MKL1888:Mysĭen
[955] Mysĭen, alte Landschaft Kleinasiens, die Nordwestecke der Halbinsel umfassend (s. Karte „Altgriechenland“), war im O. von Phrygien und Bithynien, im S. von Lydien begrenzt und zerfiel in: Klein-Phrygien, von thrakischen Stämmen bewohnt, am Hellespont; das eigentliche M., im Innern; Troas, den nördl. Teil der Westküste; Äolis, den südlichen Teil derselben, u. Teuthrania, an der Südgrenze. Es ist eine waldige, an Städten arme Binnen- und Berglandschaft, die sich nordwestlich gegen die Propontis und den Hellespont in Stufen abdacht und erst in der Zeit römischer Provinzialverwaltung unter dem gemeinsamen Namen M. begriffen wird. Die Hauptgebirge sind: der Ida (Kaz Dagh) und der mysische Olympos (Keschisch Dagh) im N., der Temnos (Demirdschi Dagh) im S. Die Westküste bildet zwei große Meerbusen, den von Adramyttion (Edremid) und von Eläa, an welchem heute Tschandarlyk liegt. Die Flüsse Mysiens sind Rhyndakos (Adirnas Tschai), Makestos (Susurlu), der Äsepos, der berühmte Granikos (Kodscha Tschai); in Troas der Skamandros und in Teuthrania der Kaikos (Bakir Tschai) mit dem Keteios (Bergama Tschai), an welchem die wichtigste Stadt des Landes, Pergamon (s. d.), lag. Die Bewohner Mysiens bestanden aus Phrygiern, Troern, Äoliern und den eigentlichen Mysiern. Letztere, welche nach der Angabe Strabons erst nach dem Trojanischen Krieg von N. her eingewandert sein sollen, waren ein einfaches Hirtenvolk, das weit zerstreut bis nach Makedonien hinein saß und wahrscheinlich von Asien nach Europa (nicht umgekehrt) gewandert ist.