MKL1888:Gebläse

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
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Band 6 (1887), Seite 974979
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Gebläse. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 6, Seite 974–979. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Gebl%C3%A4se (Version vom 29.11.2022)

[974] Gebläse (hierzu Tafel „Gebläse“), Vorrichtungen zur Hervorbringung eines Stroms gepreßter Luft, werden besonders auf Hüttenwerken zur Beförderung von Verbrennungsprozessen beim Ausbringen der Metalle benutzt. Die G. saugen atmosphärische Luft an, vergrößern deren Dichtigkeit (Pressung) und führen sie als Gebläsewind zum Orte der Verbrennung (meist Öfen) in Röhren (Windleitung), deren konische Ausströmungsöffnung in einen der Ofenwand eingefügten abgestumpften metallenen Hohlkegel (Form, Eckeisen) mündet. Die Güte eines Gebläses steht in direktem Verhältnis zu seinem Nutzeffekt (Wirkungsgrad = Verhältnis der aufgewandten zur nutzbar gemachten Arbeit, welches häufig in Prozenten angegeben wird) und zu seinem Windeffekt (Verhältnis der eingesogenen zur ausgeblasenen Luftmenge). Der Nutzeffekt wird besonders beeinträchtigt durch die Reibung der Maschinenteile und durch den schädlichen Raum des Gebläses, worunter man den hohlen Raum versteht, in welchem bei unzweckmäßiger Einrichtung des Gebläses die Luft wiederholt zusammengepreßt und wieder ausgedehnt wird, ohne ausgeblasen zu werden und zur Wirkung zu kommen. Der Windeffekt leidet durch die Reibung in langen Röhrenleitungen und deren Undichtigkeit, so daß zuweilen 25 Proz. und mehr von dem eingesogenen Luftquantum bis zum Eintritt in den Ofen verloren gehen. Die Form der G. ist sehr verschieden und bildet von dem einfachsten Handblasebalg bis zu den kolossalsten Cylindergebläsen viele Übergänge. Die Klassifikation derselben geschieht am zweckmäßigsten nach der Art und Weise der Druckwirkung, durch welche die Luft komprimiert wird. Es kann zur Wirkung kommen:

A. Erste Hauptgruppe.

Direkter Druck, wobei die Kompression der Luft durch momentane Verkleinerung des lufteinschließenden Teils der Maschine hervorgerufen wird, nachdem vorher durch Vergrößerung desselben Luft aufgenommen ist. Der Hauptteil der nach diesem Prinzip eingerichteten G. ist ein pyramidaler, kastenförmiger

[Ξ]

Gebläse.
Fig. 4. Stehendes Dampfgebläse amerikanischer Konstruktion.
Fig. 5. Woolfsches Dampfgebläse mit Balancier.
Fig. 6. Liegendes Dampfgebläse mit Schiebersteuerung.
Fig. 8. Roots-Blower. Äußere Ansicht.
Fig. 14. Pelzerscher Ventilator.
Fig. 15. Körtings Dampfstrahlventilator.

