Maschinenfabrik und Eisengießerei von Erdmann Kircheis, Aue-Klösterlein i. Erzgeb.

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Titel: Maschinenfabrik und Eisengießerei von Erdmann Kircheis, Aue-Klösterlein i. Erzgeb.
Untertitel:
aus: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Erster Theil, in: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild.
Herausgeber: Eckert & Pflug, Kunstverlag
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1892
Verlag: Eckert & Pflug, Kunstverlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons und SLUB Dresden
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Maschinenfabrik und Eisengießerei von Erdmann Kircheis
Aue-Klösterlein i. Erzgeb.


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Maschinenfabrik
und Eisengießerei von Erdmann Kircheis
Aue-Klösterlein i. Erzgeb.

Der Begründer dieses Etablissements, Erdmann Kircheis, wurde am 24. April 1830 als der Sohn eines Hüttenarbeiters, späteren Hüttensteigers, des Blaufarbenwerkes Niederpfannenstiel b. Aue, in dieser Stadt geboren. Nachdem er auf der Dorfschule zu Zelle b. Aue, wohin seine Eltern verzogen waren, bis zur Beendigung seines 14. Lebensjahres die einfache aber gründliche Schulbildung genossen, kam er zu einem Mechaniker und Fabrikbesitzer seiner Vaterstadt, der wegen seiner Intelligenz in großem Ansehen und wegen seiner akkuraten Arbeiten in gutem Rufe stand, in die Lehre. Sechs Jahre währte diese strenge Vorschule seiner künftigen Laufbahn, dafür bildete sie ihn aber auch zu einem tüchtigen und praktischen Arbeiter seines Faches aus. Als solcher wanderte er nach vollendeter Lehrzeit wohlgemut und hoffnungsvollen Herzens nach Chemnitz, Sachsens größter Maschinenfabrikstadt, wo er auch in der damals schon berühmten Maschinenfabrik von Richard Hartmann Arbeit als Eisendreher fand. Sehr bald überzeugte man sich dort von seiner vielseitigen und praktischen Geschicklichkeit und betraute ihn deshalb mit besseren und später auch selbständigen Arbeiten. Hierdurch gewann der junge Kircheis das zur Übernahme einer Abteilungsmeisterstelle nötige Selbstvertrauen und trat, kaum 21 Jahre alt, eine solche in einer mittleren Maschinenfabrik Dessau’s an, wo er wegen seiner besonderen Befähigung auch zu schwierigen Montagen, Geschäftsreisen etc. benutzt wurde und in wenigen Jahren bis zum Leiter der Fabrik avancierte. Nach neunjähriger Thätigkeit verließ er diese Stelle, begleitet von den besten Wünschen seiner Chefs, um eine ihm angebotene Direktorstelle in seinem Heimatsstädtchen zu übernehmen.

