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MKL1888:Mond

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Mond“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 739744
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Mond. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 739–744. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Mond (Version vom 04.12.2024)

[739] Mond (lat. Luna, hierzu die „Mondkarte“ und Tafel „Mondlandschaften“), der unsrer Erde am nächsten stehende Himmelskörper, läuft in einer mittlern Entfernung von 384,420 km = 60,27 Erdhalbmessern in Zeit von 27 Tagen 7 Stund. 43 Min. 11,5 Sek. (vgl. Monat) um die Erde, indem er dabei gleichzeitig an der Bewegung der letztern um die Sonne teilnimmt. Seine wahre Bahn im Weltraum ist daher eine teilweise innerhalb, teilweise außerhalb der Erdbahn liegende Wellenlinie ohne Schlingen. Da die Exzentrizität seiner Bahn 0,05491 ist, so schwankt sein Abstand von der Erde zwischen 405,500 u. 363,300 km. Die Bahn ist 5°8′47,9″ gegen die Erdbahn geneigt. Übrigens weicht die Bewegung des Mondes um die Erde infolge der Anziehung der Sonne und der Planeten erheblich von der rein elliptischen ab, und insbesondere sind die unter den Namen Evektion, Variation und jährliche Gleichung bekannten Störungen

[Beilage]

[Ξ]

DER MOND.
Nach Beer u. Mädler’s Karte.

[740] von kurzer Periode beträchtlich. Von den säkularen Störungen sind besonders die Bewegungen der Knoten und Apsidenlinie bemerkenswert: die erstere geht jährlich durchschnittlich 191/3° zurück und vollendet in 18 Jahren 218 Tagen einen vollen Umlauf gegen die Ordnung der Zeichen; die Apsidenlinie aber macht bei jedem Mondumlauf eine Drehung von ungefähr 3° in direkter Richtung, sie dreht sich also in einem Jahr um etwa 402/3° und vollendet einen ganzen Umlauf in 8 Jahren 310 Tagen. Während eines Umlaufs um die Erde rotiert der M. zugleich einmal um eine um 931/2° gegen die Ebene seiner Bahn geneigte Achse, weshalb er uns immer im wesentlichen dieselbe Seite zukehrt; durch die Ungleichförmigkeit seiner Bewegung werden aber scheinbare Schwankungen oder Librationen (s. d.) hervorgerufen, infolge deren wir mehr als die Hälfte der Mondoberfläche sehen.

Größe und Gestalt. Phasen.

In mittlerer Entfernung erscheint uns der M. als eine Scheibe von 31′4,5″ Durchmesser, der wahre Durchmesser beträgt daher 0,273 Äquatorialdurchmesser der Erde = 3480 km oder 468 geogr. Meilen. Das Volumen des Mondes ist des Volumens der Erde, seine Masse der Masse der Erde, seine mittlere Dichtigkeit stellt sich auf 0,62 der Dichte der Erde oder 3,4 der des Wassers, etwa der des Granats entsprechend. Eine Abplattung hat der M. nicht, dagegen aber eine geringe, durch die Theorie nachgewiesene Anschwellung gegen die Erde hin, so daß (nach Hansen) sein Schwerpunkt etwa 59 km weiter von uns absteht als sein Mittelpunkt.

Die auffallendste Erscheinung, welche der M. uns darbietet, sind seine im Lauf eines synodischen Monats (vgl. Monat) wechselnden Phasen oder Lichtgestalten, welche eine Folge seiner veränderlichen Stellung gegen Erde und Sonne sind, welch letzterer er seine beleuchtete Seite zukehrt. Steht er in Konjunktion mit der Sonne, geht er also zugleich mit ihr durch den Meridian, so kehrt er uns seine unbeleuchtete Seite zu, wir haben dann Neumond. Da aber der M. eine rasche Bewegung in seiner Bahn nach O. hat, so befindet er sich bald nachher auf der Ostseite der Sonne, und wir erblicken an seinem westlichen (rechten) Rand eine schmale erleuchtete Sichel, die von Tag zu Tag größer wird; wir haben zunehmenden M., der abends nach Sonnenuntergang am westlichen Himmel sichtbar ist. Nach ungefähr sieben Tagen erscheint uns die ganze westliche (rechte) Hälfte der Mondscheibe erleuchtet; der M. steht jetzt 90° östlich von der Sonne, er kulminiert ungefähr, wenn diese untergeht, und erhellt die erste Hälfte der Nacht; wir haben erstes Viertel. In den folgenden Tagen ist mehr als die Hälfte der Mondscheibe erleuchtet; der M. geht immer später in den Frühstunden unter, bis wir etwa 14 Tage nach dem Neumond die volle Scheibe erleuchtet sehen; wir haben dann Vollmond, Sonne und M. stehen in Opposition, der M. scheint die ganze Nacht hindurch. Von nun an tritt derselbe für uns auf die Westseite der Sonne, der erleuchtete Teil liegt nach O. (links), und da die Lichtgestalt immer kleiner wird, so haben wir abnehmenden M. Derselbe geht abends nach Sonnenuntergang immer später und später auf; ungefähr sieben Tage nach dem Vollmond sehen wir nur noch die östliche (linke) Hälfte der Scheibe erleuchtet; wir haben letztes Viertel. Der M. geht um Mitternacht auf und steht gegen Sonnenaufgang im S. Die Sichelgestalt, die wir auf der linken Seite der Scheibe in den Morgenstunden am Osthimmel sehen, wird nun immer kleiner in dem Maß, wie der M. sich für uns der Sonne nähert, bis sie endlich beim Neumond ganz verschwindet.

Anblick des Himmels vom Mond aus.

