MKL1888:Seebär
[803] Seebär (Bärenrobbe, Ohrenrobbe, Otaria Péron), Säugetiergattung aus der Ordnung der Robben und der Familie der Ohrenrobben (Arctocephalina), Robben mit normalen Eckzähnen, kleinen Ohrmuscheln, langem Hals und ziemlich weit aus dem Körper hervorragenden und ihn tragenden Gliedmaßen. Der S. (O. ursina Pér., s. Tafel „Robben“), bis 3 m lang (die Weibchen nur halb so lang), mit gestrecktem Leib, kurzem Hals, verhältnismäßig langem, spitzem Kopf, ziemlich kleinem Maul, wenigen Schnurrborsten auf der Oberlippe, großem Auge, flossenartigen Vorderfüßen, sehr verbreiterten und verlängerten Hinterfüßen, an welchen drei von den fünf Zehen Nägel tragen, dunkelbraunem, am Vorderkörper weiß gesprenkeltem Pelz, findet sich an der Küste Patagoniens und Westafrikas, der Falklandinseln, Neusüdschottlands, Südgeorgiens, im Beringsmeer und an der St. Paulsinsel; er lebt meist auf hoher See, macht weite Wanderungen und kommt nur zum Zweck der Fortpflanzung an einsamen Stellen ans Land, wo er, ohne zu fressen, längere Zeit verweilt. Jedes Männchen hat 8–15 Weibchen. Das Weibchen wirft ein Junges, selten zwei. Der S. ist am Land sehr behend und hat ein ungemein zähes Leben. Man jagt ihn des vortrefflichen Pelzes und des wohlschmeckenden Fleisches halber. Die St. Paulsinsel sollen jährlich mehr als 1 Million Seebären besuchen; durch rücksichtslose Verfolgung hat sich ihre Zahl sehr erheblich vermindert, aber es werden im ganzen doch noch jährlich 150,000 Stück getötet. Bei der Jagd schleicht sich eine Anzahl geübter Leute an die Küste, wo die jüngern Männchen lagern, und treibt die Herde landeinwärts bis zum Schlachtplatz, wo die geeigneten durch einen Schlag auf die Nase getötet werden, während man den übrigen die Flucht gestattet. Weibchen werden nicht getötet. Die Mähnenrobbe (O. jubata Desm.), bis 2,7 m lang, hat ein beim alten Männchen auf dem Rücken mähnenartig verlängertes Haar, ist auf der Oberseite des Kopfes hell-, an den Wangen dunkelbraun, an der Schnauze schwarz, auf dem Rücken gelblichgrau, am Bauch braungelb, an den nackten Flossen schwarz. Das bedeutend kleinere Weibchen weicht in der Färbung erheblich ab. Die Mähnenrobbe bewohnt die Südspitze Südamerikas und findet sich südlich bis zum Grahamsland. Sie macht weite Wanderungen, weilt der Fortpflanzung halber monatelang am Land, und das Weibchen wirft hier ein Junges. Man jagt sie wenig eifrig, weil sie geringen Nutzen gewähren. Der Seelöwe (O. Stelleri Less.), bis 5 m lang, ist mit einem kurzen, harten, in der Färbung schwankenden Haarkleid und nur an den Extremitäten mit einer rauhkörnigen Haut bedeckt, das viel kleinere Weibchen ist in der Regel hellbraun gefärbt. Er findet sich an der asiatischen und amerikanischen Küste des Großen Ozeans nördlich von den Schildkröteninseln, bewohnt auch dicht bevölkerte Gegenden und dringt in die Buchten und selbst in die Flüsse ein. Einem Männchen folgen 3–4 Weibchen. Die Seelöwen erscheinen wild und bösartig, fliehen aber vor dem Menschen und kämpfen nur in der Not, wobei sie dann eine sehr große Kraft entwickeln. Sie fressen Fische, Weich- und Krebstiere, Pinguine und Möwen. Man jagt sie des Speckes und des Felles halber, welches auf Leim verarbeitet wird. Die Eingebornen trocknen auch das Fleisch für den Winter und verarbeiten die gegerbten Gedärme zu Kleidern. Die Seelöwen halten sich leicht in der Gefangenschaft und lassen sich in hohem Grad zähmen.
[754] ✽ Seebär (Bāre, mundartlich = Welle), an der Küste der Ostsee eine plötzlich eintretende, mauergleich einherschreitende Flutwoge, die auf weite Strecken hin für längere oder kürzere Zeit ein Schwanken des Meeresspiegels zur Folge hat. Dieselbe tritt ohne jede Vorbereitung, selbst bei völliger Windstille auf, erhebt sich stellenweise bis zu einer Höhe von 2 m und dringt die Flüsse aufwärts ein. Durch Betrachtung der gleichzeitig mit dem Phänomen herrschenden meteorologischen Zustände hat sich ergeben, daß die Seebären zu den als Seiches (s. d., Bd. 17) bekannten stehenden Vertikalschwingungen des Spiegels geschlossener Wasserbecken gehören. Die Erscheinung tritt im ganzen nur selten auf und ist zum letztenmal in der Ostsee 16./17. Mai 1888 beobachtet worden. Vgl. R. Credner, Über den S. der westlichen Ostsee vom 16./17. Mai 1888 (in den „Beiträgen zur Landeskunde von Vorpommern und Rügen“ 1888, Heft 5).