Zum Inhalt springen

MKL1888:Stahlstich

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Stahlstich“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Stahlstich“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 15 (1889), Seite 219
Mehr zum Thema bei
Wikipedia-Logo
Wikipedia: Stahlstich
Wiktionary-Logo
Wiktionary:
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Indexseite
Empfohlene Zitierweise
Stahlstich. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 15, Seite 219. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Stahlstich (Version vom 03.07.2023)

[219] Stahlstich (Siderographie), die Vervielfältigung von Bildwerken mittels geschnittener Stahltafeln, 1820 von dem Engländer Charles Heath erfunden. Das Verfahren dabei ist folgendes. Stahlblöcke oder Platten werden dekarbonisiert, d. h. des Kohlenstoffs beraubt, und dadurch bis zu dem Grad erweicht, daß sie sich beim Stich der Figuren noch besser behandeln lassen als Kupfer. Das Verfahren beim Stich ist dasselbe wie bei dem auf Kupfer, nur bedient man sich auf Stahl seltener und mit weniger Vorteil der kalten Nadel. Nach dem Stich wird durch ein chemisches Verfahren die Platte wieder gehärtet. Um den Stich auf andre Platten zu übertragen, schiebt man einen gleichfalls dekarbonisierten Cylinder von Stahl in die Übertragungspresse (transfer-press) und fährt damit über die eingeschnittenen Figuren der wieder gehärteten Stahlplatte hin. Die Einschnitte der Platte drücken sich hierbei dem Cylinder erhaben auf, und zwar wird es durch eine schwingende Bewegung der Presse und der Peripherie des Cylinders ermöglicht, daß sich immer eine neue Oberfläche zur Aufnahme des Stahlschnitts darbietet. Nachdem darauf der Cylinder ebenfalls gehärtet worden ist, drückt man damit auf neue dekarbonisierte Stahlplatten das ursprüngliche Bild der Originalplatte auf und druckt diese wie gewöhnlich ab. Auf diese Weise kann das Bild ins Unendliche vervielfältigt werden, so daß der 10,000. Abdruck nicht den geringsten Unterschied vom ersten zeigt. Dennoch ist für Kunstwerke höherer Gattung der Kupferstich in Geltung geblieben, da er größere Kraft, Sicherheit und Weichheit in der Linienführung gestattet, wogegen der S. besonders für solche Werke angewendet wird, welche einen starken Absatz versprechen, wie für Illustrationen, Veduten u. dgl. Der erste Stahlstecher in Deutschland war Karl Ludwig Frommel in Karlsruhe. Seit der Erfindung der Galvanoplastik, welche die Abnahme von Klischees von Kupferplatten gestattet, und der Verstählung von Kupferplatten ist der S. in Abnahme gekommen. Vgl. Kupferstecherkunst.