kalten Indigoküpe, zur Darstellung von rauchender Schwefelsäure, zur Reinigung von Leuchtgas, zum Fällen des Goldes und Silbers aus ihren Lösungen, zum Gewinnen von Kupfer auf nassem Weg, in der Photographie und als Arzneimittel. Das schwefelsaure Eisenoxydulammoniak wird gleichfalls in der Photographie und in der Maßanalyse benutzt. – E. war höchst wahrscheinlich, wenn auch nur in unreinem Zustand, schon den Alten bekannt. Das Atramentum sutorium („Schusterschwärze“) der Römer war wohl größtenteils E., es wurde aber nicht vom Kupfervitriol unterschieden. Man benutzte es als Heilmittel und zum Schwärzen des Leders. Albertus Magnus erwähnt zuerst im 13. Jahrh. den E. mit Bestimmtheit, und Basilius Valentinus lehrte im 15. Jahrh. seine Darstellung aus Schwefelkies sowie aus metallischem Eisen und Schwefelsäure. Agricola sprach von der Verwitterung der Kiese, und Vigani beschrieb 1683 die Fällung des Kupfers aus Vitriollauge durch Einlegen von Eisen.


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 280281
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[280] Eisenvitriol. Um zu untersuchen, ob E. rein ist, oxydiert man etwa 2 g des Salzes in wässeriger Lösung mit Salpetersäure, setzt Chlorammonium zu, übersättigt die heiße Lösung mit Ammoniak und filtriert von dem ausgeschiedenen Eisenhydroxyd ab. Das Filtrat muß bei reinem E. farblos sein; blaue Färbung deutet auf Kupfer. Letzteres findet man auch in der ursprünglichen Lösung von E. durch Einstellen eines blanken Eisenblechs, auf welches sich Kupfer als rote Haut niederschlägt. Das Filtrat vom Eisenhydroxyd darf mit Schwefelammonium keinen Niederschlag geben. Entsteht ein solcher, so kann derselbe aus Sulfiden von Kupfer, Zink, Mangan bestehen. Wird ein Teil des Filtrats (eventuell von letzterm Niederschlag) abgedampft und geglüht, so darf kein Rückstand hinterbleiben. Eisenoxyd erkennt man im E. nach dem Ansäuern mit Schwefelsäure, durch gelbes Blutlaugensalz und Rhodankalium; ersteres gibt mit Eisenoxydsalzen einen blauen Niederschlag, letzteres eine blutrote Färbung; geringe Mengen von Eisenoxyd sind übrigens fast in jedem E. vorhanden. Zur quantitativen Untersuchung des Eisenvitriols [281] genügt meist eine maßanalytische Bestimmung des Eisenoxyduls mit übermangansaurem Kali. Reiner E. enthält 20,15 Proz. Eisen = 25,90 Proz. Eisenoxydul.