[975] oder cylindrischer Hohlraum, der vermöge der Beweglichkeit seiner Böden abwechselnd vergrößert und verkleinert wird. Zu diesem Zweck sind entweder die Seitenwände aus biegsamem Material gemacht (Lederbälge), oder aber so eingerichtet, daß sich die Böden darin verschieben können. Bestehen nun diese Böden aus festem Material (Kolbengebläse), so muß durch eine besondere Vorrichtung (Liderung) ein luftdichtes Anliegen derselben gegen die Seitenwände herbeigeführt werden, eine Vorsichtsmaßregel, die bei den hydraulischen Gebläsen, d. h. solchen mit Wasserböden, wegen der Beweglichkeit des Wassers nicht nötig ist. Alle hierher gehörigen G. arbeiten periodisch; in der ersten Periode wird Luft angesaugt, in der zweiten komprimiert und ausgestoßen. Es erhellt daraus, daß die einfach wirkenden G., d. h. solche, welche nur einen abwechselnd ansaugenden und ausstoßenden Teil haben, einen intermittierenden Windstrom entlassen. Aber auch bei doppelt wirkenden Gebläsen, d. h. solchen, welche zugleich auf einer Seite saugen und auf der andern blasen, ist der Windstrom kein gleichmäßiger. Während die G. dieser beiden Gruppen zur Ausgleichung der Windstöße der weiter unten behandelten Regulatoren bedürfen, geben die mehrfach und kontinuierlich wirkenden G. einen so gleichmäßigen Windstrom, daß Regulatoren überflüssig werden. Zum Zweck des Ansaugens bedarf jedes unter direktem Druck arbeitende G. eines oder mehrerer Saugventile, welche den Hohlraum des Gebläses während der Saugperiode mit der äußern Luft kommunizieren lassen, dann aber durch den bei der Kompressionsperiode erzeugten innern Druck geschlossen werden, während sich andre zur Windleitung führende Ventile, die Druckventile, öffnen, sobald dieser Druck den in der Leitung herrschenden übersteigt. Sobald aber die folgende Saugperiode beginnt, schließen sich die Druckventile wieder. Bei einigen Gebläsen fungieren die Kolben zugleich als Ventile, z. B. bei rotierenden und Kapselgebläsen.

1) G. mit biegsamen Seitenwänden. Die einzigen Vertreter derselben sind die Lederbälge (Blasebälge), welche einen bedeutenden schädlichen Raum haben und wegen der Durchlässigkeit des Leders keine bedeutende Windpressung ergeben. Man

Fig. 1.
Lederner Kastenbalg.

unterscheidet Spitzbälge und Kastenbälge je nach der drehenden oder parallel hin- und hergehenden Bewegung des Deckels, beide Arten von Bälgen werden fast ausnahmslos nur einfach wirkend ausgeführt. Fig. 1 zeigt einen ledernen Kastenbalg. DC ist ein fester Boden, darunter ein Ventilkasten mit nach innen sich öffnendem Saugventil V und nach außen klappendem Druckventil W. AB beweglicher, mit CD durch einen faltigen Ledermantel verbundener Deckel, X Windleitung.

2) Kolbengebläse. a) Hölzerne Bälge bestehen aus einem pyramidalen Holzkasten mit einem drehbaren Boden oder Deckel. Je nachdem nun der Boden an dem feststehenden Kasten oder umgekehrt dieser an dem feststehenden Boden oder Deckel bewegt wird, unterscheidet man hölzerne Bälge mit beweglichem Boden (Windholmgebläse) von solchen mit beweglichem Ober- oder Unterkasten. Großer Kraft- und Windverlust bei geringer Windpressung und häufigen Reparaturen haben diese Bälge längst veralten lassen. Fig. 2 zeigt ein Windholmgebläse.

Fig. 2.
Windholmgebläse.

