MKL1888:Riénzi

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Riénzi“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 13 (1889), Seite 823824
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Riénzi. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 13, Seite 823–824. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Ri%C3%A9nzi (Version vom 05.12.2023)

[823] Riénzi, Cola di, eigentlich Nikolaus Laurentius Gabrini, berühmter röm. Volkstribun, geb. 1313 zu Rom als Sohn eines Schenkwirts, suchte, durch seine klassischen Studien für die altrömische republikanische Staatsform begeistert, dem römischen Volk durch feurige Reden den Druck, unter welchem es vom Adel, der ihm selbst einen Bruder erschlagen, gehalten wurde, zum Bewußtsein zu bringen. Er war der Sprecher der Gesandtschaft, welche die Römer 1343 an Papst Clemens VI. nach Avignon schickten, ihn zur Rückkehr nach Rom zu bewegen und über den römischen Adel im Namen des römischen [824] Volkes Beschwerde zu führen. Er gewann hier die Gunst des Papstes, der ihn 1344 zum Notar der städtischen Kammer ernannte. Da der Druck des Adels immer höher stieg, erschien R. 20. Mai 1347 in der Mitte einer Volksschar auf dem Kapitol, ließ sich mit Zustimmung des päpstlichen Legaten zum Volkstribun ausrufen, stellte die republikanische Verwaltung her, bildete eine Bürgerwehr, wodurch er den Adel zur Flucht oder zur Unterwürfigkeit zwang, und führte strenge Gerechtigkeitspflege ein. Zugleich suchte er die alte Macht der römischen Republik herzustellen, indem er an alle Fürsten und Städte Italiens, ja auch an den Kaiser Karl IV. und an den König von Frankreich Einladungen zu einer Versammlung in der alten Hauptstadt Italiens und der Welt ergehen ließ. Das große italienische Verbrüderungsfest, das 2. Aug. in Rom stattfand, wurde aber von R. bloß benutzt, um durch prahlerische Aufzüge und Schaustellungen seiner und der Römer Eitelkeit zu schmeicheln. Noch erfocht er 20. Nov. einen blutigen Sieg über den widerspenstigen Adel. Das Glück machte ihn jedoch übermütig. Seine schwelgerische Lebensweise sowie mancherlei Bedrückungen, besonders von seiten der Trabantenschar, mit welcher er sich umgab, entzogen ihm die Liebe des Volkes, der Papst wandte sich von ihm ab, und nach zehnmonatlicher Herrschaft mußte er im März 1348 vor dem zurückkehrenden Adel die Flucht ergreifen. Kaiser Karl IV., zu dem er 1350 nach Prag floh, schickte ihn 1352 in Ketten zum Papst Clemens VI. nach Avignon, und nur der Fürsprache Petrarcas hatte er eine milde Behandlung zu verdanken. Papst Innocenz VI. suchte bei seiner Thronbesteigung Rienzis Einfluß zur Unterwerfung des römischen Adels zu benutzen und schickte ihn (1354) im Gefolge des Kardinals Albornoz mit dem Titel eines Senators nach Rom. R. vertrieb zwar den Adel aufs neue, war aber nicht mehr der begeisterte Republikaner, sondern der Diener des Papstes, dessen Gelddurst er durch Ermordung des reichen Bandenführers Fra Moreale und durch neue Auflagen befriedigen mußte. Dies brachte das Volk abermals gegen ihn auf. Im Kapitol von seinen Feinden 8. Okt. 1354 überfallen, entfloh er in Bettlertracht, ward aber eingeholt und von einem Diener des Hauses Colonna grausam ermordet. Seinen Leichnam schleifte der Pöbel durch die Stadt, verbrannte ihn und streute die Asche in die Luft. Rienzis Schicksal ward von Bulwer als Stoff eines Romans, von Jul. Mosen zu einem Trauerspiel und von Richard Wagner zu einer Oper benutzt. Vgl. Papencordt, Cola di Rienzo und seine Zeit (Hamb. 1841); Auriac, Étude historique sur Nic. R. (Amiens 1885); Rodocanachi, Colas di R. (Par. 1888).