MKL1888:Magnētelektrizität

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Magnētelektrizität“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 8182
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Magnētelektrizität. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 81–82. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Magn%C4%93telektrizit%C3%A4t (Version vom 22.11.2023)

[81] Magnētelektrizität. Sämtliche Wirkungen eines Magnets lassen sich aus der Annahme erklären, daß der Magnet unaufhörlich von elektrischen Strömen umflossen sei, welche, vom Südpol S (Fig. 1) aus gesehen, in der Richtung des Uhrzeigers kreisen (Ampères Theorie des Magnetismus, s. Elektrodynamik).

Fig. 1. Die Ampèreschen Ströme eines Magnets.

Da der Magnet hiernach einer vom Strom durchflossenen Drahtspule gleich zu achten ist, so muß er in einem geschlossenen Leitungsdraht, wenn er in der Nähe desselben bewegt wird, elektrische Ströme hervorrufen (induzieren), welche denselben Gesetzen unterworfen sind wie die von wirklichen Stromleitern erzeugten Induktionsströme (s. Induktion). Man nennt diesen Vorgang Magnetinduktion. Schiebt man z. B. in die hohle Drahtspule A (Fig. 2), deren Drahtenden durch das Galvanometer M geschlossen sind, den Magnetstab NS ein, so zeigt die Ablenkung der Magnetnadel des Galvanometers sofort einen die Drahtwindungen durchfließenden Strom an, welcher die entgegengesetzte Richtung hat wie die Ströme, von welchen wir annehmen, daß

Fig. 2. Magnetinduktion.

sie den Magnet umkreisen. Dieser „induzierte“ Strom dauert aber nur so lange, als der Magnet in Bewegung ist; bleibt derselbe ruhig innerhalb der Spule, so kehrt die Nadel nach einigen Schwingungen in ihre Ruhelage zurück. Zieht man jetzt den Magnet wieder aus der Spule heraus, so entsteht in letzterer ein ebenfalls nur ganz kurz dauernder Strom, welcher mit den den Magnet umkreisenden Strömen gleichgerichtet ist und daher die Magnetnadel nach der entgegengesetzten Seite wie vorhin ablenkt. Der beim Annähern des Magnets induzierte Strom wirkt nach den Gesetzen der Elektrodynamik (s. d.) abstoßend auf den Magnet, der beim Entfernen induzierte dagegen anziehend; der Induktionsstrom setzt also der jeweiligen Bewegung des Magnets einen Widerstand entgegen, zu dessen Überwindung eine gewisse Arbeitsmenge aufgewendet werden muß, welcher die Energie des erzeugten Induktionsstroms entspricht. Nicht nur in geschlossenen Drahtwindungen, sondern auch in jedem massiven Leiter, gegen welchen ein naher Magnet seine Lage irgendwie ändert, werden stets Ströme von solcher Richtung induziert, daß die elektrodynamische Wirkung zwischen ihnen und dem Magnet eine der wirklichen entgegengesetzte Bewegung hervorzubringen strebt. Läßt man z. B. einen wagerecht aufgehängten Magnetstab innerhalb einer feststehenden kupfernen Hülse schwingen, so wirken die in der Hülse von ihm hervorgerufenen Ströme hemmend auf seine Bewegung ein, und er kommt weit eher zur Ruhe, [82] als wenn man ihn frei schwingen ließe; von diesem Mittel zur Dämpfung der Schwingungen eines Magnetstabs wird bei Galvanometern Gebrauch gemacht. Ebenso wirkt ein feststehender Magnet, in dessen Nähe ein Leiter bewegt wird, auf die Bewegung des letztern hemmend ein. Führt man z. B. ein Messingblech zwischen den Polen eines starken Elektromagnets hindurch, so fühlt man einen Widerstand, als wenn man durch eine zähe Substanz, wie Käse, hindurchschnitte. Die Bewegungsenergie, welche der bewegte Leiter durch diesen „magnetischen Reibungswiderstand“ verliert, wird wie bei der gewöhnlichen Reibung in Wärme verwandelt: der bewegte Leiter erwärmt sich. Die Rückwirkung der in einem bewegten Leiter durch einen Magnet induzierten Ströme vermag sogar den letztern in Bewegung zu setzen, was durch folgenden Versuch nachgewiesen wird. Über einer wagerechten Kupferscheibe, welche durch eine Zentrifugalmaschine in rasche Umdrehung versetzt werden kann, hängt eine in wagerechter Ebene drehbare Magnetnadel. Wird nun die Kupferscheibe in hinreichend rasche Drehung versetzt, so dreht sich auch die Magnetnadel in demselben Sinn wie die Scheibe. Arago bezeichnete diese Erscheinung mit dem Namen Rotationsmagnetismus. Auch der Erdmagnetismus vermag in einem bewegten Leiter

Fig. 3. Erdinduktionsapparat.

Ströme zu induzieren. Als Erdinduktionsapparat (Fig. 3) kann ein kreisförmiger Rahmen MN mit möglichst großem Durchmesser dienen, auf dessen Umfang zahlreiche Windungen übersponnenen Kupferdrahts gewickelt sind, und welcher um eine wagerechte Achse drehbar ist. Steht diese Achse senkrecht zum magnetischen Meridian und die Ebene des Rahmens senkrecht zur Inklinationsrichtung (s. Magnetismus, S. 87), und läßt man die Achse rasch eine halbe Umdrehung machen, so beobachtet man an einem eingeschalteten Galvanometer einen Induktionsstrom, dessen Stärke der des Erdmagnetismus proportional ist.