ABDE fester Oberbalg, F der um die Achse C bewegliche Boden mit Ventil V, der durch eine von unten wirkende Kraft (Menschenkraft oder bei größern Gebläsen Wasserkraft) im Oberkasten auf und nieder bewegt wird; X Düse, yy Leistenliderung, d. h. eingeschnittene und durch Federn gegen die Innenwände des Oberkastens gedrückte Holzleisten. b) Die Kastengebläse unterscheiden sich von den Holzbälgen nur durch ihre parallelepipedische Form und die geradlinige Bewegung ihres Kolbens, sind aber jenen gegenüber wegen ihres etwas geringern schädlichen Raums als Verbesserungen anzusehen, obgleich auch sie noch an dem Nachteil schlechter Dichthaltung und vieler Reparaturen leiden. Ihre Betriebskraft erhalten sie meist von Wasserrädern durch Vermittelung großer auf die Kolbenstange wirkender Exzentriks oder Krummzapfen und sind durchweg einfach wirkend. Die jetzt ganz verlassenen Kastengebläse bilden den Übergang zu c) den eisernen Cylindergebläsen, den gebräuchlichsten Gebläsen der Gegenwart, die namentlich da zu empfehlen sind, wo es auf große Windmengen von starker Pressung ankommt (bei Hochöfen, Bessemeranlagen etc.). Sie unterscheiden sich von den Kastengebläsen durch ihr dauerhafteres Material, durch ihre cylindrische Form, welche die Kolbendichtung bedeutend erleichtert, durch die bessere Dichtung selbst, welche den Windverlust herabmindern hilft und größere Windpressungen zuläßt, durch wesentliche Verbesserungen in der Konstruktion und Art der Anbringung der Ventile, ferner dadurch, daß sie meist doppelt wirkend sind. Die Holzliderungen der Kolben hat man verlassen und durch solche aus Leder, Segeltuch oder Metallringen ersetzt. Die Kolbenstangen sind mit Stopfbüchsendichtung durch einen oder beide Cylinderdeckel geführt. Die Ventile werden meist in großer Anzahl (besonders bei schnell gehenden Gebläsen, Schnellläufern) und dem innern Cylinderraum möglichst nahe angebracht, zuweilen auch durch Schieber ersetzt. Diese G. lassen sich klassifizieren entweder nach dem sie bewegenden Motor (Wasserrad-, Turbinen-, Dampfgebläse) oder nach der Lage der Cylinderachse (stehende, liegende, oszillierende und rotierende G.), ferner in indirekt wirkende und direkt wirkende G., je nachdem die bewegende Kraft mit oder ohne Vermittelung eines Balanciers auf den Gebläsekolben übertragen wird. Die größte Verbreitung haben, weil das Brennmaterial zur Erzeugung des Dampfes durch Verwendung von Hochofengasen meist billig zu beschaffen ist, die Dampfgebläse und unter diesen die stehenden, welche wenig Grundfläche einnehmen und nicht, wie die liegenden G., einer durch einseitiges Aufliegen des Kolbens hervorgerufenen ungleichmäßigen Abnutzung ausgesetzt sind, allerdings aber [976] wegen ihrer oft außerordentlich großen Höhendimensionen weniger stabil und weniger bequem zu überwachen und zu warten sind als diese. Für jeden einzelnen Fall ist jedoch bei der Wahl eines Gebläses auf lokale Verhältnisse Rücksicht zu nehmen. I. Stehende G. Fig. 3: stehendes, direkt wirkendes, doppeltes Wasserradgebläse. A Wassergerinne, B oberschlächtiges eisernes Wasserrad, C Wasserradwelle mit zwei um 180° versetzten Kurbeln, deren eine DE

Fig. 3.
Doppeltes stehendes Wasserradgebläse.

