MKL1888:Weihgeschenke

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Weihgeschenke“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 17 (Supplement, 1890), Seite 821
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Weihgeschenke. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 17, Seite 821. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Weihgeschenke (Version vom 11.10.2022)

[821]  Weihgeschenke, im griechischen Altertum Gaben Einzelner wie ganzer Gemeinden, welche aus Anlaß eines glücklichen Ereignisses den Göttern dargebracht wurden und im Innern oder an den Außenseiten von Tempeln oder in heiligen Bezirken ihren Platz fanden. Die W. der Privatleute richteten sich nach dem Wohlstand. Sie wurden gewöhnlich nach einer glücklich überstandenen Gefahr oder nach der Genesung von einer Krankheit gespendet und bestanden aus Edelmetall, Bronze, Thon, Wachs etc. Die von einer Krankheit Genesenen pflegten Nachbildungen der erkrankten Körperteile in den genannten Materialien zu weihen (vgl. auch Votivtafel, Bd. 16). Auch weihten Handwerker ihre Werkzeuge, Landleute ihre Geräte, Krieger ihre Waffen, und allgemein war die Sitte, das Haupthaar abzuschneiden und der Gottheit zu weihen. Jungfrauen pflegten vor der Vermählung ihren Gürtel der jungfräulichen Artemis zu weihen, und sehr beliebt war es auch, alten Kultusbildern Kleidungsstücke, Schmucksachen, kostbare Gewebe u. dgl. m. zu weihen. Die W. der Städte, Fürsten und Gemeinden wetteiferten miteinander an Kostbarkeit und Größe. Dreifüße und Schilde, welche in den Giebeln der Tempel aufgestellt oder zwischen den Triglyphen des Frieses aufgehängt wurden, waren allgemein übliche W. für errungene Siege. Olympia, Delphi und die Akropolis von Athen waren bevorzugte Orte zur Aufstellung von Weihgeschenken, die auch noch unter den römischen Kaisern damit bedacht wurden. Geschichtlich berühmte Weihgeschenke und Stiftungen sind der goldene, auf einer ehernen, noch jetzt in Konstantinopel vorhandenen Schlangensäule (s. d.) stehende Dreifuß, welchen die Griechen nach der Schlacht bei Platää (479 v. Chr.) dem Apollon zu Delphi weihten, die Erzfigur der Athene Promachos von Pheidias auf der Akropolis zu Athen, von den Athenern nach der Schlacht bei Marathon gestiftet, eine erzene, vergoldete Palme mit dem Bilde der Athene davor, welche die Athener nach der Besiegung der Perser am Eurymedon nach Delphi sandten, die vier Kämpfergruppen, welche Attalos I. von Pergamon nach seinem Sieg bei Sardes über die Kelten auf der Akropolis in Athen stiftete, und der große, noch in Trümmern (in Berlin) erhaltene Zeusaltar mit der Gigantenschlacht, welche derselbe Fürst und sein Sohn Eumenes II. aus gleichem Anlaß in Pergamon erbauen ließ. W. von Privatleuten sind zahlreich bei den Ausgrabungen in Olympia, Athen und an andern Orten gefunden worden. Vgl. Reisch, Griechische W. (in den Abhandlungen des archäologisch-epigraphischen Seminars der Universität Wien, 1890).