Da wir die Bewegung des Mondes genau kennen, so läßt sich auch angeben, wie sich für einen fingierten Standpunkt auf dem M. der Anblick des Himmels gestalten werde, wobei wir noch die Abwesenheit einer atmosphärischen Hülle auf dem M. als bekannt voraussetzen wollen. Denken wir uns zunächst einen Beobachter auf der Mitte der von der Erde stets abgewendeten Seite des Mondes, wenn es dort gerade Mitternacht ist, so wird derselbe den Himmel mit allen Gestirnen ganz so sehen, wie er uns auf der Erde erscheint, auch die Planeten, abgesehen von geringen Verschiedenheiten im scheinbaren Orte, die uns jetzt nicht weiter beschäftigen sollen. Die Dunkelheit des ganzen schwarzen Himmels ist vielleicht keine vollkommene, da das Gesamtlicht der Gestirne dort wegen der Abwesenheit einer lichtschwächenden Atmosphäre größer sein muß. Deshalb erscheinen auch die Sterne am Horizont wie im Zenith in demselben Glanz. Im O. wird die Stelle des Sonnenaufgangs einige Zeit vor demselben angedeutet durch einen hellen Lichtglanz, die Corona der Sonne. Bald tritt in ungeschwächtem Lichte der oberste Rand der letztern am Horizont hervor, und je mehr sie sich hebt, desto mehr beschränkt sich die Sichtbarkeit der Milchstraße und der kleinsten Sterne, die auf der Erde wegen der Dämmerung zu schwinden beginnen, lange bevor die Sonne sichtbar wird. Aber auch wenn die ganze Sonnenscheibe oberhalb des Horizonts steht, sind wahrscheinlich die größern Gestirne auch am Tag am schwarzen Himmel sichtbar. Wegen Mangels der Dämmerung und jeglichen durch die Luft vermittelten Zwischen- oder Halblichts wird die Landschaft stückweise sichtbar, nach Maßgabe der fortschreitenden Beleuchtung, wobei zwischen Licht und Schatten die größten Kontraste stattfinden. Ebenso ist die Wirkung des von Bergflächen reflektierten Lichts gegen beschattete Stellen auch nicht irgend einer Abschwächung durch die Wirkung der Luft unterworfen. Nach sieben Tagen hat die Sonne den Zenith erreicht, nach weitern sieben Tagen geht sie im W. unter, und es folgt, unvermittelt durch die Dämmerung, die Nacht, in welcher kein Polarlicht, kein Feuermeteor, keine Sternschnuppe gesehen wird. Versetzen wir jetzt den Beobachter in die Mitte der gegen die Erde gewendeten Seite des Mondes und nehmen an, daß es die Zeit der dortigen Mitternacht sei. Am schwarzen, doch nicht völlig dunkeln Himmel steht im Zenith die voll erleuchtete Scheibe der Erde, viermal größer im Durchmesser, als uns der Vollmond erscheint, und eine 28mal größere Lichtmenge herabsendend. Bei solchem Glanz wird zwar die Sichtbarkeit der kleinsten Sterne und der Milchstraße beeinträchtigt werden, aber diese wird ebensowenig ganz verschwinden wie der hellere Teil des Zodiakallichts. Während die Sterne der Ekliptik langsam hinter dem Erdkörper fortziehen, scheint dessen Ort in Beziehung auf Horizont und Zenith kaum merklichen Änderungen unterworfen; aber mehr und mehr nimmt das Volllicht der Erde an der Westseite ab, und nach sieben Tagen ist sie nur noch halb erleuchtet. Dem unbewaffneten Auge des Beobachters zeigen sich deutlich in großen Umrissen die Kontinente der Erde im Gegensatz zu den dunkeln ozeanischen Flächen, ebenso das weiße Licht (Nord- [741] oder Südlicht) des einen oder andern der Pole, aber alles vielfältig verhüllt von Wolkenzügen, deren Lichtglanz jeden andern auf der Erde, mit Ausnahme der noch über die Wolken ragenden beschneiten Hochgebirge, übertreffen wird. Es zeigt sich auch die allgemeine Abnahme des Lichts gegen die Phase und gegen den Rand der Erdkugel hin sowie sehr leicht die Wirkung der Rotation an dem Verschwinden dieser und an dem Auftreten andrer Punkte auf der Oberfläche. In dem Maß, wie die aufsteigende Sonne sich dem Zenith und also auch der Erde nähert, hat die Phase dieser mehr und mehr abgenommen. Die letzte, sehr feine Erdsichel, im Durchmesser viermal größer als die Sonnenscheibe und dieser ganz nahe, wird unsichtbar, und es beginnt eine Sonnenfinsternis von langer Dauer in dem Fall, daß ein zentraler Vorübergang stattfinden sollte. Dann werden sich die Phänomene, welche wir bei großen Sonnenfinsternissen beobachten, zum Teil in erhöhtem Maß zeigen, weil die Erdatmosphäre das Licht der verdeckten Sonne rings um die Erde zum Teil durchlassen und so eine große und farbenreiche Corona darstellen wird, deren Licht vielleicht nicht stark genug ist, um die vollständige Sichtbarkeit der Gestirne zu verhindern. Auch darf man annehmen, daß während solcher Totalfinsternis die allgemeine Beleuchtung von roter Farbe sein werde. Jedoch findet nicht jedesmal unter gedachten Umständen eine Finsternis statt, denn die Sonne kann auch seitlich an der Erde vorübergehen. Sobald die Sonne hinter der Erde wieder hervorgetreten ist, zeigt sich an letzterer bald wieder die feine Sichelform, und wenn sieben Tage später die Sonne untergeht, ist im Zenith die Erde wieder halb erleuchtet oder im ersten Viertel. Die Beleuchtung der Nachtseite des Mondes durch das von der Erde reflektierte Sonnenlicht gibt sich übrigens zu erkennen in der aschfarbenen Beleuchtung der Mondscheibe, die wir kurz vor und nach dem Neumond neben der glänzenden, der Sonne zugekehrten Lichtsichel gewahren. Kepler schrieb die richtige Erklärung dieses Phänomens seinem Lehrer Mästlin zu, doch hat dieselbe schon früher der geniale Ingenieur und Maler Leonardo da Vinci gegeben.

Mondatmosphäre.

Verschiedene ältere Mondbeobachter, von Hevel bis herab auf Schröter, haben dem M. eine Atmosphäre zugeschrieben, andre, wie W. Herschel, haben dieselbe in Abrede gestellt, und diese Ansicht hat in der Hauptsache den Sieg davongetragen. Besäße nämlich der M. eine das Licht brechende Atmosphäre, so müßte uns ein Stern noch sichtbar sein, wenn er bereits hinter dem M. steht, gerade so wie wir auch die Sterne infolge der atmosphärischen Strahlenbrechung noch sehen, wenn sie sich bereits ein Stück unter dem Horizont befinden. Der aus der Dauer einer Sternbedeckung abgeleitete Durchmesser des Mondes müßte daher kleiner sein als der durch direkte Messung bestimmte. Da sich nun kein derartiger Unterschied ergab, so schloß Bessel, daß der M. keine Atmosphäre besitze, deren Dichte den 900. Teil der unsrigen übersteigt. Neuere Untersuchungen haben indessen dieses Ergebnis einigermaßen modifiziert; es hat insbesondere Neison einen durch die Mondatmosphäre bewirkten Unterschied von 2″ in der Bestimmung des Monddurchmessers nachweisen zu können geglaubt und daraus auf die Existenz einer solchen Atmosphäre geschlossen, deren Dichte ungefähr 1/300 der unsrigen ist. Auch Küstner ist bei einer neuern Bestimmung des Monddurchmessers aus Plejadenbedeckungen zu der Überzeugung gelangt, daß die Beobachtung von Sternbedeckungen durch den M. kein so zuverlässiges Mittel zur Entscheidung der Frage nach der Mondatmosphäre abgebe, als man früher geglaubt hat. Das ist indessen sicher, daß die Mondatmosphäre, wenn eine solche existiert, nur eine sehr geringe Dichte besitzen kann, daß also auch beträchtliche Ansammlungen von Wasser auf dem M. nicht existieren können, weil dieses verdunsten und in die Atmosphäre übergehen würde.