sichtbar ist, und durch deren Drehung die Kolben (einer von ihnen, K, im Durchschnitt sichtbar) mit Hilfe der durch eine Stopfbüchse gehenden Kolbenstange H und der mit ihr durch das Querhaupt F verbundenen Bleuelstange FE auf und nieder bewegt wird. Die dem Querhaupt als Führung dienenden Leitschienen GG sind an dem die Cylinder XX tragenden Gestell PQ befestigt. Jeder Cylinder hat auf beiden Seiten ein Saugventil (VV1) und Druckventil (WW1). Beim Aufgang des Kolbens wird im untern Teil jedes Cylinders Luft angesogen (V öffnet sich, W ist geschlossen), im obern komprimiert und ausgeblasen (W1 öffnet sich, V1 ist geschlossen). Beim Niedergang geht das umgekehrte Spiel vor sich. Tafelfig. 4 zeigt ein stehendes, direkt wirkendes Dampfgebläse neuerer amerikanischer Konstruktion. Auf einem turmartigen Gerüst aa steht der Gebläsecylinder b, bei cc mit Öffnungen zum Eintritt der Luft zu den Saugventilen versehen; d Windleitungsrohr. Der Dampfcylinder e steht unter dem Gebläsecylinder, die Kolben beider sind durch eine gemeinschaftliche (in der Figur nicht sichtbare) Kolbenstange verbunden, welche durch das Querhaupt g und Bleuelstangen h (in der Figur ist nur eine sichtbar) die Schwungräder ii antreibt; f äußere Steuerung des Dampfcylinders, l Dampfzuleitungs-, k Ausblaserohr. Um behufs Bedienung und Reparatur zu allen Teilen der Maschine gelangen zu können, hat man sie bis obenhin mit Treppen und mehreren Podesten versehen. In Tafelfig. 5 ist ein indirekt wirkendes, stehendes Woolfsches Dampfgebläse mit Balancier, von der Märkischen Maschinenbauanstalt zu Wetter a. d. Ruhr, dargestellt. a Gebläsecylinder mit Druckrohr b, c Balancier mit Horn d zum Betrieb der Schwungradkurbel e mit der Stange de, g und h ein Paar Woolfsche Dampfcylinder, ii Steuerung derselben, k Kondensator. Mittels der Stangen L und M wird der Balancier von den Kolben der Dampfcylinder hin und her bewegt und überträgt diese Bewegung am andern Ende durch die Stange N auf den Kolben des Gebläsecylinders. II. Liegende G. Tafelfigur 6: liegendes, direkt wirkendes Dampfgebläse (mit Schiebersteuerung). A Dampfcylinder mit Steuerung B, C Gebläsecylinder mit Schieber F, P Kolbenstange der Dampfmaschine, K Kolbenstange des Gebläses, LM Bügel zur Verbindung beider Stangen. In diesem Bügel kann sich die Schwungradwelle D, angetrieben durch die mit dem Querhaupt M an die Kolbenstange P angeschlossene Bleuelstange MN, frei drehen. Auf der Schwungradwelle D sitzen drei Exzentriks, E bewegt den Dampf-, H den Gebläseschieber, Q die Luft- und Warmwasserpumpe für den Kondensator der Dampfmaschine. OO1 sind Ein- und Auslaßöffnungen für die Gebläseluft. Dieselben werden durch den zur Hälfte sichtbaren Muschelschieber F abwechselnd mit der äußern Atmosphäre und mit der Windleitung in Kommunikation gesetzt. III. Oszillierende G. (Wackler) nehmen zwar wegen des Wegfalls der Bleuelstangen sehr geringen Raum ein, werden aber trotzdem wenig (ausnahmsweise

Fig. 7.
Rootscher Ventilator (Roots-Blower, Querschnitt).

für Wasserrad- oder Turbinengebläse) angewandt, weil ihre Dichthaltung durch die zur Verbindung des oszillierenden Cylinders mit der feststehenden Windleitung nötig werdende Stopfbüchse erschwert wird. IV. Rotierende G. wirken mittels rotierender Kolben oder mittels ineinander greifender zahnradartiger Körper. Die erstern sind fast gar nicht, letztere zuweilen in Bergwerken als Wettermaschinen (Fabrysche Wetterräder), sehr häufig im Gießereibetrieb im Gebrauch und zwar in Form von Kapselgebläsen, speziell des Rootschen Ventilators (Roots-Blower, s. Fig. 7). Die Körper A und B sind so profiliert, daß sie, während sie mittels [977] der Zahnräder HI (in der Figur punktiert) in umgekehrtem Sinn (s. die kleinen Pfeile) umgedreht werden, immer an einer Stelle in Berührung bleiben (momentan bei E). Zugleich legen sie sich dicht gegen die halbkreisförmigen Teile des Gehäuses (momentan bei F und G). Die bei C eintretende Luft wird, beiderseits zwischen der Gehäusewand und den Körpern AB eingeschlossen, nach D gebracht, wo sich die Druckleitung anschließt. Tafelfig. 8 zeigt ein Rootsches G. in der äußern Ansicht.

3) Die hydraulischen G. benutzen das Wasser entweder nur als Kolben (Wassertonnen-, Glockengebläse, Cagniardelle) oder zugleich direkt als Beweger (Wassertrommel-, Kettengebläse); sie liefern feuchten, schwach gepreßten Wind und frieren leicht ein, deshalb sind sie trotz ihrer meist einfachen Konstruktion nur noch wenig im Gebrauch. Fig. 9: Wassertrommelgebläse. AB Stehende, mindestens 4 m hohe Röhre, welche aus einem Reservoir E mit Wasser gespeist wird. Dieses reißt beim Niederfallen durch die Öffnungen A Luft mit fort, welche beim Aufschlagen des Wassers auf dem Brechtisch K sich davon trennt, in dem Reservoir (Windkasten) R sich ansammelt und komprimiert durch die stehende Röhre C, in welcher sich noch Feuchtigkeit

