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MKL1888:Winde

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Winde“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 667669
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Wiktionary: Winde
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Winde. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 667–669. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Winde (Version vom 20.02.2024)

[667] Winde, Pflanzengattung, s. Convolvulus.

[668] Winde, Maschine zum Heben von Lasten. Man unterscheidet direkt wirkende Winden und indirekt wirkende Winden, je nachdem die Arbeitskraft ohne oder mit Benutzung von Ketten oder Seilen auf die zu hebende Last übertragen wird. Zu erstern gehören hauptsächlich die Wagen- oder Lokomotivwinden. Dieselben bestehen entweder aus einer Zahnstange, welche zum Angreifen der Last oben mit einem Kopf, unten mit einem hakenförmigen Ansatz versehen ist, und welche mit Hilfe einer Kurbel und irgend eines Rädervorgeleges (Stirnräder oder Schraubenräder) emporgehoben und durch einen in ein Sperrrad einklinkenden Sperrkegel in der erhobenen Lage festgehalten werden kann; oder ihr Hauptteil bildet eine Schraube, die entweder durch eigne Drehung oder durch Drehung ihrer Mutter in die Höhe gebracht

Fig. 1. Lokomotivwinde.

wird, wobei man sich zur Vergrößerung des Verhältnisses von Last zu Kraft langer Drehhebel und auch der Rädervorgelege bedient. In dieser Weise sind besonders die Lokomotivwinden eingerichtet, Fig. 1; aa fahrbares Gestell, b Schraubenspindel, c Mutter, welche einen Balken d auf einer Seite unterstützt. Derselbe wird auf der andern Seite in gleicher Weise getragen und behufs Hebung einer Lokomotive unter dieselbe geschoben. gh Stirnrädervorgelege, ik Kegelrädervorgelege, l Kurbel. Die Winden, welche in Chicago zum Heben von Häusern verwendet wurden, bestanden aus einfachen Gestellen mit Schraubenmuttern und Schrauben, letztere wurden von langen Hebeln gedreht und so die auf den drehbaren Köpfen der Schrauben ruhenden Fundamente gehoben. Man hat auch Wagenwinden konstruiert, die aus einer kleinen hydraulischen Presse bestehen und zum Einpumpen des Druckwassers mit einer Handpumpe versehen sind. Die indirekten Winden haben als Hauptteil eine oder mehrere meist cylindrische Windetrommeln, welche durch Rädervorgelege in Drehung versetzt werden, so daß sie mit Hilfe einer sich dabei aufwickelnden Kette (oder eines Seils) die Last heben. Eine Sperrvorrichtung ist zu dem Zweck damit verbunden, daß man die Last in jeder Höhenlage fixieren kann, eine Bremsvorrichtung (s. Bremse) soll ein langsames Sinkenlassen der Last durch die eigne Schwere gestatten. Eine einfache W. (Bockwinde) für Bauzwecke zeigt Fig. 2: aa Bockgestell, b Windetrommel, cd Rädervorgelege, ee Kurbeln, f Bremsscheibe, g Bremshebel mit Bremsband, h Sperrrad mit Klinke. Statt des einfachen Rädervorgeleges cd werden oft, besonders wo große Lasten zu heben sind, mehrfache Rädervorgelege verwendet in der Weise, daß zwischen der Kurbelwelle und der Windetrommel noch eine oder zwei mit entsprechenden Rädern versehene Wellen eingeschaltet sind. Die Windetrommeln sind meist mit schraubenförmigen Rillen versehen, damit die Kette (oder das Seil) sich in regelmäßigen Windungen nebeneinander aufwickelt. Ihre Länge richtet sich deshalb nach der Länge der aufzuwickelnden Kette. Sehr lange Seile, welche eine übermäßig lange Windetrommel zum Aufwinden nötig hätten, schlingt man in Schlangenwindungen über zwei parallele Trommeln, bei deren gleichnamiger Drehung fortwährend das Lastende des Seils mit Hilfe der zwischen Seil und Trommeln entstehenden Reibung aufgewunden wird, während sich das freie Seilende um ebensoviel abwickelt. Um auch Ketten aufwinden zu können, ohne sie an einem Ende der Trommel zu befestigen, wendet man sogen. Nußwellen an, d. h. zwei kombinierte dreieckige Scheiben, welche mit den Ecken in die Kettenglieder eingreifen, oder man bedient sich statt der Schakenketten der Gallschen Gelenkketten mit dazu passenden Zahnrädern. Die Vorgelege der Winden bestehen entweder aus Stirnrädern oder Schraubenrädern; erstere sind der Abnutzung nicht so ausgesetzt wie letztere, dagegen gestalten sich letztere für große Übersetzungen viel einfacher und bedürfen auch wegen ihrer großen Reibung keiner Sperr- u. Bremsvorrichtung. Um diese große Reibung, die den Nutzeffekt der Winden stark beeinträchtigt, zu vermeiden,

Seitenansicht Vorderansicht
Fig. 2. Bockwinde.

ohne jedoch die Notwendigkeit einer Sperrvorrichtung herbeizuführen, hat E. Brauer seine patentierten Hemmräder konstruiert, die aus einem gewöhnlichen Stirnrädervorgelege bestehen, welches jedoch in der Weise ausgeführt ist, daß die Teilung des kleinern Rades (s. Räderwerke) bedeutend größer ist als diejenige des großen Rades. Diese Einrichtung gestattet nur ein Antreiben dieses Vorgeleges vom kleinen Rad aus, also zum Aufwinden von Lasten. Sehr gefährlich sind bei Winden die gewöhnlichen Kurbeln, indem sie beim Niedergang der Last sehr schnell rotieren und unvorsichtig zu nahe kommenden Leuten schwere Verletzungen zufügen. Hiergegen sollen die Sicherheitskurbeln von Kölle; Gauhe, Gockel u. Komp.; Stauffer u. Mégy; E. Becker; Weidtmann; Selig etc. schützen, welche beim Niedergang der Last ausgeschaltet werden (also stillstehen). Um ein zu schnelles Niedersinken der Last zu verhindern, werden selbstthätige Bremsen verwendet. Dieselben treten mit Beginn der Lastsenkung ohne Einwirkung äußerer Regulierung in Wirksamkeit und sind entweder Zentrifugalbremsen, bei welchen die Bremsung durch ein Zentrifugalpendel (s. Regulator) bewirkt wird (Bremsen von Otis, Stauffer, Becker), oder Lastdruckbremsen, [669] bei welchen die Bremsung durch den Druck der Last selbst hervorgerufen wird (Bremsen von Weston, Becker etc.). Die Winden werden entweder von Menschen oder durch Dampf in Bewegung gesetzt (Dampfwinden). Häufig sind sie auch so eingerichtet, daß sie je nach Bedarf oder Gelegenheit entweder Menschen- oder Dampfkraft aufnehmen können. Vgl. Ernst, Die Hebezeuge (Berl. 1883, 2 Bde.); Uhland, Die Hebeapparate (Jena 1882, 2 Tle.).