Mondkarten und Mondlandschaften.

Als Galilei das eben erst erfundene Fernrohr 1610 auf den M. richtete, erkannte er die Unebenheiten seiner Oberfläche, die Schatten der Gebirge, und wagte Vermutungen über die Höhe derselben. Gleiche Wahrnehmungen machten andre Beobachter, und schon um die Mitte des 17. Jahrh. gab es Mondkarten, unter denen jedoch nur die zahlreichen Abbildungen Hevels (1647) einen für die damalige Zeit erheblichen Wert beanspruchen können, wenn auch alles nur nach dem Augenmaß verzeichnet wurde. Noch vor der Mitte des 18. Jahrh. aber stellte Tob. Mayer in Göttingen zuerst die Lage verschiedener Hauptpunkte des Mondes durch wirkliche Messungen fest und brachte eine zwar kleine, aber sehr genaue Mondkarte zu stande, die 1787 durch Lichtenberg veröffentlicht wurde. Mayer ist daher als der Begründer der wissenschaftlichen Selenographie zu betrachten. Seit 1784 begann Schröter in Lilienthal bei Bremen mit Hilfe großer Spiegelteleskope seine Mondstudien. Er schritt aber nicht auf Tob. Mayers Wegen fort, da er die Ortsbestimmungen seines Vorgängers nicht wieder aufnahm, sondern sich auf die Spezialbeobachtung vieler Mondlandschaften bei wechselnder Beleuchtung beschränkte, worin er für seine Zeit Großes geleistet hat. Sehr bedeutend sind die Fortschritte der Selenographie in unserm Jahrhundert. 1820–36 war es Lohrmann in Dresden, seit 1830 Mädler in Berlin (dessen 1837 erschienene Karte, eine ausgezeichnet feine Lithographie, auch unsrer beifolgenden „Mondkarte“ zu Grunde liegt), dieser in freigebigster Weise durch Wilhelm Beer unterstützt, die nach langjähriger Arbeit Abbildungen des Mondes im Durchmesser von 3 Pariser Fuß lieferten, mit denen die frühern Versuche in keinen irgendwie zulässigen Vergleich gebracht werden können. Lohrmanns Karte, in Kupferstich ausgeführt, ward erst 1877 durch J. F. J. Schmidt veröffentlicht (Leipz.), nachdem Lohrmann selbst nur vier Sektionen (1824) publiziert hatte. Von Schmidt haben wir außerdem als Frucht langjähriger eigner Beobachtungen in Bonn, Olmütz und Athen eine „Karte der Gebirge des Mondes nach eignen Beobachtungen in den Jahren 1840–74“ (Berl. 1878) in 25 Blättern, nebst einem Erläuterungsband. Über 2000 Originalzeichnungen, zumeist nach Aufnahmen am Athener Refraktor, lieferten das Material zu dieser Darstellung, welche den M. im Maßstab 1 : 1,783,200 als Scheibe von 2 m Durchmesser zeigt. Beide hochverdienstlichen Arbeiten beruhen auf zahlreichen Messungen, die gemacht wurden, um für einige hundert Haupt- und Nebenpunkte die Positionen nach Länge und Breite festzustellen, und auch Schröters Bestreben, die Höhe der Berge nach dem Schatten zu bestimmen, blieb nicht isoliert, da Mädler mehr als 1000 solcher Messungen hinzufügte. Bis zum Jahr 1840 gibt es keinerlei selenographische Arbeiten, die neben denen Lohrmanns und Mädlers eine hervorragende Bedeutung beanspruchen können. Nur die schriftlichen Notierungen von Kunowski in Berlin und vielleicht einige wenige Zeichnungen und Bemerkungen von [742] Gruithuisen in München wird man auch in Zukunft zu schätzen wissen. Versuche, die Mondoberfläche plastisch darzustellen, sind die von Russel und von der Hofrätin Witte in Hannover, dann die sehr große Halbkugel des Mondes, seit 1850 von Thom. Dickert in Bonn unter Anleitung von J. F. J. Schmidt gearbeitet. Seit der höhern Ausbildung der Photographie hat man auch auf diesem Weg die Oberfläche des Mondes dargestellt, und es gibt ausgezeichnete Lichtbilder von W. de la Rue, Rutherford und Nasmyth, die aber für die spezielle Topographie des Mondes bis jetzt nichts zu leisten vermochten, für die Darstellung des Vollmondes jedoch und selbst für Ortsbestimmungen noch zu großen Hoffnungen berechtigen. In neuerer Zeit haben sich besonders die Mitglieder des Lunarkomitees in London mit der Topographie einzelner Landschaften beschäftigt; von Publikationen sei hier auf das am Schluß dieses Artikels citierte Werk von Nasmyth und Carpenter hingewiesen.

Wenn man durch Betrachtung der Mondkarten sich ein richtiges Bild von der Oberflächenbeschaffenheit unsers Trabanten verschaffen will, so muß man wohl berücksichtigen, daß dieselben die uns zugewendete Halbkugel des Mondes in orthographischer Projektion zur Anschauung bringen. Demnach müssen die Oberflächenteile, je weiter sie von der Mitte des Bildes abstehen, mehr und mehr verkürzt und gegen die Ränder zu ganz hintereinander gedrängt erscheinen. Es wird also ein kreisförmiges Ringgebirge eine mehr und mehr elliptische Form annehmen, nach Maßgabe seines Abstandes von der Mitte, und wird dieser Abstand = 90°, so liegt das Ringgebirge im Rande des Mondes und stellt sich nun als eine Linie oder als einfacher Bergwall dar. Das Erkennen wie das Zeichnen der Landschaften wird also um so schwieriger, je näher diese dem Rand liegen. Da aber die störende Trübung einer Mondluft nicht stattfindet, wird wenigstens die Klarheit oder Lichtstärke der Bilder am Rand sich von der der Mitte nicht unterscheiden. Als Übersichts- oder Gesamtbild betrachtet, kennen wir die eine Seite des Mondes besser als die Oberfläche unsrer Erde, weil auf dieser vieles noch gar nicht entdeckt oder nur unvollkommen erforscht ward; es genügt, an das Innere von Asien und Afrika sowie an die polaren Regionen zu erinnern. Auch die Ortsbestimmungen erster Ordnung auf dem M. sind, im ganzen betrachtet, wohl genauer, als es noch vor der Mitte des 18. Jahrh. sehr viele Längen- und Breitenbestimmungen auf der Erde waren. Erwägt man, daß die Karten von Lohrmann und Mädler ungefähr je 8000 einzelne Gegenstände darstellen, die größere Karte von Schmidt deren wenigstens 40,000 enthält, so folgt, daß sich die Selenographie in mancher Beziehung wohl mit der Geographie messen kann.