Fig. 9.
Wassertrommelgebläse.

absetzt, dann durch die Düse D strömt. Das Wasser fließt bei F aus R ab. Z Stopfen zur Regulierung des Wassereinflusses. Das von Henschel erfundene Kettengebläse oder Paternostergebläse ist eine Scheibenkunst (s. Paternosterwerke), deren Röhre mit dem untern Ende in einen von unten mit Wasserabschluß versehenen Windkasten mündet. Am obern Ende der Röhre zufließendes Wasser setzt die Kette in Bewegung, füllt aber den Raum zwischen zwei Scheiben nur zum Teil an, so daß die mit eingeschlossene Luft in den Windkasten und von da in die Windleitung gedrückt wird. Das Tonnengebläse sowie das Glockengebläse von Baader, welches wegen seiner im Harz häufigen Verwendung zur Grubenventilation auch Harzer Wettersatz hieß, sind veraltet. Fig. 10: Cagniardelle (Schrauben-, Spiral-, Waldhorngebläse), von Cagniard-Latour erfunden. A Hohlwelle, durch vier blecherne Schraubengewinde C mit dem Blechmantel B verbunden und in einem Wasserbassin G etwa 20° geneigt gelagert. Beim Umtrieb der Welle mittels des Getriebes FF nimmt die betreffende, über dem Wasserspiegel befindliche Mündung des Schraubenganges Luft ein, welche durch den Spiralgang in den untern Raum des Cylinders gepreßt wird und hier durch das Rohr H ausströmt. E Öffnung zum Wasseraustritt. Auch

Fig. 10.
Schraubengebläse (Cagniardelle).

dieses mit manchen Vorzügen ausgestattete G. (Nutzeffekt bis 80 Proz.) leidet an den allen hydraulischen Gebläsen gemeinsamen Übelständen. Neu ist Wellners Zellenradgebläse (Fig. 11 u. 12). Dieses

Fig. 12.
Seitenansicht.
Fig. 11.
Durchschnitt.
Wellners Zellenradgebläse.

beruht darauf, daß in einem mit der Öffnung nach unten in Wasser eingetauchten, lufterfüllten Gefäß die Luft entsprechend der Tiefe der Eintauchung durch den Wasserdruck komprimiert wird und beim Umkehren des Gefäßes unterhalb eines unter Wasser befindlichen, unten offenen Reservoirs in letzteres entweicht. Das Wellnersche G. besteht aus einem über die Hälfte in Wasser tauchenden Rad R, an dessen Umfang nach dem Radinnern zu offene Zellen angebracht sind, welche bei der Rotation im Sinn des Pfeils mit der Öffnung voran eingetaucht werden und dadurch ihren Luftinhalt in die Wassertiefe hinabziehen, dabei der wachsenden, darüber lastenden Wassersäule entsprechend verdichten u. schließlich unter Wasser in einen Windsammler W abblasen, von wo aus die Luft ihrem Bestimmungsort durch das Rohr AD zugeführt wird. Die Zellen füllen sich dabei unten vollständig mit Wasser und gießen dasselbe, sobald sie über dem Niveau des Wassers im Gefäß G hervortreten, [978] aus, um neue Luft aufzunehmen, die wieder unter das Wasser herabgezogen und verdichtet wird. So wirkt Zelle um Zelle kontinuierlich in gleicher Weise, so daß die Luftlieferung stetig andauert. Die Höhendifferenz H der beiden Wasserspiegel in G und W gibt das Maß der gewonnenen Windpressung an. Der Antrieb des Gebläses erfolgt mittels des kleinen in den Zahnkranz Z eingreifenden Zahnrades S.

