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MKL1888:Hansemann

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Hansemann“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Hansemann“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 8 (1887), Seite 146147
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Hansemann. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 8, Seite 146–147. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Hansemann (Version vom 11.07.2023)

[146] Hansemann, David Justus Ludwig, preuß. Staatsmann, geb. 12. Juli 1790 zu Finkenwerder bei Hamburg als der Sohn eines Predigers, erlernte den Kaufmannsstand zu Rheda in Westfalen und führte die Geschäfte einer Handlung in Elberfeld, bis er sich 1817 mit geringen Mitteln zu Aachen als Wollhändler etablierte. Er gründete hier 1824 die Aachener Feuerversicherungsgesellschaft, die unter seiner Leitung bald eins der geachtetsten Institute Deutschlands wurde, und stiftete 1834 den Verein zur Beförderung der Arbeitsamkeit unter den ärmern Volksklassen; das namhafteste Verdienst erwarb er sich aber durch die Aufmerksamkeit, die er dem Eisenbahnwesen zuwendete. Nicht nur durch seine Schriften: „Die Eisenbahnen und deren Aktionäre in ihrem Verhältnis zum Staat“ (Leipz. u. Halle 1837) und „Preußens wichtigste Eisenbahnfrage“ (das. 1837), denen er später eine „Kritik des preußischen Eisenbahngesetzes von 1838“ (Aach. 1841) und die Schrift „Über die Ausführung des preußischen Eisenbahnsystems“ (Berl. 1843) folgen ließ, sondern auch durch persönliche Vermittelung beförderte er den Bau der Eisenbahn von Köln über Aachen an die belgische Grenze, worauf er 1838 zum Handelsgerichtspräsidenten ernannt wurde. Um sich ungeteilt den öffentlichen Angelegenheiten widmen zu können, gab er sein Handelsgeschäft auf und trat 1845 als Abgeordneter in den rheinischen Provinziallandtag, nachdem seine frühere Wahl wegen zweier gegen die preußische Staatsverfassung und Verwaltung gerichteter Schriften nicht bestätigt worden war. Auf dem Vereinigten Landtag (1847) war H. einer der hervorragendsten Führer der freisinnigen Opposition, zeichnete sich als Redner durch [147] Klarheit des Vortrags sowie durch parlamentarischen Takt aus und verfocht mutig durch mehrere Anträge die Rechte der Versammlung dem Ministerium gegenüber. Als es nach der Erhebung im März 1848 die öffentliche Meinung zu versöhnen galt, erhielt H. das Portefeuille der Finanzen. Nach Camphausens Rücktritt (25. Juni) bildete er mit Auerswald, Kühlwetter u. a. ein neues Kabinett, das aber schon 28. Sept. wieder zurücktrat. Denn wenn er auch durch seine ausgezeichnete Finanzverwaltung in stürmischer Zeit dem Staatshaushalt den Kredit zu erhalten wußte, so gelang ihm doch das schwierigere Werk, den Ausbau der Verfassung friedlich durchzuführen, sowenig wie seinen Vorgängern. In der deutschen Frage wollte er bloß einen politisch-kommerziellen Verband nach Art des Zollvereins, keinen förmlichen Bundesstaat, und er widersprach daher ebensowohl der deutschen Reichsverfassung vom 28. März 1849 wie der Union. Seine Ansichten über diesen Punkt legte er in den Schriften: „Die deutsche Verfassungsfrage“ (Frankf. 1848), „Die deutsche Verfassung vom 28. März 1849“ (Berl. 1849) und „Das preußische und deutsche Verfassungswerk“ (das. 1850) nieder. Nach seinem Rücktritt vom Ministerium ward H. zum Chef der Preußischen Bank und der Seehandlung ernannt. Als Mitglied der Ersten Kammer unterstützte er das Ministerium Brandenburg-Manteuffel in dessen Streben nach Wiederherstellung der gesetzlichen Ordnung, sah sich aber bald durch das damals immer mehr zur Geltung kommende Regierungssystem zur Opposition gedrängt. Die Folge davon war seine Entlassung als Bankdirektor (im März 1851). Er gründete hierauf die Berliner Diskontogesellschaft, die er zu einem der bedeutendsten Bankinstitute Deutschlands erhob. In der merkantilen Welt sehr angesehen, führte er 1862 den Vorsitz auf dem Münchener Handelstag. H. starb 4. Aug. 1864 in Schlangenbad. – Sein Sohn Adolf, geb. 27. Juli 1826 zu Aachen, seit 1857 Mitinhaber und nach des Vaters Tode Direktor der Diskontobank, wurde 1872 in den Adelstand erhoben; er steht an der Spitze der 1885 gegründeten Neuguinea-Kompanie. – Der jüngere Sohn, Gustav, geb. 22. Juni 1829 zu Aachen, machte sich durch mehrere Schriften bekannt: „Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Zollvereins“ (Berl. 1863); „E. v. Hartmanns Philosophie des Unbewußten für das Bewußtsein weiterer Kreise“ (Leipz. 1874); „Die Atome und ihre Bewegungen“ (das. 1871).


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 419
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[419] Hansemann, David. Ein Denkmal des frühern Finanzministers ward 29. Sept. 1888 zu Aachen enthüllt.