Mein Freund

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Otto Ernst
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Mein Freund
Untertitel:
aus: Siebzig Gedichte
S. 44
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1907
Verlag: L. Staackmann
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google-USA* und Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]


[44]
Mein Freund.


Als ich jüngst im Garten wandelte,
Ward mir unverhoffte, tiefe Freude:
Aus dem tiefen Dunkel wirrer Zweige
Winkten mir zwei Blumen wie zwei Augen.

5
Näher trat ich, durchs Gebüsch mich zwängend –

Sieh, im düst’ren Schatten alter Bäume,
Fast erdrückt vom wuchernden Holunder,
Stand ein armer Strauch der Alpenrose.
Zwischen seinen krummen, mag’ren Ästen

10
Spann ihr feucht Gespinnst die ewige Nacht;

Abgetrennt von Luft und Sommersonne,
War er leidend Jahr um Jahr gewachsen;
Doch aus Leidensnächten hob er Blüten,
Starke, lächelnde, betränte Blüten,

15
Seines Ringens Ende, still empor.


Und den Gärtner rief ich: „Diesem Strauche
Gib den besten Platz in meinem Garten.
Tu es bald – ich hab es ihm versprochen.“

Alle Wohner meines Gartens lieb ich,

20
Halm und Bäume, Frucht- und Schattensträucher;

Doch mit diesem in des Abends Schweigen
Sprech’ ich Worte wie von Mensch zu Mensch.