B. Zweite Hauptgruppe.

Bei der zweiten Hauptgruppe der G. wird der zur Kompression und Fortbewegung der Luft nötige Druck erzeugt durch eine ihr erteilte heftige Bewegung mit Hilfe der angesammelten lebendigen Kraft. Hierher gehören 1) die Zentrifugalventilatoren, in der Herstellung und Erhaltung billige, wenig Raum einnehmende G., welche zwar große Windmengen, jedoch von nicht hoher Pressung ergeben bei einem Nutzeffekt von nur 20–30 Proz. (Kolbengebläse ca. 50, Cagniardelle

Fig. 13.
Flügelradgebläse (Zentrifugalventilator).

ca. 80 Proz.). Ihre Anwendung erstreckt sich auf Herd-, Flamm- und Kupolöfen, Schmiedefeuer, Gasgeneratoren etc. Fig. 13: Zentrifugalventilator (Flügelradgebläse). D Gehäuse von Blech mit zentraler Lufteinströmungsöffnung AA und der Achse C, an welcher Blechflügel B befestigt sind. Bei schneller Rotation des Flügelrades wird Luft durch die zentrale Öffnung eingesogen und nach der Peripherie hin geschleudert, wo sie im komprimierten Zustand durch das Rohr F ausströmt. Die Konstruktionen der Zentrifugalgebläse sind, was die Stellung und Krümmung der Flügel, die Lusteinströmung, die Gehäuseform etc. betrifft, sehr verschieden. Eine neuere Form, wie sie in Bergwerken zur Ventilation (Wetterführung) benutzt wird, ist der in Tafelfig. 14 abgebildete Schrauben- und Zentrifugalventilator von Pelzer. Bei diesem sind die Flügel auf einem kegelförmigen Körper schräg aufgenietet, so daß sie außer der Zentrifugalkraft auch eine schraubende Wirkung hervorbringen. Der Ventilator steht vor einer runden Maueröffnung, in welche der Ventilationsschacht (Wetterschacht) des Bergwerks mündet, und saugt die Luft aus diesem ins Freie. 2) Dampfstrahlgebläse beruhen auf der physikalischen Erscheinung, vermöge deren ein in ein Rohr geleiteter Dampfstrahl die angrenzende Luft mit sich fortreißt (s. Strahlapparate). Zu diesen gehören die Körtingschen Dampfgebläse und die Blasrohre der Lokomotiven. Tafelfig. 15 zeigt einen Körtingschen Dampfstrahlventilator für Gruben. A Mündung des Wetterschachtes, B Dampfzuführungsrohr, C Dampfregulierspindel. Der Dampf strömt aus dem konischen Endstück von B in einen etwas weitern Konus und reißt dabei durch den zwischen beiden bleibenden ringförmigen Zwischenraum Luft mit. Der aus dem zweiten Konus austretende Luft- und Dampfstrom bläst in einen dritten noch weitern Konus hinein, wieder Luft mitreißend u. s. f. bis zu dem fünften Konus D, aus welchem der Luftstrom durch das sich erweiternde Rohr E ins Freie geführt wird.