[Form und Höhe der Mondberge.] Die Formen auf dem M., welche man mit Hilfe des Fernrohrs erblickt, zeigen sich bei günstiger Beleuchtung durch die Sonne in vorzüglicher Schärfe wegen des strengen Kontrastes von Licht und Schatten und wegen des Mangels an Übergängen zwischen jenen beiden Grenzen. Die völlige Schärfe und reine Begrenzung der Schatten gestattet sehr genaue Messungen, und wie man aus dem Schatten eines Turms leicht seine Höhe findet, so kann man auf ähnliche Art auch zur Kenntnis der Höhe der Mondberge gelangen. Da aber auf unserm Trabanten ein allgemeines Niveau, entsprechend dem Meeresspiegel bei uns, fehlt, so können wir die Höhen nicht als absolute auffassen, sondern müssen uns darauf beschränken, anzugeben, wie groß der Höhenunterschied zwischen dem Gipfel und jenem Punkt sei, der zur Zeit der Messung vom Schatten des Gipfels berührt ward. Die Rechnung gibt dann nach geschehener Messung für jenen Punkt die Sonnenhöhe = H und die relative Berghöhe = h. Wird ein Berg mehrfach gemessen, also bei ungleicher Höhe der Sonne, so wird auch das Resultat für h verschieden ausfallen, sowohl wenn der Gipfel abgerundet ist, als auch, wenn das Ende des Schattens auf bergiges Terrain fällt. Als Beispiel diene ein Teil der Messungen des hohen Berggipfels Huygens, angestellt von Schröter, Mädler und Schmidt.

H = 46′ , h = 3033 Toisen Schmidt
47′ 2930 Mädler
48′ 3158 Schröter
51′ 3021 Schmidt
1′ 3419 Schröter
2′ 3045 Schmidt
4′ 2771 Mädler
18′ 2540 Schmidt
18′ 2475 Schmidt
20′ 2683 Schmidt

Hier bemerkt man, daß bei zunehmender Sonnenhöhe H die Berghöhe h abzunehmen scheint, weil entweder der Gipfel kuppelförmig ist, oder die Ebene, welche der Schatten durchzieht, selbst ungleiche Höhe hat. Das Mittel dieser Messungen ist: H = 5°1,5′, h = 2906,5 Toisen oder 17,439 Pariser Fuß. Ähnlich wird man nun aus Messungen für die Tiefe eines Kraters die Werte h nach H ordnen, das Maximum der Tiefe erkennen und selbst annähernd die Krümmung der Bodenfläche des Kraters ermitteln können. Nachdem viele Hunderte von Bergen in solcher Weise vermessen und auch beiläufig hinsichtlich ihrer Neigungsmittel untersucht worden sind, war es möglich, ein Bild der Oberfläche des Mondes ganz in derselben Weise zu entwerfen, wie dies mit der Darstellung der Erdoberfläche, also auf den Landkarten, geschieht. Was die Höhen der Mondberge anlangt, so erreichen die höchsten etwa 7500 m, 22 unter den 1100 von Beer und Mädler gemessenen sind über 4800 m, 6 über 5800 m hoch.

Die Form der Gebirge auf dem M. ist eine doppelte: Gebirge, die denen auf unsrer Erde gleichen, und ringförmige Bildungen. Der erste Typus ist nur wenig vertreten, hauptsächlich durch die Gebirgsketten, die sich ungefähr in der Mitte der nördlichen Mondhälfte in einem flachen Bogen durch mehr als 30 Breitengrade von S. nach N. ziehen und mit den Namen Apenninen, Kaukasus und Alpen belegt werden. Weit häufiger ist der Typus der ringförmigen Berge, welche charakterisiert sind durch einen kreisförmigen Wall, in dessen Innerm eine tiefe Ebene liegt, aus welcher oft ein oder auch mehrere Berge hervorragen, ohne indessen die Höhe des Walles zu erreichen. Nach ihrer Größe und sonstigen Beschaffenheit bezeichnet man diese Gebilde mit verschiedenen Namen. Die größten von 75–275 km Durchmesser, mit unregelmäßigen, oft durchbrochenem Wall, heißen Wallebenen. Ihr Inneres ist verhältnismäßig eben, nur manchmal von unregelmäßigen Bergen besetzt oder durch Gebirgsarme geteilt. Schon Galilei hat dieselben mit dem großen geschlossenen Becken von Böhmen verglichen. Die Mehrzahl derselben liegt auf der Südseite der sichtbaren Mondscheibe, wo sie mehrfach zusammenhängende Reihen in meridionaler Richtung bilden, wie die mit den Namen Katharina, Theophilus und Cyrillus bezeichneten. Von kleinern Dimensionen sind die Ringgebirge, deren Durchmesser 10–40 km beträgt. Sie sind regelmäßig gebaut, von einem kreisrunden, nach innen steiler als nach außen abfallenden Wall umschlossen,

[Beilage]

[Ξ]

Mondlandschaften.
Fig. 1. Das Ringgebirge Kopernikus.
Der große, gegen 11 geographische Meilen breite Krater Kopernikus ist dargestellt, wie er am starken Fernrohr erscheint, wenige Stunden, nachdem für seinen Horizont die Sonne aufgegangen ist. Drei Vierteile der inneren Ebene, die gegen 3000 m tiefer liegt als die äußere Umgebung, sind schon erleuchtet, und die niedrigen Zentralberge haben nur noch geringen Schatten. Der äußere Abfall des Ringgebirges ist überall nur schwach, und die nach außen gemessenen Höhen erreichen nur 125–250 m Höhe. Nördlich (unterhalb) des Kopernikus liegt der Krater Gay-Lussac, umgeben von den Höhen der Karpathen; links oder westlich ist der Boden meist sehr eben, von zahllosen Kratern der kleinsten Art durchlöchert, während rechts oder östlich die Hügel und isolierten Berge vorherrschen. Gegen Süden, bis zum großen Krater Reinhold hin (oben), eine Menge von Hügeln und Bergrücken, abwechselnd mit Kraterreihen und rillenähnlichen Thalformen.
Fig. 2. Das Ringgebirge Archimedes.
Eine der schönsten und großartigsten Landschaften des Mondes während des Sonnenaufgangs. Im Süden (oben) das Hochgebirge des Appenin, rechts am tiefen, noch ganz beschatteten Krater Eratosthenes endend. Der Nordrand des Gebirges ist steil, und die langen Schatten gehören zu Gipfeln von 2200–5600 m Höhe. An der rechten oder östlichen Seite des Bildes zieht die Phase, oder jene Zone, wo Nacht und Tag sich scheiden. Etwas unter der Mitte der Tafel liegt das große Wallgebirge Archimedes, fast ganz schattenerfüllt, innen sehr eben und kaum merklich vertieft. Westlich davon (links) die ausgezeichneten tiefen Krater Autolycus und Aristillus. Links unten der südliche Teil des Kaukasus, dessen westlicher Fuß in der Ebene des Mare serenitatis steht. Die Ebene, in der sich die vorgenannten drei großen Ringgebirge zeigen, ist das Mare imbrium, und der Halbkreis, mitten in der Phase an der rechten Seite, der noch unvollständig erleuchtete Wall des Kraters Timorheres.

