MKL1888:Weinsberg

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Weinsberg“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 501
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Weinsberg. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 501. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Weinsberg (Version vom 12.10.2022)

[501] Weinsberg, Oberamtsstadt im württemb. Neckarkreis, an der Sulm und an der Linie Heilbronn-Krailsheim der Württembergischen Staatsbahn, 203 m ü. M. hat eine alte romanische evang. Kirche, eine Weinbauschule, ein Amtsgericht, eine Weingärtnergesellschaft, vorzüglichen Wein- u. Obstbau und (1885) 2424 meist evang. Einwohner. Dabei der Schloßberg mit den Ruinen des Schlosses Weibertreu, so genannt zum Andenken an die durch Bürgers Ballade verherrlichte Sage (s. unten), und am Fuß desselben das ehemalige Wohnhaus des Dichters Justinus Kerner, dem in der Nähe ein Denkmal errichtet ist. Ebenfalls besitzt W. ein Denkmal des Reformators Ökolampadius. Bei W. schlug 21. Dez. 1140 König Konrad III. den Grafen Welf VI., den Bruder Heinrichs des Stolzen von Bayern, welcher zum Entsatz der schon seit 15. Nov. belagerten Stadt herbeieilte. Bald darauf mußte sich die Stadt ergeben. Der König soll, so erzählen Zeitgenossen, den Frauen von W. das Leben geschenkt und ihnen erlaubt haben, mitzunehmen, was sie tragen könnten. Als jene dann ihre Männer auf den Schultern herausgetragen hätten, habe ihnen der König nicht gewehrt, sondern gesagt: „Ein Königswort darf nicht verdreht werden“. Ein altes Bild in der Stadtkirche stellt die Begebenheit dar. 1824 kaufte der König Wilhelm die Ruinen der Weibertreu und schenkte sie dem 1823 auf Antrieb des Dichters Justinus Kerner gestifteten Frauenverein. – Nachdem die Stadt 1140 in den Besitz der Hohenstaufen gekommen, wurde sie Reichsstadt und 1331 Mitglied des Schwäbischen Städtebundes, wurde jedoch oft verpfändet. Während der Kämpfe zwischen den schwäbischen Städten und dem Adel wurde die Stadt 1440 eingenommen, ging durch Kauf an die Kurpfalz über und verlor so ihre Reichsfreiheit. Im Bauernkrieg wurden hier 1525 der Graf von Helfenstein und viele andre Edle durch die Spieße der Bauern gejagt. Zur Strafe wurde dann 21. Mai die Stadt von dem Truchseß von Waldburg eingeäschert. Vgl. Bernheim, Die Sage von den treuen Weibern zu W. (in „Forschungen zur deutschen Geschichte“, Bd. 15, Gött. 1875); Merk, Geschichte der Stadt W. und ihrer Burg Weibertreu (Heilbr. 1880).