MKL1888:Identität
[875] Identität (neulat.), Einerleiheit, herrscht im weitern Sinn zwischen Begriffen, wenn sie miteinander vertauscht werden können (Wechselbegriffe), im engern Sinn, wenn sie ein und derselbe Begriff sind. Erstere Art der I. findet zwischen Begriffen statt, welche bei verschiedenem Inhalt denselben Umfang besitzen (z. B. gleichseitiges Dreieck und gleichwinkeliges Dreieck, denn jedes Dreieck der erstern ist zugleich eins der letztern Art). Die zweite Art der I. findet zwischen Begriffen statt, deren Inhalt und Umfang derselbe ist. Während die erstere Art nur zwischen gewissen (den sogen. Wechsel-) Begriffen, findet letztere bei jedem Begriff ohne Ausnahme statt, denn jeder Begriff ist nach dem Denkgesetz: A = A, welches darum principium identitatis heißt, mit sich selbst identisch. Umgekehrt ist derselbe aber mit seinem Gegenteil nicht identisch, d. h. von jedem A gilt, daß es nicht = non A sei, was man den Satz (oder das Denkgesetz) des Widerspruchs (principium contradictionis) nennt, welcher nichts andres als die Umkehrung des Identitätsprinzips ist. Insofern bei gewissen philosophischen Systemen behauptet wird, daß zwischen gewissen für fundamental gehaltenen Gegensätzen, wie z. B. Subjekt (Wahrnehmendes) und Objekt (Wahrgenommenes) oder Denken (welches das Wesen des Geistes) und Ausdehnung (welche das Wesen der Materie ausmacht), I. herrsche, werden diese Systeme selbst (Schellings Naturphilosophie, Spinozas Alleinheitslehre) Identitätssysteme genannt.