MKL1888:Zeller

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Zeller“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 863
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Zeller. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 863. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Zeller (Version vom 11.04.2024)

[863] Zeller, 1) Christian Heinrich, Pädagog, geb. 29. März 1779 auf Schloß Hohen-Entringen bei Tübingen, studierte 1797–1801 in Tübingen die Rechte, widmete sich aber dann dem Erziehungsfach, war längere Jahre Lehrer und Schulinspektor in Zofingen (Aargau) und gründete 1820 zu Beuggen, einer badischen Domäne unweit Basel, eine Armenschullehreranstalt, welcher er bis zu seinem Tod vorstand. Er starb 18. Mai 1860. Bekannt ist das warm anerkennende Urteil Pestalozzis über jenes Unternehmen, in welchem er bei seinem Besuch 1827 verwirklicht fand, was er selbst gewollt hatte. Unter Zellers Schriften sind hervorzuheben: „Lehren der Erfahrung für christliche Land- und Armenschullehrer“ (Basel 1827, 3 Bde.; 4. Aufl. 1865, 2 Bde.); „Seelenlehre, gegründet auf Schrift und Erfahrung“ (Kalw 1846, 6. Aufl. 1880) und das von ihm seit 1829 herausgegebene „Monatsblatt von Beuggen“. Vgl. Thiersch, Chr. H. Zellers Leben (Basel 1876, 2 Bde.). – Auch sein Bruder Karl August Z. (geb. 1774 zu Ludwigsburg, 1809–16 Schulrat in Königsberg i. Pr., seitdem privatisierend, gest. 1847 in Stuttgart) hat sich um die Verbreitung und Ausgestaltung der Pestalozzischen Pädagogie wesentliches Verdienst erworben.

2) Eduard, namhafter Theolog und Geschichtschreiber der Philosophie, geb. 22. Jan. 1814 zu Kleinbottwar in Württemberg, studierte zu Tübingen und Berlin, habilitierte sich 1840 am erstern Ort als Privatdozent der Theologie, wurde 1847 trotz des Widerspruchs der Konservativen seiner freisinnigen, an Baur und Strauß sich anlehnenden Richtung halber als Professor der Theologie nach Bern berufen; 1849 in gleicher Eigenschaft nach Marburg übergesiedelt, wurde er dort infolge der Reaktion gleich in die philosophische Fakultät versetzt, 1862 als ordentlicher Professor der Philosophie nach Heidelberg und 1872 nach Berlin berufen. Von seinen Schriften sind zu nennen: „Platonische Studien“ (Tübing. 1839); „Die Philosophie der Griechen“ (das. 1844–52, 3 Bde.; 4. u. 3. Aufl. 1877–88, 5 Bde.); „Das theologische System Zwinglis“ (das. 1853); „Die Apostelgeschichte kritisch untersucht“ (Stuttg. 1854); „Vorträge und Abhandlungen“ (2. Aufl., Leipz. 1875; 2 weitere Sammlungen, das. 1877 u. 1884); „Staat und Kirche“, Vorlesungen (das. 1872); „David Friedr. Strauß in seinem Leben und seinen Schriften geschildert“ (Bonn 1874); „Geschichte der deutschen Philosophie seit Leibniz“ (Leipz. 1873); „Grundriß der Geschichte der griechischen Philosophie“ (das. 1883, 3. Aufl. 1889); „Friedrich d. Gr. als Philosoph“ (Berl. 1886). Z., der ursprünglich zu den entschiedensten Anhängern Hegels zählte, hat sich in der spätern Auflage seiner als das vorzüglichste Werk über den Gegenstand geschätzten Geschichte der griechischen Philosophie von dessen Standpunkt entfernt.

3) Jules Sylvain, franz. Geschichtsforscher, geb. 23. April 1819 zu Paris, wurde auf dem Collège Charlemagne erzogen, studierte die Rechte, später Litteratur und Geschichte und hielt sich, um sich mit deutscher Sprache und Litteratur bekannt zu machen, längere Zeit in Deutschland auf. Er promovierte in Paris mit einer Dissertation über Hutten und wirkte dann mehrere Jahre als Geschichtsprofessor an den Lyceen in Rennes, Bordeaux und Straßburg. 1854 ward er zum Professor der Geschichte an der Fakultät in Aix, 1858 zum Geschichtslehrer an der Normalschule in Paris ernannt und hielt zu gleicher Zeit Geschichtsvorträge an der Sorbonne. 1863 ward er Duruys Nachfolger als Professor der Geschichte an der polytechnischen Schule. Das ihm im August 1870 übertragene Amt eines Rektors der Akademie in Straßburg konnte er wegen der Belagerung dieser Stadt nicht antreten. 1874 ward er zum Mitglied der Akademie der moralischen und politischen Wissenschaften erwählt und 1876 zum Generalinspektor des höhern Unterrichts ernannt. Er schrieb: „L’histoire abrégée de l’Italie depuis la chute de l’Empire romain jusqu’à nos jours“ (4. Aufl. 1886); „L’année historique“ (1860–62, eine nicht fortgesetzte Zeitgeschichte); „Les empereurs romains, caractères et portraits historiques“ (1863); „Entretiens sur l’histoire. Antiquité et moyen-âge“ (2. Aufl. 1865, 2 Bde.); „Entretien sur le XVI. siècle. Italie et Renaissance“ (1869; neue Ausg. 1883, 2 Bde.); „Les tribuns et les révolutions en Italie“ (1873); „Pie IX et Victor Emanuel, histoire contemporaine de l’Italie 1846–78“ (1879). An der seit dem Krieg von 1870/71 in Frankreich zur Mode gewordenen scharfen Kritik gegen die Deutschen beteiligte er sich auch durch seine „Histoire de l’Allemagne“ (1872–85, Bd. 1–5), in welcher er die Deutschen als rohe Barbaren, welche die römisch-christliche Kultur vernichteten und auch im ganzen Mittelalter in einem Zustand der niedrigsten Kultur verharrten, darstellt; ihr folgte die „Histoire resumée de l’Allemagne“ (1889). – Sein Sohn Berthold Z., geb. 1848 zu Rennes, Repetent an der Faculté des lettres in Paris, schrieb: „Henri IV. et Marie de Médicis“ (1877); „Études critiques sur le règne de Louis XIII“ (1879–80, 2 Bde.) u. a.