[743] der auf der innern Seite oft zwei- oder dreimal so hoch ist als auf der äußern; in der Mitte erhebt sich oft ein steiler Berg, der aber nicht die Höhe des Walles erreicht. Bei einzelnen Ringgebirgen treten auch mehrere Zentralberge auf. Merkwürdig ist das paarweise Vorkommen von Ringgebirgen, die in Form und Größe auffallend übereinstimmen. Krater sind kreisförmige Berge von 1–20 km Durchmesser, die zu mäßiger Höhe ansteigen und nach innen meist sehr steil abfallen. Sie gehören zu den hellsten Objekten auf dem M., und ihre Zahl ist außerordentlich groß. Namentlich sind die kleinen Krater von 1–8 km Durchmesser in unzähliger Menge überall, an den Abhängen der Ringgebirge wie auf den Ebenen, zerstreut; oft auch sind zahlreiche Krater in langer Linie aneinander gereiht, so daß ihre Wälle sich berühren. Gruben oder Kratergruben nennt man Vertiefungen ohne sichtbaren Wall und meist von geringer Tiefe, daher sie bald, weil ihr Boden von den Strahlen der Sonne erreicht wird, unsichtbar werden. Sie kommen in großer Zahl, oft kettenartig, vor.

Eine andre merkwürdige Erscheinung auf dem M. sind die sogen. Rillen oder Lichtadern. Mit diesem Namen bezeichnete man grabenartige Furchen, die bis 500 km lang, sehr schmal (höchstens 1 km breit), nach innen mäßig steil, oft ganz geradlinig, mitunter flach oder wellenförmig gekrümmt sind. Solche Rillen finden sich überall auf dem M., doch sehr selten in der Mitte der großen Ebenen, auffallend häufig dagegen am Rande derselben und diesem parallel laufend. Sie durchbrechen Berge und Kraterwälle, durchziehen Krater auch wohl mit eignen Wällen, wie im Hyginus, setzen an Bergen aus, um auf der gegenüberliegenden Seite wieder aufzutreten, und bilden mitunter den Übergang zu gewöhnlichen Thälern. Schröter entdeckte die ersten; Lohrmann und Mädler brachten ihre Zahl auf ungefähr 100. Der 1866 von Schmidt publizierte Katalog zählt über 400 Rillen auf. Sie gehören im allgemeinen zu den schwierig erkennbaren Objekten.

[Mare und Strahlensysteme.] Die grauen, auch dem unbewaffneten Auge gut sichtbaren Flecke auf dem M. sind Ebenen, die man früher für Meere hielt, und die daher den Namen Mare noch jetzt führen. Ihr Kolorit, wechselnd vom tiefen Grau bis zum Grün und Braun, stellenweise vielleicht bis zum Violett, wird ebenso wie ihre Begrenzung am besten bei hoher Beleuchtung gesehen. Die sehr dunkle stahlblaue Farbe auf grauem Grund ist mehr einzelnen Ringflächen mittlerer Größe eigen. Im Schicard und Mare Humboldtianum ist die innere Ringfläche bunt gezeichnet im Grau der Ebene; aber im Plato, Grimaldi, Krüger, Billy, Apollonius ist die ganze Ebene grau. Sehr dunkle und ziemlich scharf begrenzte Flecke auf hellem Boden findet man im Alphonsus, Petavius, Wilhelm Humboldt, Atlas. Zu Gruppen vereinigt, bald in Kratertiefen, bald in Thälern, findet man bedeutende graue Flecke im Süden des Mare crisium, und das Mare australe scheint nur aus solchen Flecken zu bestehen. Die großen grauen Ebenen heißen: Oceanus procellarum, Mare imbrium, Mare nubium, und diese, zusammenhängend, gehören der Ostseite der Mondscheibe an. Westlich vom mittlern Meridian liegen die großen, ebenfalls miteinander verbundenen: Mare serenitatis, M. tranquillitatis, M. foecunditatis. Mehr oder weniger isoliert und kleiner sind: Mare crisium, M. Humboldtianum, M. Smythii, M. australe, M. frigoris, M. vaporum und M. humorum.

Alle diese Ebenen sind verhältnismäßig arm an Kratern und größern Gebirgen, von denen die letztern oft die schroffen Grenzen der Mare bilden. Häufig sind in ihnen die Bergadern und besonders auffällig zahlreiche Lichtflecke. Diese, des dunkeln Grundes wegen gut sichtbar, gehören zwar in den meisten Fällen Bergen und Kratern an; oft jedoch ist an ihrem Ort keine Unebenheit vorhanden. In besonderer Großartigkeit zeigen sich aber die bis jetzt nicht erklärten Strahlensysteme in den Maren, wo sie des Kontrastes wegen viel besser als im hellen Berg- und Hügelland erkannt werden. Ihren Anfang bezeichnen große Kratergebirge, von denen sie radienartig, bald geradlinig, bald wenig gekrümmt, nach allen Richtungen auslaufen, gelegentlich auch mit Hügel- und Bergzügen zusammenfallend, die zufällig dieselbe Richtung haben. Alle diese Lichtstreifen sind nur bei hoher Beleuchtung gut sichtbar und verschwinden an der Phase, wo an ihrem Ort niemals ein Schatten gesehen wird. Sie sind also weder Erhöhungen noch Vertiefungen und ziehen durch alle Tiefen und über alle Höhen hinweg, ohne ihre Richtung zu ändern. Es sind also Teile der Oberfläche des Mondes, die lebhafter Licht reflektieren als ihre Nachbarschaft. Hauptstrahlensysteme sind die des Tycho, Kepler, Kopernikus und Aristarch, weniger deutlich die des Olbers, Byrgius, Zuchius, Anaxagoras, Aristillus, Dionysius, Proclus und Langrenus. Die unvollkommenen Formen mitgerechnet, kennt man über 30 solcher Systeme. Die Benennung der ringförmigen Bergbildungen nach hervorragenden Gelehrten rührt von Grimaldi her, der sie 1651 in seinem „Neuen Almagest“ gab; von der ältern Hevelschen Terminologie sind uns noch die Namen der Gebirge, wie Karpathen, Apenninen, Kaukasus etc., und die Benennungen der Mare geblieben.

