MKL1888:Nandu

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Nandu“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 996
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Nandu. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 996. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Nandu (Version vom 14.09.2022)

[996] Nandu (Rhea Möhr.), einzige Gattung der Familie der Nandus (Rheïdae) aus der Ordnung der Kurzflügler, straußähnliche Vögel mit einem dem des Straußes sehr ähnlichen Schnabel, sehr langen, vorn mit breiten, queren Schildern versehenen Läufen, drei kurzen Zehen, mittellangen Krallen, verkümmerten Flügeln ohne weiche Federn, mit einem dornartigen Nagel an der Spitze und nicht sichtbarem Schwanz. Man kennt aus der auf Südamerika beschränkten Gattung drei Arten, von welchen der Pampasstrauß (R. americana Lath., s. Tafel „Straußvögel“) 1,5 m lang und 2,5 m breit wird. Dieser Vogel ist am Oberkopf, Oberhals, Nacken und an der Vorderbrust schwarz, an der Halsmitte gelb, an der Kehle, den Backen und obern Halsseiten bleigrau, am Rücken, an den Brustseiten und Flügeln bräunlich aschgrau, an den Unterteilen schmutzig weiß; das Auge ist perlgrau, der nackte Teil des Gesichts fleischfarben, der Schnabel horngraubraun, der Fuß grau. Er bewohnt die Steppen der Staaten des Rio de la Plata, lebt mit meist 5–7 Hennen in gesonderten Familiengruppen, welche sich nach der Brutzeit zu Herden sammeln, ohne sich weit von ihrem Geburtsort zu entfernen. Er nährt sich hauptsächlich von Gras, Beeren, Samen und Kerbtieren. Er läuft ungemein schnell; seine Sinne sind scharf und seine geistigen Fähigkeiten nicht gering; er naht sich den Ansiedelungen, wenn auch vorsichtig, und mischt sich unter die Herden, meidet aber den Gaucho und den Indianer. Häufig mischt er sich den Rudeln des Steppenhirsches bei. Er nistet im Dezember; der Hahn füttert eine Mulde im Boden notdürftig mit Gras aus, und das Gelege besteht aus 13–17, angeblich auch aus 50 Eiern. In der Umgebung des Nestes findet man wie beim Strauß verstreute Eier. Diese sind von schwankender Größe, bis zu 13 cm im Durchmesser, gelblichweiß, grüngelb gepunktet und werden vom Männchen allein ausgebrütet, aber auch stundenlang verlassen, in der Gefahr verteidigt. Die Jungen wachsen ungemein schnell. Die Steppenbewohner genießen die Eier, das grobe Fleisch der erwachsenen Vögel und das zartere der Jungen; auch das Fett, die Halshaut und die Federn werden benutzt. In der Gefangenschaft wird der N. sehr schnell zahm und hat sich in Berlin regelmäßig fortgepflanzt. In Südamerika fängt man an, ihn zu züchten, um die Federn zu gewinnen.