Dem Drange zur Selbstständigkeit folgend, verließ er nach zweijähriger Thätigkeit diese Stellung und etablierte sich. Wohl verfügte Kircheis über einen reichen Schatz von technischem und geschäftlichem Wissen und vielfachen Erfahrungen; aber um so geringer waren seine pekuniären Mittel, so daß der Anfang seiner Selbständigkeit, im März 1861, in Wirklichkeit unter den allerbescheidensten Verhältnissen mit nur 1 Arbeiter stattfand. In der ersten Zeit bestand die Hauptbeschäftigung in der Herstellung kleiner gewerblichen Maschinen und deren Reparatur, wobei Kircheis bald kennen lernte, daß unserm Kleinmeister mit zweckmäßigen maschinellen Einrichtungen sehr genützt werden könne. Besonders fehlte es der in der Umgegend von Aue stark vertretenen Blechwarenfabrikation an praktischen Hilfsmaschinen, denn die wenigen vorhandenen Maschinen, meist amerikanischen Ursprungs, genügten kaum den bescheidensten Ansprüchen. Im Verkehr mit den Meistern dieses Gewerbes lernte er dasselbe und seine Bedürfnisse näher kennen und nahm – wie die Folge zeigte mit gutem Glück – die Fabrikation der Blechbearbeitungsmaschinen für Klempner, Kupferschmiede etc., meist nach seinen eigenen, den deutschen Erfordernissen angepaßten, Konstruktionen in die Hand. Nach mancherlei bitteren Kämpfen gegen den Hang für das Althergebrachte, gegen die engherzigen Vorurteile und das Mißtrauen allen Neuerungen gegenüber und nach manchen pekuniären Sorgen hatte Kircheis doch endlich die Genugthuung, nicht nur in seiner Heimat, sondern weit über die Grenzen Deutschlands hinaus, die vollste Anerkennung zu finden. Sein in einem kleinen Mietraume begonnenes Geschäft erweiterte sich so, daß er schon [Ξ] nach 2 Jahren ein eigenes Grundstück mit Wasserkraft (die heutige sog. „alte Fabrik“ in der Stadt) erwarb und dasselbe im Frühjahr 1863 mit 10 Arbeitern bezog. Anfangs der 70er Jahre kaufte er dazu das von der Stadt Aue thalabwärts am Muldenfluß, unweit des Bahnhofs, gelegene Grundstück „Klösterlein“ mit bedeutender Wasserkraft und beschäftigte auch dort 60 Arbeiter. Von dieser Zeit an datiert auch die weitere Verbreitung der Blechbearbeitungsmaschinen und der rapide Aufschwung des Etablissements, dessen Werkstätten, Lager- und Verwaltungsräume, heute einen Raum von über 10 000m einnehmen und in dem z. Zt. unter der Verwaltung von ca. 50 Beamten gegen 500 Arbeiter schaffen. Die Fabrik verfügt über 2 Turbinen und 3 Wasserräder mit ca. 80 Pferdekräften und 3 Dampfmotore mit ca. 65 Pferdekräften, die ungefähr 350 Hilfsmaschinen treiben. Das Etablissement besitzt auch seine eigene, nach dem neuesten System eingerichtete, Eisengießerei. Die Kircheis’schen Erzeugnisse: „Maschinen, Werkzeuge, Schnitte, Stanzen und ganze Einrichtungen zur Blech- und Metallbearbeitung“ sind heute über den ganzen Erdball verbreitet, und ihrer praktischen Konstruktion, vielseitigen Verwendbarkeit und gediegenen Ausführung wegen berühmt. Bis zum Anfang des Jahres 1892 wurden mehr denn 85 000 Maschinen geliefert und die Jahresproduktion beträgt ca. 7 500 Maschinen, ca. 25 000 Werkzeuge von denen ⅔ in Deutschland bleiben und ⅓ nach dem Auslande gehen.

Auf allen Ausstellungen wurden die Kircheis’schen Fabrikate mit den höchsten Auszeichnungen in dieser Branche prämiert, (darunter die Königl. Preußische Staatsmedaille in Gold und Silber, Fortschrittsmedaille von Wien 1873) zusammen 18 goldene Medaillen bez. Ehrenpreise, 10 silberne Medaillen etc. Bezeichnend für den Wert der Kircheis’schen Fabrikate ist der Königl. Baierische Staatspreis von der Kraft- und Arbeitsmaschinen-Ausstellung in München 1888 mit dem Prädikat: für hervorragende, selbständige und zweckentsprechende Konstruktionen, sehr saubere und gediegene Ausführung von Blechbearbeitungsmaschinen, unter gleichzeitiger Anerkennung der Verdienste um die Einführung dieser Maschinen.

Ferner verlieh Se. Majestät der König von Sachsen Herrn Erdmann Kircheis das Ritterkreuz vom Albrechtsorden I. Klasse für hervorragende industrielle Thätigkeit, nachdem er im Jahre 1880 das Etablissement mit seinem Besuch beehrt hatte. Die vielen originellen Patente, die Erdmann Kircheis zuerteilt wurden, veranlaßten auch den verdienstvollen, leider zu früh verstorbenen Präsidenten des Patentamtes, Geh. Reg.-Rat Dr. v. Bojanowski, in Begleitung des berühmten Technologen, Geh. Reg.-Rat, Professor Dr. Hartig, im Jahre 1890 dem Etablissement einen Besuch zu machen.

Die Thätigkeit Kircheis’ geht aber noch über sein Etablissement hinaus. Er war der Anreger und Mitbegründer der in Aue vorhandenen deutschen Fachschule für Blecharbeiter und nur ihm und seiner Thatkraft und Ausdauer ist es zu verdanken, daß diese zeitgemäße Schule, der er heute noch als Vorstands-Mitglied und Vorsitzender des Kuratoriums vorsteht, entstehen und sich zur heutigen Blüte entfalten konnte. Aus dieser Fachschule und aus dem Kircheis’schen Etablissement ist mit der Zeit manche neue Fabrik in Aue entstanden, so daß man getrost behaupten kann, Kircheis hat ein gutes Teil zu dem bedeutenden Aufschwung von Aue und auch zur ungeahnten Entwickelung der ganzen Blechindustrie beigetragen. Obgleich Erdmann Kircheis jetzt 62 Jahre alt ist und eine rastlose Thätigkeit hinter sich hat, so steht er heute noch gesund und arbeitslustig an der Spitze seines wohlorganisierten und mit vielfachen humanitären Einrichtungen versehenen Etablissements, als der erste unter seinen Beamten und Arbeitern.