MKL1888:Philon

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Philon“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 12 (1888), Seite 1016
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Philon. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 12, Seite 1016. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Philon (Version vom 07.02.2022)

[1016] Philon (Philo), 1) griech. Architekt zur Zeit Alexanders d. Gr., erbaute das Arsenal im Piräeus zu Athen, über welches er auch eine Schrift verfaßt hat.

2) P. aus Byzanz, Mathematiker, um 150 v. Chr., schrieb ein größeres Werk über Mechanik, welches unter anderm die Anfertigung von Geschützen, die Anlage von Mauern und Türmen und den Belagerungskrieg behandelt. Diese Teile sind erhalten und von Thevenot in den „Mathematici veteres“ (Par. 1693) und von Köchly und Rüstow in den „Griechischen Kriegsschriftstellern“ (Bd. 1, Leipz. 1853) herausgegeben. Ein andrer P. schrieb ein Werk über „Die sieben Wunder der Welt“, welches nach Stil und Darstellung dem 5. oder 6. Jahrh. n. Chr. angehört (hrsg. von Orelli, Leipz. 1816, und Hercher, Par. 1858).

3) P. von Larissa, Schüler des Kleitomachos und Nachfolger desselben als Vorstand der Akademie, Begründer der als neuere Akademie bezeichneten Richtung. Er flüchtete im Mithridatischen Krieg aus Athen nach Rom, wo ihn Cicero 87 v. Chr. hörte. Er scheint hauptsächlich Ethik vorgetragen zu haben. Vgl. K. Fr. Hermann, De Philone Larissaeo (Göttingen 1851 u. 1855).

4) P. Judäos, jüdisch-hellen. Philosoph, geboren um 20 v. Chr., begleitete 42 n. Chr. eine Mission der alexandrinischen Juden an den Kaiser Caligula, um gegen die Bedrückungen Abhilfe zu erbitten, denen dieselben ausgesetzt waren, weil sie das Bild des Imperators in ihren Synagogen auszufüllen sich weigerten. Als die Gesandtschaft vom Kaiser schnöde abgewiesen worden, verfaßte P. eine Rechtfertigungsschrift der Juden, die nach Caligulas Tod im Senat vorgelesen wurde. Er starb gegen 54. Seine auf allegorischer Deutung des Alten Testaments ruhende Philosophie fördert wesentlich stoische und Platonische Gedanken ans Licht und betrachtet als Endzweck des Lebens, das Schauen Gottes durch asketische Kontemplation zu erreichen. Zwischen dem rein geistigen Gott und der irdischen Welt fungieren Mittelwesen, welche ebensosehr den Platonischen Ideen als den jüdischen Engeln entsprechen. Als ihre Zusammenfassung gilt der Logos, durch dessen Einführung Philons Lehre die Grundlage der Theologie der alexandrinischen Schule wurde. Philons in griechischer Sprache geschriebene Werke sind zuletzt von Tauchnitz (Leipz. 1851–54, 8 Bde.), einige neu aufgefundene von Tischendorf („Philonea inedita“, das. 1868) herausgegeben worden. Über seine Philosophie schrieben: Großmann (Leipz. 1830), Gfrörer (Stuttg. 1835), Dähne (Halle 1834–35, 2 Bde.), Delaunay (2. Aufl., Par. 1870), Siegfried („P. von Alexandria als Ausleger des Alten Testaments“, Jena 1875), Drummond (Lond. 1888, 2 Bde.) u. a.

5) P. aus Byblos (Phönikien), Grammatiker, geb. 47 n. Chr., lebte noch zur Zeit des Kaisers Hadrian (117–138) in Rom und schrieb außer einigen historischen und rhetorischen Werken eine phönikische Geschichte, angeblich Übersetzung des Sanchuniathon (s. d.), von der sich einiges in der „Praeparatio evangelica“ des Eusebios erhalten hat. Die Veröffentlichung einer vollständigen Handschrift derselben aus dem Kloster Santa Maria de Merinhão in Portugal durch Wagenfeld (Brem. 1837) war ein litterarischer Betrug.