Med. Topographie Gmuend:047
Franz Joseph Werfer Versuch einer medizinischen Topographie der Stadt Gmünd | |
---|---|
« Zurück | Vorwärts » |
fertig | |
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
|
[90] zu häufigen Genusses desselben entstehen. Verfälschungen des Weins, die der Gesundheit nachtheilig seyn könnten, lassen sich unsre Wirthe nicht zu Schulden kommen; nur wird derselbe manchmal zu stark geschwefelt, auch sagen die Mischungen alter und junger Weine nicht immer gleich gut[1] zu. Der Brandtwein, dieses den Körper und die Seele verderbende Getränk, wird auch hier von vielen geliebt und gesucht, und ist manchem zum täglichen Bedürfniß geworden; selbst unter dem weiblichen Geschlecht, auf das es weit nachtheiliger wirkt, aus der niedern Klasse besonders, haben nicht wenige die üble Gewohnheit des Brandtweintrinkens an sich. Der gemeine Mann sucht und glaubt gewöhnlich darinn Stärkung zu finden, und gerne wird er von diesem, und besonders von dem Landmann bey leichtem Uebelseyn, und auch in wirklichen Krankheiten des Magens und des Unterleibs mit Anis, Kümmel oder Pfeffer fleißig genommen; allein die darinn gesuchte und eingebildete Stärkung ist nur eine momentane Erhitzung, worauf Abspannung der Kräfte und Schläfrigkeit, und statt der Erleichterung oft Verschlimmerung des Uebelseyns folgen. Auch sieht man bey starken Brandtweintrinkern zuletzt eine solche Erschlaffung und Einschrumpfung ihres Magens entstehen, daß derselbe die nöthigen Speisen aufzunehmen und zu verdauen ganz unfähig wird, und anhaltendes Erbrechen alles genossenen mit nothwendig daraus erfolgender Abzehrung machen dem Leben solcher Menschen ein trauriges und oft frühes Ende, wie ich hier in kurzer Zeit einige sprechende Beyspiele gesehen, von den mancherley Verhärtungen der Unterleibseingeweide [91] und den daherrührenden chronischen Krankheiten nichts zu sagen. Es ist bekannt und eine gemeine Erfahrung, daß Brandtweintrinker am ganzen Leibe den Geruch ihres Lieblingsgetränks merken lassen; die Säfte sowohl als festen Theile derselben sind ganz davon durchdrungen, und ihr Leib erhält dadurch auch eine große Neigung zur Selbstentzündung, besonders ist das weibliche Geschlecht zu dieser Todesart sehr geneigt, wie wir nicht seltne Beyspiele hievon in den Analen der Medizin aufgezeichnet finden. Die Entzündung wird durch die Bettwärme oder durch das Kerzenlicht dann gewöhnlich zum Ausbruch gebracht; fast allemal geschieht dieses Abends beym Schlafengehen. Sind die Unglücklichen schon im Bette, so treibt sie die Angst noch heraus, und deswegen findet man ihre Reste auf dem Boden; sie bestehen in rußiger Asche, Knochen, und einzelnen ganzen Fingern, und der Kopf ist allemal noch da. Die Wände und Vorhänge sind dann mit einer rußigen Jauche übertüncht, und zuweilen läßt sich der oft noch brennende oder glimmende Körper nicht einmal mit Wasser löschen. Möchten solche schauerliche Beyspiele manchen, dem der Brandtwein schon zum täglichen Bedürfniß geworden ist, von dem fernern anhaltenden und unmäßigen Genuß desselben abschreken. In dem Jahrgang von Georgi 1812 bis dahin 1813 wurde von diesem so wie von den übrigen Getränken consummirt 3064 Eimer, den Eimer zu 160 würtembergische Maaß gerechnet, und zwar an
Anmerkungen (Wikisource)
|