MKL1888:Pergămon

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Pergămon“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 12 (1888), Seite 843844
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Pergămon. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 12, Seite 843–844. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Perg%C4%83mon (Version vom 26.03.2022)

[843] Pergămon (lat. Pergamus), im Altertum berühmte Stadt in Mysien, in der Landschaft Teuthrania, am Selinos und Keteios (Bergama-Tschai), der sich südlich der Stadt in den Kaikos ergießt, lag am Fuß eines steilen Bergs, auf dem die Akropolis stand. Die Einwohner hielten sich für Abkömmlinge eingewanderter Arkadier; jedenfalls war schon in der Perserzeit hier das griechische Element vorherrschend. Den Grund zur Größe der Stadt legte Lysimachos, welcher dort durch Philetäros seine Schätze (9000 Talente = ca. 32 Mill. Mk.) aufbewahren ließ, und noch mehr Philetäros selbst, der 283 v. Chr. nach Lysimachos’ Fall P. zur Hauptstadt des von ihm gestifteten Pergamenischen Reichs (s. d.) machte. Am meisten vergrößert und verschönert wurde die Stadt durch König Eumenes II. (197–159), der auch die berühmte pergamenische Bibliothek, die noch zu Kleopatras Zeit 200,000 Rollen zählte, begründete, und unter welchem eine Bildhauerschule blühte (s. Bildhauerkunst, S. 940). Berühmte Erzeugnisse des Gewerbfleißes waren Salben, irdene Becher und Pergament (charta Pergamena). Noch lange nach der Einverleibung des pergamenischen Reichs in das römische (130 v. Chr.) blieb P. die blühende Hauptstadt der Provinz Asia und war der Sitz eines Obergerichtshofs sowie Knotenpunkt aller das westliche Asien durchschneidenden Hauptstraßen. Erst unter den byzantinischen Kaisern verfiel es allmählich. P. ist Vaterstadt des Rhetors Apollodoros und des Arztes Galenos, auch war es einer der ersten Sitze einer christlichen Gemeinde. Die Stadt heißt jetzt Bergama (s. d.). In den Vordergrund des Interesses ist P. durch die von der preußischen Regierung in den Jahren 1878–86 auf Anregung des Ingenieurs Humann (s. d.) dort veranstalteten Ausgrabungen

Plan der Akropolis von Pergamon (1:14,000).

1) Dionysostempel, 2) Theater, 3) Ionischer Tempel, 4) Zeusaltar, 5) Athenetempel, 6) Byzantin. Kapelle, 7) Hallen, 8) Bibliothek, 9) Trajanstempel (Augusteum), 10) Tempel der Julia.

getreten, welche nicht nur ein klares Licht über die Ausdehnung und die Bauwerke der alten Stadt verbreitet, sondern auch wertvolle Reste der Architektur und Skulptur aus der Attaliden- und römischen Zeit zu Tage gefördert haben, welche meist in das Berliner Museum übergegangen sind. Man unterscheidet eine Unterstadt und die Akropolis. In der erstern und ihrer Umgebung sind die Reste der Stadtmauer Eumenes’ II., von Wasserleitungen, eines Theaters, eines Amphitheaters, eines Zirkus, eines Asklepiostempels, einer Thermenanlage (sogen. Basilika) u. a. gefunden worden. Den Glanzpunkt der Stadt bildete der Burgberg (s. Plan), ein geräumiges Hochplateau, welches in mehreren Terrassen emporstieg und eine große Zahl staatlicher Bauwerke enthielt. Hier befanden sich auf der untersten Terrasse ein Gymnasium, dann höher hinauf, auf der eigentlichen Akropolis, der Marktplatz (Agora), ein Tempel des [844] Dionysos (1), ein dem Zeus Soter („Erretter“) von Eumenes II. erbauter, 9 m hoher und 30 m im Geviert messender Altar (4), dessen Außenwand mit einem den Kampf der Götter und Giganten darstellenden Hochrelief (die gefundenen Teile, etwa zwei Drittel des Ganzen, im Berliner Museum) versehen war, ein Tempel der Athene Nikephoros (5), von Säulenhallen umgeben, die berühmte pergamenische Bibliothek (8), die königlichen Paläste, ein Tempel der Julia (10), Augustus’ Tochter, ein Tempel des Trajan (9), ein einer uns unbekannten Gottheit geweihter ionischer Tempel (3), ein Theater (2) und andre Gebäude (s. den Plan, S. 843). Außer den Reliefs des Gigantenfrieses (s. Taf. „Bildhauerkunst III“, Fig. 8 u. 9) sind von den Skulpturenfunden der sogen. Telephosfries und eine Reihe von Reliefs mit aufgeschichteten Waffen zu erwähnen, welche die Brüstung des obern Geschosses einer der den Athenetempel umgebenden Hallen bildete. Vgl. „Die Ergebnisse der Ausgrabungen zu P.“, drei vorläufige Berichte von Conze, Humann, Bohn u. a. (Berl. 1880, 1882, 1888); „Beschreibung der pergamenischen Bildwerke“ (7. Aufl., das. 1885); „Führer durch die Ruinen von P.“ (das. 1887); Urlichs, P., Geschichte und Kunst (Leipz. 1883); Brunn, Über die kunstgeschichtliche Stellung der pergamenischen Gigantomachie (Berl. 1884); Bohn, Das Heiligtum der Athena Polias Nikephoros (das. 1885).