MKL1888:Kriegserklärung

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Kriegserklärung“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 10 (1888), Seite 211
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Kriegserklärung. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 10, Seite 211. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Kriegserkl%C3%A4rung (Version vom 08.10.2023)

[211] Kriegserklärung, die Ankündigung der Aufhebung des Friedenszustandes zwischen verschiedenen Mächten vor Beginn eines Kriegs. Schon in den ältesten Zeiten erklärte eine kriegführende Macht, wenn sie nicht zu roh oder auf Eroberungs- oder Raubzügen begriffen war, der zu bekriegenden den Krieg, meist unter gewissen symbolischen Gebräuchen. So schickten z. B. die Athener einen Widder ins feindliche Gebiet zum Zeichen, daß dieses Weideplatz werden solle, oder warfen eine Lanze in Feindes Land oder Stadt. Die Perser verlangten durch einen Herold Erde und Wasser zum Zeichen der Unterwerfung. Am feierlichsten war die K. bei den Römern durch die Fetialen (s. d.). Bei den Franken wurden ebenfalls Herolde zu dem Feind geschickt, welche diesem den Krieg anzeigten und einen Pfeil in sein Gebiet schossen. Im Mittelalter hieß bei den Deutschen die K. „Absagung“ (Diffidatio). Bei den Franzosen mußten 40 Tage zwischen Absagen und Angriff verlaufen sein. Wer vor dieser Zeit angriff, war des Todes schuldig. Später kam die Sitte des Absagens wieder in Verfall, und viele Kriege wurden ohne K. begonnen. Erst mit der Mitte des 17. Jahrh. wurde wieder angenommen, daß nicht eher Feindseligkeiten verübt werden dürften, bis der Krieg durch Kriegsmanifeste erklärt worden sei. Doch unterblieb das Erlassen von Manifesten zuweilen auch wieder ganz oder erfolgte erst mit dem Ausbruch des Kriegs selbst. So fiel Friedrich II. im August 1756 ohne K. in Sachsen ein, indem er die ihm bekannt gewordenen Pläne der gegen ihn verbündeten Mächte als solche betrachtete. Napoleon I. erließ oft nur einen Aufruf an sein Heer, in welchem er demselben ankündigte, daß der Krieg begonnen habe. In neuerer Zeit folgt dem Abbruch der resultatlos gebliebenen Unterhandlungen und des diplomatischen Verkehrs, also der Abberufung der Gesandten, welch letztere „ihre Pässe erhalten“, in der Regel der Erlaß eines Kriegsmanifestes, welches die Bestimmung hat, den eignen Unterthanen, dem Feind und namentlich auch den neutralen Mächten den Grund des Kriegs zu erklären. Zuweilen pflegt die K. auch in bedingter Form zu geschehen, indem eine letzte Frist (Ultimatum) zur Erfüllung der als unabweisbar hingestellten Forderungen gesetzt wird, nach deren fruchtlosem Ablauf die Feindseligkeiten beginnen würden.