MKL1888:Sievers
[960] Sievers, 1) Jakob Johann, Graf, russ. Staatsmann, geb. 30. Aug. 1731 zu Wesenberg in Esthland, ward 1748 Sekretär des Barons v. Korff und begleitete denselben nach Kopenhagen und London, diente während des Siebenjährigen Kriegs im russischen Heer als Generalquartiermeister, ward 1764 von Katharina II. zum Gouverneur von Nowgorod ernannt, führte den Kartoffelbau ein, regelte das Postwesen und betrieb die Abschaffung der Tortur (1767). Auf seinen Vorschlag wurde die Statthalterschaftsverfassung eingeführt und er selbst zum Generalgouverneur von Nowgorod, Twer und Pskow ernannt. Nachdem er 1781 seine Entlassung genommen, ward er Gesandter in Polen und leitete die zweite und dritte Teilung dieses Königreichs. Kaiser Paul ernannte ihn 1796 zum Senator und 1797 zum Chef des neuen Departements der Wasserkommunikation und erhob ihn 1798 in den erblichen Grafenstand. 1800 schied er aus dem Staatsdienst und starb 23. Juli 1808 zu Bauerhof in Livland. Ihm zu Ehren benannte Alexander I. den die Mündung der Msta mit dem Wolchow vereinigenden Kanal (s. Siwerskanal). Vgl. Blum, Des Grafen J. J. S. Denkwürdigkeiten zur Geschichte Rußlands (Leipz. 1857–58, 4 Bde.); Derselbe, Graf S. und Rußland zu dessen Zeit (das. 1864).
2) Eduard, Germanist, geb. 25. Nov. 1850 zu Lippoldsberg bei Hofgeismar, studierte in Leipzig und Berlin, wurde 1876 ordentlicher Professor an der Universität Jena, 1883 in Tübingen, 1887 in Halle. Er ist hauptsächlich als Grammatiker und Herausgeber altdeutscher Texte thätig. Von ihm erschienen: Tatianus, lateinisch u. altdeutsch herausgegeben (Paderborn 1872); „Die Murbacher Hymnen, nach der Handschrift herausgegeben“ (Halle 1874); „Paradigmen zur deutschen Grammatik“ (das. 1874); „Der Heliand und die angelsächsische Genesis“ (das. 1875); „Grundzüge der Phonetik“ (3. Aufl., Leipz. 1886); „Zur Accent- und Lautlehre der germanischen Sprachen“ (Halle 1878); eine Ausgabe des „Heliand“ (das. 1878); „Beiträge zur Skaldenmetrik“ (1878 u. 1879); „Zur Rhytmik des germanischen Allitterationsverses“ (1887); „Proben einer metrischen Herstellung der Eddalieder“ (das. 1885); „Angelsächsische Grammatik“ (2. Aufl., das. 1886); „Tübinger Bruchstücke des ältern Frostuthingslög“ (das. 1886); „Oxforder Benediktinerregel“ (das. 1887). Mit E. Steinmeyer gab er heraus: „Althochdeutsche Glossen“ (Berl. 1879–82, Bd. 1 u. 2).
[839] Sievers, 2) Eduard, Germanist, bisher ordentl. Professor in Halle a. S., folgte im Frühjahr 1892 einem Ruf an die Universität Leipzig.
Sievers, Wilhelm, Geograph, geb. 3. Dez. 1860 zu Hamburg, studierte in Jena, Göttingen, wo er promovierte, und in Leipzig, habilitierte sich 1887 an der Universität Würzburg und ist seit 1890 Professor der Geographie in Gießen. In den Jahren 1884–86 unternahm er Forschungsreisen nach Venezuela und Kolumbien. Er schrieb: „Reise in der Sierra Nevada de Santa Marta“ (Leipz. 1888); „Die Sierra Nevada de Santa Marta und die Sierra de Peripé“ (in der „Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde in Berlin“, 1888); „Die Kordillere von Merida und das Karibische Gebirge“ (in Pencks „Geographischen Abhandlungen“, Wien 1888); „Venezuela“ (Hamb. 1888); „Afrika“ (Leipz. 1891) und „Asien“ (das. 1892). Die beiden letztern Werke bilden den Anfang einer vom Bibliographischen Institut in Leipzig unternommenen „Allgemeinen Länderkunde“.