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MKL1888:Elektrische Boote

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Elektrische Boote“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Elektrische Boote“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 19 (Supplement, 1892), Seite 238239
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Elektrische Boote. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 19, Seite 238–239. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Elektrische_Boote (Version vom 19.04.2021)

[238] Elektrische Boote,[WS 1] Fahrzeuge, bei welchen die Triebvorrichtung (Schiffsschraube, Schaufelräder) mittels eines Elektromotors bewegt wird, der von einer mitgeführten Stromquelle Energie erhält. Die elektrischen Boote bilden das Ideal eines durch Maschinenkraft bewegten Fahrzeugs, und sie würden längst alle andern Gattungen überflügelt haben, wenn sie nicht genötigt wären, auf eine direkte Stromzuführung von außen zu verzichten. Sie sind auf die Benutzung der Akkumulatoren angewiesen, und diese haben noch nicht denjenigen Grad von Vollkommenheit erreicht, welcher die elektrischen Boote konkurrenzfähig machen würde. Sind ohnehin e. B. mit Akkumulatorbetrieb beständig auf Elektrizitätswerke angewiesen und mithin nur unter besondern Verhältnissen anwendbar, so bilden das große Gewicht der Akkumulatoren und ihre geringe Aufnahmefähigkeit, welche zur Folge hat, daß der Stromvorrat eines elektrischen Bootes im besten Fall nur zu einer zehnstündigen Fahrt ausreicht, weitere Übelstände. Auch die bisher erzielte Geschwindigkeit von 10–12 km in der Stunde ist zu gering, und schließlich ist der Akkumulatorbetrieb noch sehr teuer. Von diesen Übelständen abgesehen, bieten die elektrischen Boote große Vorzüge. Der maschinelle Teil besteht in der Batterie, dem damit in leitender Verbindung stehenden, ganz hinten angeordneten Elektromotor, dessen Achse direkt mit der Schraubenwelle verkuppelt ist, und der Schraube. Da der Motor bis 900 Umdrehungen in 1 Minute macht, so genügt eine kleine zweiflügelige Schraube, welche bei etwaigem Segeln nur sehr wenig hindert. Der bedeutende Ballast, den die Akkumulatoren repräsentieren, macht die Boote zum Segeln sehr geeignet. Die einzelnen Zellen der Akkumulatorenbatterie werden je nach der Geschwindigkeit, [239] mit welcher man gerade fahren will, sämtlich hintereinander oder in Gruppen parallel geschaltet. Diese verschiedenen Schaltungen bewirkt ein Umschalter, der mit einer Kurbel od. dgl. bewegt wird. Nachts kann die Batterie zur Beleuchtung des Bootes benutzt werden. Der Betrieb der elektrischen Boote ist überaus einfach, er besteht thatsächlich im Drehen einer Kurbel und Laufenlassen des Fahrzeugs. Die von Immisch u. Komp. in London gebauten, mit Reckenzaunschen Akkumulatoren ausgestatteten elektrischen Boote haben meist eine Länge von 8,40 m bei einer Breite von 1,80 m, sie sind je mit etwa 1000 kg Akkumulator ausgerüstet, welche sie zu einer Fahrt von 96 km bei 10 km in der Stunde befähigen. Ähnliche Verhältnisse weisen die von Woodhouse und Rawson in London gebauten Boote auf, welche gleichfalls die Themse befahren. Auf der Frankfurter elektrischen Ausstellung sah man zwei e. B. regelmäßige Rundfahrten auf dem Main machen. Das eine von Siemens u. Halske gebaute besitzt eine Batterie von 84 Zellen und einen fünfpferdigen Motor. Bei geladener Batterie und einer Besetzung mit 24 Personen kann man auf stillem Wasser eine fast vierstündige Fahrt machen, ehe das Boot neue Elektrizität aufnehmen muß. Die Geschwindigkeit beträgt 10–12 km in der Stunde.

Die Firma Escher, Wyß u. Komp. in Zürich beschickte ihrerseits die Frankfurter Ausstellung mit einem elektrischen Fahrzeug, welches mit Örlikon-Sammlern ausgerüstet ist und 100 Personen zu fassen vermag. Dessen Länge beträgt 15 m. Die 56 Sammler liegen sämtlich im Kielraum, also nicht wie sonst zum Teil unter den Sitzbänken. Der Elektromotor entwickelt 10 Pferdekräfte und verleiht dem Boot eine Geschwindigkeit von 12 km; der Stromvorrat reicht zu einer Fahrt von 80 km. Sonst wäre noch in Bezug auf die Verbreitung der elektrischen Boote zu erwähnen, daß die englische Admiralität ein derartiges Fahrzeug für den Dienst ihrer Werft zu Chatham bestellt hat. Dasselbe ist auch zum Segeln eingerichtet. Die elektrischen Fahrzeuge eignen sich in der That als Schiffsbeiboote trotz ihres bedeutenden Gewichts sehr gut, weil sie stets fahrbereit sind und weil die Kriegsschiffe und Handelsdampfer neuerdings stets mit Einrichtungen zur Elektrizitätserzeugung ausgerüstet sind; das Laden der Sammler macht daher keine Schwierigkeiten.

Trouvé in Paris, Vaughan-Sherrin in London u. a. haben den Versuch gemacht, die Sammler durch eine Primärbatterie, also durch galvanische Elemente, zu ersetzen, jedoch ohne sonderlichen Erfolg. Allerdings macht das System die Boote unabhängiger, weil die Säuren für die Elemente in jedem größern Ort zu haben sind, doch erwies sich dieser Betrieb als zu teuer und zu umständlich.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. vgl. den Artikel in Band 5: Elektrisches Boot