Die Windregulatoren bezwecken eine Umwandlung des von manchen Gebläsen (Bälgen, Cylindergebläsen etc.) stoßweise ausgehenden Windes in einen möglichst kontinuierlichen Windstrom. Man unterscheidet: 1) Regulatoren mit unveränderlichem Volumen, Sammelbehälter mit festen, unbeweglichen Wänden von dem vielfachen (zweckmäßig 40–60fachen) Volumen des Gebläsecylinders, seltener gemauert als in Gestalt blecherner Kugeln (Ballonregulator) oder Cylinder, zuweilen auch langer und weiter Windleitungsröhren. Die an dem einen Ende stoßweise eintretende Luft strömt, indem beim Durchgang durch den Regulator ihre Schwankungen sich ausgleichen, am andern Ende in um so mehr kontinuierlichem Strom aus, je mehr die Größe des Regulators im Verhältnis steht zu der Stärke der Windpressung. 2) Regulatoren mit veränderlichem Inhalt. Dieselben, von geringerm Volumen, bestehen entweder in einem belasteten, auf den stoßweise zuströmenden Wind drückenden und in einem offenen Cylinder oder Kasten gleitenden Kolben oder kolbenartig wirkenden Körper (Trockenregulatoren), oder in einem das Reservoir nach unten abschließenden Wasserniveau, wobei die Windschwankungen durch den Druck einer Wassersäule beseitigt werden. a) Trockenregulatoren. Dieselben kommen für mindere Pressung als Leder-, für höhere als Kolben- oder Reibungsregulatoren in Anwendung. Bei Schmiedefeuern sehr viel verwendet ist ein Lederbalg mit belastetem Deckel, der auf einem Wind erzeugenden Balg in der Weise angebracht ist, daß der erzeugte Wind durch ein Ventil in den Regulator tritt. Der gleichmäßige Druck auf den Deckel desselben bringt dann einen gleichmäßigen Windstrom hervor. Kolbenregulatoren, wegen Windlässigkeit wenig gebräuchlich, sind wie stehende, einfach wirkende Gebläsecylinder eingerichtet mit Zu- und Abführungsrohr, aber ohne Saug- und Druckventile. Der unter Gewichtsbelastung stehende Kolben besorgt die Regulierung des Windstroms. b) Wasserregulatoren. Einfach und billig in ihrer Konstruktion, eignen sich dieselben besonders für kleinere G., geben aber leicht feuchten Wind und machen bei Frostwetter Schwierigkeiten. Volumen etwa ein- bis viermal so groß als dasjenige des Gebläsecylinders. Die Wasserregulatoren sind in ihrer Einrichtung den Baaderschen Glockengebläsen ähnlich. Dadurch, daß die unter Gewichts- oder Federbelastung stehende Glocke dem durch ein Einströmungsrohr erfolgenden Windstoß nachgeben kann, wird derselbe beinahe beseitigt, so daß der Wind durch die Belastung der Glocke in regelmäßigem Strom aus einem Ausströmungsrohr hinausgepreßt wird.

Windleitungen, Düsen, Formen. Der vom G. oder aus dem Regulator gelieferte Wind wird entweder direkt durch die Windleitung dem betreffenden Ofen zugeführt, oder vorher noch erhitzt (s. Winderhitzungsapparate). Selten tritt der Wind aus dem G. durch eine Düse direkt in den Ofen (lederne und hölzerne Bälge), meist zuvor in eine meist aus Gußeisen-, seltener aus Eisenblechrohren oder Mauerwerk bestehende Windleitung. Die konische Gestalt der Düse hat sich in Bezug auf Reibungs- und Geschwindigkeitsverhältnisse des Windes am besten bewährt. Muß die Richtung der Düse öfters verändert werden, so macht man sie bei kaltem Winde durch einen eingeschalteten Lederschlauch, bei heißem Winde [979] durch Kugelgelenke und teleskopartige Verschiebbarkeit beweglich. Fig. 16. Düseneinrichtung. a Hauptwindleitungsrohr; b von demselben zur Form n abführendes Zweigrohr mit Regulierklappe c; d Kniestück, durch Schrauben e an b zu befestigen, mit Einsatzstück f behufs der Dichtung versehen; g Düse, mit dem Rohr h durch ein Kugelgelenk i verbunden und mit der Schraubenstange k zum Hinundherschieben des Rohrs h in d versehen, o Einsatzstück zum Anschluß der Düse; l Federn an der Düse zu deren Feststellung in Vertiefungen des Randes von h; m Spähöffnung mit Glimmer- oder Glasdeckel. Die Düse erhält

Fig. 16.
Düseneinrichtung.

ihr Auflager in der Form n, einem abgestumpften Kegel aus Eisen, Kupfer oder Bronze, welcher in der Ofenwandung eingemauert ist und bei hoher Ofentemperatur häufig mit Wasserkühlung versehen

Fig. 17.
Wasserform.

ist (Wasserform). Fig. 17: Wasserform. Kaltes Wasser tritt von oben in die Form ein und nimmt bis zu seinem unten erfolgenden Abfluß aus den Formwänden Wärme auf.

