MKL1888:Safran
[167] Safran (Crocus), die Narben von Crocus sativus, welcher zur Gewinnung derselben vielfach kultiviert wird. Die Safranblüten enthalten einen mehrere Zentimeter langen Stempel, welcher sich an der Spitze in drei allmählich sich erweiternde, fadenförmige, orangerote Narben teilt. Letztere allein werden gesammelt und möglichst schnell getrocknet. 8000 Blüten liefern 500 g frischen oder 100 g getrockneten S. (nach andern Angaben noch weniger), und jede Pflanze treibt nur 1–2 Blüten. Der S. bildet ein loses Haufwerk einzelner oder noch zu je dreien zusammensitzender, gesättigt braunroter, sich fettig anfühlender Fäden, riecht gewürzhaft, schmeckt bitter, etwas scharf, ist sehr hygroskopisch und enthält Polychroit (Crocin) von außerordentlichem Färbungsvermögen, Fett, Traubenzucker und 8,9 Proz. mineralische Stoffe. Die größte Quantität des Safrans wird gegenwärtig in Spanien (Niederaragonien, Murcia, La Mancha) gewonnen, der höher geschätzte französische stammt aus dem Arrondissement Pithiviers im Gâtinais, als der vorzüglichste gilt der niederösterreichische (Meissau etc.), welcher aber nur in sehr geringer Menge produziert wird. Außerdem wird S. kultiviert in England (Essex, Cambridge), Italien, der Türkei, im Kaukasus, in Arabien, Pennsylvanien. Man benutzt ihn als Gewürz, zum Färben von Konditorwaren, Brot, Nudelteig, Käse, Butter, Goldfirnis, kaum noch in der Medizin. In großen Gaben wirkt er giftig. S. spielt seit den ältesten Zeiten eine große Rolle als Arzneimittel, Gewürz oder Farbmaterial. Er wird erwähnt in der ältesten indischen Medizin, bei Salomo, Homer, Hippokrates, Theophrast u. a. und galt im Altertum als „König der Pflanzen“. Im 10. Jahrh. wurde er in Spanien kultiviert, und nach Frankreich, Italien und Deutschland soll er durch die Kreuzfahrer gebracht worden sein. Im 15. und 16. Jahrh. scheint die Safrankultur bei uns von Belang gewesen zu sein. Später [168] nahm der Gebrauch des Safrans immer mehr ab, und nur in einigen Gegenden hat sich eine eigentümliche Vorliebe für denselben erhalten, wie im Berner Oberland, wo er als Gewürz beliebt ist. Reiche Araberinnen färben noch jetzt Augenlider, Fingerspitzen und Zehen mit S. Seit dem Altertum wurde der kostbare S. arg gefälscht, und im Mittelalter sah man sich zur Anwendung der schärfsten Mittel gegen die Safranfälscher genötigt. Auch gegenwärtig kommen Verfälschungen mit Safflor, Arnikablüten und Ringelblumen häufig genug vor. Als Safransurrogat aber werden dinitrokresylsaures Kali und Ammoniak zum Färben in großen Mengen verbraucht. Wilder, falscher S., s. Carthamus und Safflor.