[Veränderungen auf der Mondoberfläche.] Viel bestritten ist die Frage, ob noch gegenwärtig Veränderungen auf dem M. vorgehen, wie insbesondere Schröter und Gruithuisen solche in großem Maßstab beobachtet haben wollen. Zunächst ist hier daran zu erinnern, daß man mit der Benennung „Krater“ nicht die Vorstellung von einer noch jetzt fortdauernden vulkanischen Thätigkeit auf dem M. zu verbinden hat, daß vielmehr jener Name nur auf äußere Formähnlichkeit sich stützt. Während man nun früher in Ermangelung ausführlicher topographischer Arbeiten die Frage, ob Neubildungen auf dem M. stattfinden, kaum zuverlässig beantworten konnte, hat man sich seit den sorgfältigen Beobachtungen von Beer und Mädler gewöhnt, sie zu verneinen und ältere gegenteilige Wahrnehmungen als auf Täuschung beruhend anzusehen. So wie unser Trabant einer merklichen Atmosphäre, des Wassers sowie des Pflanzen- und Tierlebens entbehrt, so finden nach der bei den Astronomen vorherrschenden Ansicht auch keine merklichen Veränderungen mehr auf ihm statt. Doch haben einige Beobachtungen der Neuzeit wieder Zweifel an der Richtigkeit dieser Ansicht wachgerufen. Dahin gehört namentlich das Verschwinden des 9 km im Durchmesser haltenden, sehr tiefen Kraters Linné im Mare serenitatis, an dessen Stelle ein heller, wolkenartiger Fleck getreten ist, wie Schmidt in Athen 1866 konstatiert hat. Umgekehrt hat später Klein in Köln Neubildungen von Kratern zu konstatieren geglaubt, indem er solche an Stellen entdeckte, die früher von andern Beobachtern, zum Teil auch von ihm selbst sorgfältig durchforscht worden waren. Wenn aber auch einzelne Beobachter, wie Neison, dem beistimmen, so verhält sich doch die große Mehrheit der Astronomen zur Zeit noch ablehnend.

Die Abbildungen unsrer Tafel „Mondlandschaften“ [744] sind dem Werk von Nasmyth und Carpenter entnommen und als Photographien von Gipsmodellen gemacht worden. Nach genauen teleskopischen Zeichnungen, bei welchen man mit großer Sorgfalt auch die Schatten der Berge angab, wurden nach angemessenen Verhältnissen Gipsmodelle angefertigt und sehr fein ausgeführt, um die geringsten Details hervorzuheben, um die eigentümliche Rauheit des Bodens anzudeuten und um den richtigen Schattenwurf zu erhalten, wenn das Modell seitwärts von der Sonne beleuchtet ward. In solcher Lage hat man das Modell photographiert und Bilder erlangt, die in überraschender Weise sowohl den wirklichen Anblick einer Mondlandschaft im Fernrohr wiedergeben, wie auch in der Hauptsache als der Wahrheit nahekommend angesehen werden dürfen. Vgl. Schröter, Seleno-topographische Fragmente (Götting. 1791 u. 1802, 2 Bde.); Lohrmann, Topographie der sichtbaren Oberfläche des Mondes (1. Abt., Leipz. 1824; das ganze Werk mit 25 Tafeln, redigiert von J. F. J. Schmidt, das. 1877); Beer und Mädler, Der M., oder allgemeine vergleichende Selenographie (Berl. 1837); Schmidt, Der M. (Leipz. 1856); Derselbe, Über Rillen auf dem M. (das. 1866); Neison, The moon, and the condition and configuration of its surface (Lond. 1876; deutsch, 2. Aufl., Braunschw. 1881); Nasmyth und Carpenter, Der M. (deutsch, 3. Ausg., Hamb. 1883); Opelt, Der M., populäre Darstellung etc. (Leipz. 1879).


Jahres-Supplement 1891–1892
Band 19 (1892), Seite 635638
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[635] Mond. Das genauere Studium der Mondoberfläche, dem gegenwärtig viele Kräfte gewidmet sind, hat wiederholt zu Vermutungen über vermeintliche [636] Neubildungen und Veränderungen auf dem Satelliten unsrer Erde Veranlassung gegeben. So hat vor einiger Zeit Gaudibert in einem Krater auf dem Nordwestwall des Ringgebirges Gassendi eine Neubildung zu erkennen geglaubt. Klein aber, der seit 1885 diese Gegend wiederholt gezeichnet hat, und dessen Zeichnungen mit denen Gaudiberts auffallend gut übereinstimmen, fand auf seinen Zeichnungen an dem Orte des Kraters, entsprechend den von Gaudibert angegebenen Trümmer- und Lavamassen, einen niedrigen, den Hauptwall des Gassendi durchsetzenden Bergrücken und erklärt das Fehlen des Kraters auf den eignen Zeichnungen und das bisherige Übersehen desselben durch dessen winzige Kleinheit. Mehr Aufsehen noch erregte die Wahrnehmung, welche Thury in Genf am Krater Plinius machte. Am 13. Sept. 1889 bemerkte derselbe nämlich bei 265facher Vergrößerung, daß die beiden gewöhnlich in der Mitte des Ringwalles sichtbaren Hügel einer weißen, kreisförmigen Fläche Platz gemacht hatten, in deren Mitte ein dunkler Fleck, an die Öffnung eines Schlammvulkanes erinnernd, sichtbar war. Ungünstiges Wetter störte die Beobachtungen, am 3. und 12. Okt. war die weiße Fläche ebenfalls sichtbar, am 1. Nov. aber bot Plinius den gewöhnlichen Anblick, in seiner Mitte sah Thury zwei an den Rändern einander durchdringende Krater. Zur Erklärung dieser Veränderungen nahm Thury an, daß das Innere des Plinius mit Schnee oder Eis erfüllt sei, daß aber heiße Gas- oder Dampfausströmungen aus den beiden zentralen Kratern ein zeitweiliges Schmelzen dieser Massen bewirken. Dem entgegen hat Klein darauf hingewiesen, daß schon Gruithuisen und Schmidt den Plinius so gezeichnet haben, wie Thury, und es sich nicht um physische, sondern lediglich um optische, bei jeder Lunation regelmäßig wiederkehrende Veränderungen handelt. Kann auch die Möglichkeit, daß noch gegenwärtig Veränderungen auf der uns zugewendeten Seite des Mondes vor sich gehen, nicht unbedingt in Abrede gestellt werden, so sind solche doch durch die bisherigen Beobachtungen nicht zweifellos erwiesen; denn die Auffindung kleiner Objekte, die von frühern Beobachtern nicht bemerkt worden sind, beweist nichts. Hier, wie bei vielen andern Fragen der Himmelskunde, scheint die Photographie berufen, eine sichere Entscheidung herbeizuführen. Photographische Aufnahmen der Mondoberfläche werden aber gegenwärtig auf verschiedenen Sternwarten in ungleich größerer Vollkommenheit erhalten als früher. Vor allem sind die Aufnahmen der Lick-Sternwarte ausgezeichnet. Der dortige große Refraktor von 91 cm Öffnung und 17 m Brennweite kann nämlich durch Einschaltung einer Crownglaslinse vor dem optischen Objektiv in eine große photographische Camera von 84 cm Öffnung und 14 m Fokalweite verwandelt werden. Das eingehende Studium der mit diesem Rieseninstrument gewonnenen Mondphotographien durch Weineck in Prag hat auch bereits zur Auffindung verschiedener Objekte geführt, welche sich weder auf der großen Mondkarte von Schmidt noch auf den Karten von Lohrmann und Mädler vorfinden. Weineck macht besonders auf zwei aufmerksam, nämlich eine große, die Wallebene Thebit nahezu meridional durchziehende Rille von etwa 28 km Länge, die einem Bruch in der Sohle täuschend ähnlich sieht, und auf einen Mondkrater von ungefähr 4,5 km Durchmesser südlich von der Verbindungslinie Pallas-Triesnecker im Sinus Medii. Das letztere Objekt hat Holden auf der Lick-Sternwarte auch auf einem Silberdruck nach einem auf der Sternwarte in Melbourne 1. Sept. 1873 aufgenommenen Negativ erkannt und 15. Juni 1891 durch das Fernrohr gesehen. Dieser Krater ist also bereits 1873 vorhanden gewesen, aber gleichwohl in der Zwischenzeit von keinem der zahlreichen Mondbeobachter gesehen worden; was aber die erwähnte Rille anlangt, so ist sie weder von Klein noch von dem eifrigen Mondbeobachter Gwyn Elger in Bedford gesehen worden, noch hat Gruithuisen etwas auf sie Bezügliches aufgezeichnet. Daß sie neu entstanden sei, ist aber damit noch nicht gesagt.

