MKL1888:Grotesk

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Grotesk“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 7 (1887), Seite 849
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Grotesk. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 7, Seite 849. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Grotesk (Version vom 09.03.2021)

[849] Grotesk (ital. grottésco), Bezeichnung einer Gattung des Niedrig-Komischen in der Litteratur, der Musik und den bildenden Künsten, welche das Närrisch-Seltsame, das abenteuerliche Zusammenstellen heterogener Gegenstände, ein Produkt ungezügelter Phantasie, in sich faßt. Als Grotesken bezeichnet man insbesondere die von der Renaissancemalerei gegen Ende des 15. Jahrh. eingeführte Ornamentik, zu welcher das Vorbild in unterirdischen Gebäuden (Thermen und Kaiserpalästen) des alten Rom (den sogen. grotte) gefunden wurde. Diese Grotesken bestehen aus einer symmetrischen Verschlingung von stilisiertem Pflanzenwerk mit phantastischen Menschen- und Tiergestalten, mit Satyrn, Kentauren und ähnlichen Fabelwesen, mit Köpfen, Masken u. Fruchtschnüren, mit Vögeln und Insekten, Waffen, Gefäßen u. dgl. Die höchste und reichste Ausbildung erlangten die Grotesken in den Loggien des Vatikans durch Raffael, Giovanni da Udine und Perino del Vaga (s. Tafel „Ornamente III“, Fig. 7). Letzterer brachte den Groteskenstil nach Genua (Palazzo Doria, s. Tafel „Ornamente III“, Fig. 2, 3, 6, 13), Giulio Romano nach Mantua (Palazzo del Tè). Vgl. Flögel, Geschichte des Groteskkomischen (Liegn. 1778; neue Ausg. von Ebeling, Leipz. 1886); Wright, History of caricature and the grotesque in literature and art (Lond. 1875). – In deutschen Buchdruckereien heißt G. (Grotesque) eine lateinische (Antiqua-) Schrift ohne Haarstriche in geraden, glatt gehaltenen Linien (s. Schriftarten).