MKL1888:Manna

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Manna“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 194195
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Manna. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 194–195. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Manna (Version vom 16.12.2023)

[194] Manna, zuckerartige Substanz, welche von manchen Pflanzen freiwillig oder nach Einschnitten oder Insektenstichen, ausgeschieden wird. Die offizinelle Eschenmanna stammt von der Mannaesche (Fraxinus ornus L., s. Esche), welche behufs der Mannagewinnung im nördlichen Sizilien kultiviert wird. Man läßt die Bäumchen 8–10 Jahre alt werden und macht dann Einschnitte in die Rinde, aus welcher ein schnell erstarrender Saft ausfließt, der die M. bildet. Man kann denselben Baum 12–20 Jahre benutzen, indem man jedes Jahr neue Einschnitte macht. Dann aber ist er erschöpft, man fällt ihn und erzieht neue Triebe, die in 4–5 Jahren Erträge liefern. Im Handel unterscheidet man stängelige M. (M. cannellata), in leichten, halbröhrenförmigen, geschichteten, durch und durch kristallinischen, schwach eigentümlich riechenden, rein süß schmeckenden Stücken, und weiche M. (M. communis), in mißfarbigen, schmierigen Massen, mit schleimigem, kratzendem Beigeschmack. Die M. besteht vorwiegend aus Mannit (bis 70 und 80 Proz.), neben welchem, am meisten in den geringern Sorten, Zucker, Schleim und wenig Harz vorkommen. Der Aschengehalt der besten Mannasorte beträgt 3,6 Proz., der Wassergehalt der geringsten Sorten 10–15 Proz. Die M. dient als mildes Laxans. Ähnliche Ausschwitzungen auf andern Pflanzen enthalten nur Zucker, Dextrin und nicht Mannit. Die Eichenmanna entsteht in Mesopotamien, Kurdistan und Persien auf mehreren Eichen, besonders auf verschiedenen Formen von [195] Quercus Vallonea Kotschy und Q. persica Jaub et Spach, durch den Stich einer Schildlaus (Coccus) und erstarrt zu farblosen, abfallenden Tropfen. Man sammelt die mit der M. bedeckten Blätter und wiegt sie, so daß sie eine graugrünliche Masse darstellen; auch löst man die M. in Wasser, verdampft die Lösung zu Sirupsdicke, mischt sie mit Mehl und trocknet die Masse, welche ein beliebtes Konfekt darstellt, auf Leinwand an der Sonne. Das in Persien sehr beliebte Ges-engebin stammt von Astragalussträuchern und wird mit Eiweiß, Mandeln, Pistazien etc. zu einem allgemein gebräuchlichen Konfekt verarbeitet. Die Tamariskenmanna entsteht auf Tamarix gallica var. mannifera Ehr. durch den Stich einer Schildlaus, aber, wie es scheint, nur unter bestimmten klimatischen Verhältnissen, daher nicht überall, wo die Pflanze wächst, auch nicht in jedem Jahr. Sie wird auf der Sinaihalbinsel gesammelt und von den Mönchen des Klosters als biblische M. verkauft. Es scheint aber sicher zu sein, daß die M. der Bibel ebensowenig Tamariskenmanna wie das Ter-engebin (Fruchthonig, Alhagimanna), welches in Chorasan auf Alhagi Maurorum entsteht und abführend wirkt, gewesen sei. Viel besser passen die Angaben der Bibel auf eine Flechte, Lecanora esculenta, welche in den betreffenden Gegenden so überraschend auftritt, daß die Juden erstaunt fragen konnten: Man-hu? Was ist das? (s. Lecanora). Erwähnenswert sind noch: die M. von Briançon, von der Lärche (Pinus Larix) auf den Bergen bei Briançon gesammelt; die australische M. von Eucalyptus viminalis und die Lerpmanna, welche durch den Stich einer Psylla auf Eucalyptus dumosa Cunn. gebildet wird und aus Fäden einer zwischen Stärkemehl und Cellulose die Mitte haltenden Substanz besteht, welche mit Zucker überzogen ist.