Eine Nachbildung der typischen Formen der Mondgebirge hat Ebert dadurch erhalten, daß er geschmolzene Woodsche Metalllegierung (Schmelzpunkt 68°) auf eine nur in ihren mittlern Teilen durch darunter geleitete Wasserdämpfe erhitzte Metallschale goß; dieselbe erstarrte dann zuerst am Rande, während in der Mitte flüssige Masse zurückblieb, deren Oberfläche durch von unten eingeleitete Luft oder durch Dampf bewegt wurde. Das geschmolzene Metall brandet dabei beständig gegen die erstarrten Teile und fließt zum Teil darüber weg, auf diese Weise einen kreisförmigen Wall aufwerfend, dessen innere Abdachung einen Böschungswinkel von 35–45° zeigt, während die Außenfläche unter 3–4° abfällt. Durch den Materialverlust wird die Innenfläche allmählich tiefer, und die Bildung eines zentralen Kegelberges bezeichnet hier die letzten Äußerungen der treibenden Kraft. Man kann sich hiernach ohne Mühe vorstellen, wie die Bildung ringförmiger Berge auf einem allmählich aus dem feurig-flüssigen Zustande erstarrenden Körper, wie dem M., von statten gegangen ist. Um nicht zur Entwickelung von Gasmassen, die aus dem Innern aufsteigen, seine Zuflucht nehmen zu müssen, kann man an die Ebbe und Flut erzeugende Anziehung der Erde als bewegende Kraft denken, die jedenfalls bei der Ausgestaltung des Mondes in einer Zeit, als seine Rotationsdauer noch nicht in Übereinstimmung mit seiner Umlaufszeit um die Erde gebracht war, eine hervorragende Rolle gespielt haben muß.