Windberechnung. Es ist wichtig, die in einen Ofen etc. eingeblasene Windmenge zu kennen, da von deren Sauerstoffgehalt die Verbrennung von mehr oder weniger Brennmaterial in einer Zeiteinheit und somit die Hitzeentwickelung abhängt. Man bestimmt einmal die vom G. eingesogene Luftmenge durch Multiplikation seines Rauminhalts mit der Anzahl der Auspressungen. Aber die so gefundene Menge kommt nicht wirklich in den Ofen, weil in der Röhrenleitung durch Reibung und Undichtigkeiten ein Verlust stattfindet. Es wird deshalb zweckmäßiger das das Düsenende verlassende Windquantum ermittelt, indem man den Querschnitt der Düse mit der Geschwindigkeit des dieselbe verlassenden Windes, welche mit Hilfe von Manometermessungen zu berechnen ist, multipliziert. Hilfsmittel bei der Windberechnung sind: Windtabellen, Diagramme und Rechenschieber.

Geschichtliches. Daß den ältesten Kulturvölkern außer den Blasrohren auch eine Art Blasebalg bekannt war, ist aus vielen Abbildungen zu ersehen; so stellt eine Abbildung aus Theben etwa vom Jahr 1500 v. Chr. einen Metallschmelzprozeß dar, bei welchem Ledersäcke von zwei Männern abwechselnd niedergetreten (Blaseperiode) und an Stricken wieder hochgezogen (Saugeperiode) werden. Lederbälge (speziell Spitzbälge) waren den Römern unzweifelhaft bekannt (vielleicht auch schon den Griechen), ja Cylindergebläse wurden zur Zeit Vitruvs von ihnen für Orgelwerke benutzt. Im 16. Jahrh. n. Chr. waren neben ledernen Spitzbälgen auch Kastenlederbälge in Gebrauch. In demselben wurden die ersten Holzbälge und zwar in Deutschland verfertigt. Am Unterharz soll man dieselben bereits 1620 benutzt haben. Im 17. Jahrh. wurde das Wassertrommelgebläse in Italien erfunden, welches schon 1665 in Tivoli bei Rom zum Messingschmelzen verwandt wurde. Das erste eiserne Cylindergebläse wurde 1760 von Smeaton für ein schottisches Eisenwerk gebaut. 1769 findet man schon Cylindergebläse zur Beschaffung von 1500 Kubikfuß Wind pro Minute. Das Glockengebläse stammt aus derselben Zeit; in Spanien erfunden, war es bereits 1775 in der Bretagne in Anwendung und wurde später durch Baader in Deutschland bekannt gemacht (daher Baadersches G.). Die Cagniardellen wurden 1809 von Cagniard-Latour angegeben, um 1820 die Henschelschen Kettengebläse erfunden und in Frankreich die Tonnengebläse bekannt. Die zum Wasserpumpen schon im 17. Jahrh. verwendeten Kapselräder und die im 18. Jahrh. bekannten Zentrifugalpumpen wurden erst im ersten Viertel unsers Jahrhunderts als G. benutzt. Die G. der Gegenwart sind die Cylindergebläse, Zentrifugalgebläse und auch wohl die Kapselgebläse sowie die Dampfstrahlgebläse. Erstere sind da an ihrer Stelle, wo es sich um die Erzeugung großer Windquantitäten von großem Druck handelt, also bei Hochöfen, Bessemereien etc. Sie erhalten deshalb häufig ungeheure Dimensionen, z. B. Gebläsecylinderdurchmesser bis 3 m, und ergeben Wind von einer Spannung bis 1/3 Atmosphäre Überdruck.

Vgl. Weisbach, Ingenieur- und Maschinenmechanik, Bd. 3 (2. Aufl., Braunschw. 1876 ff.); Redtenbacher, Resultate für den Maschinenbau (6. Aufl., Heidelb. 1875); v. Hauer, Die Hüttenwesens-Maschinen (2. Aufl., Wien 1877); Kerl, Handbuch der metallurgischen Hüttenkunde, Bd. 1 (2. Aufl., Freiberg 1861–65); Derselbe, Grundriß der allgemeinen Hüttenkunde (2. Aufl., Leipz. 1879); Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde, Bd. 2, Abt. 2 (Braunschw. 1873); Rühlmann, Allgemeine Maschinenlehre, Bd. 4 (das. 1875).