Weihnachtsspaziergang
Täglich fast aus meines Dorfes Frieden,
Wo ich zwischen Feld und Büschen wohne,
Wo ich sieben Nachtigallen höre,
Wo mich Fink und Amsel lang schon kennen
Wo die Welt im Sommer eine Laube
Und ein silberweißer Dom im Winter,
Wo vom Schreibtisch ich den Habicht schweben
Sehe duch des Himmels große Stille –
Wo ich Ruhe, Traum und Klarheit atme,
Lenk’ ich meinen Schritt zur nahen Weltstadt,
Um zu fühlen, was ich sonst vergäße,
Daß die Welt nicht Klarheit, Traum und Frieden,
Ach, kein Spiel mit Fink und Drossel ist.
In das weite, wilde Meer der Menschen
Tauch’ ich unter dann und laß mich treiben.
Ja, sie sind wie windverstörte Wellen;
Und am letzten Strand zerschäumen alle.
Wie sie jagen, stoßen, knirschen – wie sie
Not und Habsucht durcheinander wirbelt!
Nur geradeaus den Blick gerichtet,
Sehen nicht das stille Leben fluten,
Fließt und fließt ins große Meer der Stille,
Ewig ungelebt und ungenossen.
Vorwärts, vorwärts nur den Blick gerichtet,
Treibt es sie die schattenlose Straße
Fort, hinweg vom Schoß der großen Mutter.
Und versunken in des wilden Meeres
Daß ein Glück sich dehnt in leichten Lüften,
Friede wandert zwischen Halm und Hecken,
Daß ein off’nes, frohes Menschenauge
Wie ein See des Paradieses glänzt.
Brach herein der Weihnacht heil’ge Frühe,
Nehm ich Hut und Stock und wand’re fröhlich
In die große Stadt. So tat ich heute.
Drängen, Treiben seh’ ich heut’ wie immer,
Aber auf den Fluten dieses Meeres
Ruht wie Sonnenschein ein einzig Lächeln.
Und – o frommes Wunder ohnegleichen,
Selbst der Kaufherr, dessen Furcht und Hoffnung
Heimgefunden hat er in den Frieden
Einer höheren und stiller’n Welt.
Lächeln seh’ ich in entspannten Mienen
Und wo Lächeln nicht, doch einen Glauben
Wohl wie sonst, allein sie starren glänzend
In ein Licht, das sie allein erschauen.
Welches Glaubens sie und welches Sinnes,
Einmal wieder haben sie’s vernommen,
Daß ein Glück mag kommen aus den Lüften,
Daß ein Friede wohnt in grünen Tannen,
Daß ein liebend Wang’-an-Wange-Schmiegen
Alle Not beschämt und alles Prangen,
Wie ein See des Paradieses glänzt.
Von versunk’nen Städten singt die Sage,
Deren Glocken aus der Tiefe klingen.
Geh’ ich weihnachts durch den Schwall der Straßen,
Leise aus verlor’nen Gründen hör’ ich
Läuten die versunk’ne Stadt des Glücks.