Über die Temperatur der Mondoberfläche sind vor einigen Jahren von Langley auf der Alleghany-Sternwarte Untersuchungen angestellt worden, deren Ergebnis die frühern Vorstellungen wesentlich berichtigt. Die Bestimmung der vom M. ausgehenden Wärme bildet eine der allerschwierigsten Aufgaben der Astrophysik, einesteils wegen ihrer außerordentlichen Geringfügigkeit, dann weil sie sich zusammensetzt aus den direkt von der Mondoberfläche reflektierten Wärmestrahlen der Sonne und den Strahlen, welche die von der Sonne erwärmte Mondoberfläche aussendet, und endlich wegen der durch die oft rasch wechselnde Absorption der Strahlen in unsrer Atmosphäre hervorgerufenen Veränderungen. Die Versuche von Tschirnhausen, Lahire u. a. im vorigen Jahrhundert, die Mondwärme mittels großer Linsen oder Brennspiegel nachzuweisen, blieben bekanntlich erfolglos, und erst 1846 gelang es Melloni, in der klaren Luft des Vesuvs mit Hilfe des kurz vorher erfundenen Thermomultiplikators eine allerdings nicht meßbare Quantität Wärme in den Strahlen des Mondes nachzuweisen. Nach verschiedenen Arbeiten von Piazzi Smith (auf dem Pic von Teneriffa), Tyndall u. a., welche nicht über das Mellonische Resultat hinausführten, begann Lord Rosse 1869 seine alle frühern Leistungen an instrumentalen Hilfsmitteln wie an Sorgfalt übertreffenden Untersuchungen, welche zu dem Ergebnis [637] führten, daß das Verhältnis der Wärmestrahlung von M. und Sonne 1 : 82,600 ist. Langley hat nun darauf aufmerksam gemacht, daß dieses Verhältnis sehr groß im Vergleich zur Intensität der Lichtstrahlung des Mondes (nach Pickering 1 : 350,000, nach Zöllner 1 : 618,000 von der Sonne) und kaum anders erklärbar sei als durch Anwesenheit einer Atmosphäre auf dem M. Sir John Herschel ist, wie er meint, nach Analogie mit terrestrischen Verhältnissen zu dem Schlusse gelangt, daß die Mondoberfläche während der langen Bestrahlung durch die Sonne eine Temperatur von 100–150° annehmen, während der gleichlangen Mondnacht aber ebenso tief unter den Gefrierpunkt erkalten müsse, eine Ansicht, die ziemlich allgemein Eingang gefunden hat. Nach Langleys Meinung könnte dieselbe aber nur dann richtig sein, wenn der M. mit einer atmosphärischen Hülle umgeben wäre, welche ihn vor dem Erkalten schützt; eine freie, nicht von einer solchen Hülle bedeckte Fläche bleibt auch im vollen Sonnenschein kalt. Wir finden beim Besteigen eines Berges oben den Boden im Sonnenschein nicht wärmer, sondern kälter als unten, obwohl die direkten Strahlen dort infolge der geringern Absorption durch die minder dicke und minder dichte Luftschicht wärmer sind. Auf Grund aktinometrischer Messungen, die Langley 1881 auf dem Mount Whitney in der Sierra Nevada in Höhen von 900–4590 m hat ausführen lassen, glaubt derselbe sich zu der Behauptung berechtigt, daß die Temperatur der Erdoberfläche im vollen, beständigen Sonnenschein bei gänzlicher Abwesenheit der Atmosphäre nicht wesentlich mehr als 48° C. über die Temperatur des Weltraumes steigen könne. Letztere ist freilich nur sehr unsicher bekannt, da Pouillets Angabe (−142°) nach neuern Untersuchungen von Maurer jede Bedeutung für die Gegenwart verloren hat; indessen liegt doch der Gedanke nahe, daß wir so hohe Temperaturen, wie Herschel meinte, wohl kaum auf dem M. antreffen dürften. Die Beobachtungen, welche Langley seit November 1880 mit dem Bolometer angestellt hat, haben denn auch gleich anfangs zu dem Ergebnis geführt, daß die Temperatur der von der Sonne beschienenen Mondoberfläche in der Nähe des Gefrierpunktes liege, aber nicht so tief unter demselben, als man bei vollständiger Abwesenheit einer Atmosphäre erwarten sollte. Die spätern Beobachtungen aus dem Zeitraum vom Oktober 1884 bis Februar 1887 haben dann ergeben, daß die Temperatur der von der Sonne bestrahlten Mondoberfläche zwischen 0° und −20° liege, wobei aber die Absorption durch die Erdatmosphäre noch nicht in Betracht gezogen ist. Diese hat Langley mit Benutzung einer 100 m dicken Luftschicht und einer dunkeln, kalten Wärmequelle ermittelt und dann gefunden, daß die höchste Temperatur, welche die Mondoberfläche unterm Einfluß der Sonnenstrahlen annimmt, +50° nicht übersteigt. Auf der Erde erhitzen sich trockner Sand- und Felsboden bis über +70° (nach J. Herschel). Wie empfindlich die Methode Langleys ist, erkennt man daraus, daß bei der Mondfinsternis vom 23. Sept. 1885 die Abnahme der Wärmestrahlung des Mondes schon deutlich erkennbar war, als der Halbschatten auf die Mondscheibe trat, lange bevor das Auge die Spur eines Schattens bemerkte. Mit dem Vorschreiten der Verfinsterung nahm die Wärme schnell ab, aber vollständig hörte die Wärmestrahlung des verdunkelten Teiles nicht auf; 50 Minuten nach der Mitte der totalen Verfinsterung war die Strahlung auf 1 Proz. derjenigen einer gleich großen unverfinsterten Fläche zurückgegangen. Fast ebenso schnell wie das anfängliche Sinken erfolgte die Zunahme der Temperatur nach dem Vorübergang des Schattens. Der Wechsel der Temperatur auf dem M. während der wenigen Stunden einer Finsternis muß größer sein als der Übergang von der Tropentemperatur zur arktischen Kälte unsrer Erde. Übrigens sind es äußerst geringe Wärmemengen, an denen Langley seine Untersuchungen angestellt hat: die gesamte Wärmestrahlung des Mondes auf unsrer Erde würde, auf die geschwärzte Kugel eines Thermometers konzentriert, dasselbe nur um 1/6000° steigen machen. Langley setzt mit Unterstützung der Smithsonian Institution seine Untersuchungen noch weiter fort.

Über die Gestalt der Bahn, welche der M. im Laufe eines Jahres um die Sonne beschreibt, sowie auch über die heliozentrischen Bahnen der andern Nebenplaneten findet man vielfach irrige Ansichten. Nimmt man sowohl die Bewegung des Hauptplaneten (der Erde) um die Sonne, als die Bewegung des Mondes um den Hauptplaneten als gleichförmige Kreisbewegungen an, so ist die Bahn des Mondes in Bezug auf die Sonne eine Epicykloide. Je nach dem Verhältnis der Größe der beiden Kreise

Heliozentrische Bahnen der Nebenplaneten.

und der Geschwindigkeiten in denselben, und je nachdem beide Bewegungen in derselben Richtung oder in entgegengesetzten Richtungen stattfinden, hat aber diese Linie verschiedene Gestalten. Die Hauptfälle sind in beistehenden Figuren dargestellt, in welcher die Bahn des Hauptplaneten durch die punktierte Linie angegeben wird. Die Bahn des Mondes kann Schlingen und Knoten A haben, wie in 1; dies kann nur dann eintreten, wenn die Geschwindigkeit des Mondes größer ist als die des Hauptplaneten. Die Schleifen verschwinden, und es treten Spitzen B an ihre Stelle (2), wenn beide Geschwindigkeiten gleich groß sind. Die Epicykloide kann ferner wellenförmige Gestalt haben (3), so daß ein Stück CD der Sonne die hohle, das benachbarte Stück DE aber ihr die erhabene Seite zukehrt; zwischen beiden Stücken liegt ein sogen. Wendepunkt. Endlich aber ist es auch möglich, daß die Mondbahn überall der Sonne die hohle Seite zukehrt (4). Die Bahn unsers Erdmondes findet man vielfach als gespitzte Epicykloide nach Art der Figur 2 dargestellt, in Wirklichkeit aber hat sie weder Spitzen noch Knoten, noch Wendepunkte, sondern kehrt nach Art von Figur 4 der Sonne immer die hohle Seite zu. Dies ist schon von Maclaurin (gest. 1746) richtig erkannt und neuerdings von Weyer in Erinnerung gebracht worden. Was die übrigen Nebenplaneten anlangt, so beschreiben die beiden Marsmonde Wellenlinien (wie 3), die beiden innersten Jupitermonde Bahnen [638] mit Schleifen (1), die beiden äußern Wellenlinien (3), die vier innersten Saturnmonde Linien mit Schleifen, die vier äußersten Wellenlinien, und die letztere Form haben auch die Bahnen der Uranusmonde und des Neptunmondes. Ein einfaches Hilfsmittel zur Zeichnung dieser verschiedenen Kurven bildet die Mondbahnscheibe von H. Friedel, hergestellt vom Mechaniker G. Gehricke in Jena; vgl. die Zeitschrift „Praktische Physik“ 1891, S. 175.