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Mein Name ist Meier

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Textdaten
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Titel: Mein Name ist Meier
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 35, S. 507–508
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1858
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[507] Mein Name ist Meier. Von wannen bist Du? – Woher stammst Du? – das sind Fragen, die sich gewiß schon Mancher, Namens Meier, vorgelegt hat. Hier die Lösung.

Meier, altdeutsch Mahr, ist gleichbedeutend mit mehr. Den alten Deutschen war also ein Mahr oder Meier ein Mensch, der mehr war wie die andern. (Jetzt kann dies nur von den Geldmeyern gesagt werden.) Es ist dies die älteste deutsche Titulatur der Volksvorsteher, ist älter als: Meister, Richter, König, Herzog, Graf, Vogt. Schon hundert Jahre vor Christi Geburt kommt ein Frido-Mahr (Friedemeier), ein Wer-Mahr (Kriegsmeier) und ein Wul-Mahr (Wahlmeier) vor. Als die Römer nach Deutschland kamen, hängten sie dem deutschen Mahr ein us an; ihre Schriftsteller reden daher von einem Gaumarus, Visumarus, Ligimarus, Bodomarus und diese deutschen Anführer, gewählte Volks- und Kriegsmeier, werden von den Römern bald Könige, bald Fürsten genannt. In spätern Zeiten wurde aus Meier Major gemacht und Majohr gesprochen. Die fränkischen Könige oder besser die fränkischen Ober-Meier ernannten mit Genehmigung des Volks ihre Hausmeier, major domus. Anfangs waren diese Hausmeier nur Aufseher über den königlichen Hof und das Hofgesinde, so wie die geringeren Meier auf den Königshöfen, Hofmarken, Tafelgütern etc. die Aufsicht über die Bauern, Knechte, Mägde und Einkünfte [508] hatten. Nach und nach aber zogen die Hausmeier immer mehr Macht an sich, und wurden erbliche Statthalter, an die sich Leute, Mannen und Gesellen anschlossen, zumal da die Könige Jagd und Weiber mehr liebten, als Geschäfte und Krieg.

Lothar I. setzte einen solchen Hausmeier über das östliche, einen andern über das westliche Reich und einen dritten über Burgund. Zur Zeit Lothar’s III. hatte der Hausmeier Eberwein schon mehr Gewalt, als vordem die Könige. Zweierlei war der Ausdehnung ihrer Macht besonders günstig. Einmal hatten diese Hausmeier die Obliegenheit, nach dem Tode des Königs die Wahl eines neuen zu veranstalten, und die ganze Völkerschaft mit ihren Meiern zusammenzurufen; zum andern hatten sie eine Art von Vormundschaft über die minderjährigen Könige zu führen, die ihnen Gelegenheit gab, sich in Kriegs- und Friedenszeiten beim Volke beliebt zu machen, Gunstbezeigungen willkürlich auszutheilen, Viele in ihr Gefolg und ihre Dienste zu ziehen, und durch diese Anhänger sich im Voraus der Uebermacht über den einst volljährigen König zu versichern. Der fränkische Hausmeier Pipin trieb es sogar so weit, daß er seinen König und Obermeier Hilderich III. in’s Kloster steckte, und sich unter dem Beistand des Papstes Zacharias selbst zum Könige ausrufen ließ. Dieser gekrönte Hausmeier war der Vater Karl’s des Großen, und da er so klug war, sich keinen neuen Hausmeier anzuschaffen, so nahmen diese im fränkischen Reiche ein Ende.

Die Benennung Maher, Mahr, Maier hat sich nach ihrem Hauptbegriffe bis in die Neuzeit erhalten! Der Kurfürst von der Pfalz hieß nach dem allemanischen Landrechte des heiligen Reichs oberster Richter und Hausmeier. Noch heute existirt die Würde des Lordmayor in London und die der maires in Frankreich. Der Schöppenmeister der ehemaligen Reichsstadt Aachen wurde Vogt und Meier genannt. In Hildesheim gab es sogar einen Großmeier. Im Osnabrück’schen hatten die Hausgenossen oder Hausbesitzer einen Redemeier, so viel als Vorsteher. Er saß auf dem Redemeiershofe, und dort versammelten sich an gewissen Tagen die Hausgenossen oder Redehöfer, um ihre Hofsprache, d. h. ihre innern Hofrechte verlesen zu hören.

Noch im vorigen Jahrhundert gab es in Thüringen, in Schwaben an der Weser Lindenmeier, das waren alte erfahrene Rechtsgelehrte, Richter und Schöppen, welche die deutschen Rechte und Rechtsgewohnheiten durch mündliche Ueberlieferung fortpflanzten. Sie hatten ihren Namen von den Lindenbäumen, unter denen ehedem oft die Gerichte abgehalten wurden. Hofmeier, Geiselmeier ist noch heute in Franken und Schwaben das, was im Sächsischen Vogt oder Schirrmeister ist. Die Meierhöfe und Meiergüter entstanden aus den Königshöfen und Hofmarken, die Aufseher wurden Meier genannt, sie mußten dem Mundschenken Rechnung ablegen. Man wählte dazu alte freie Bauern, die sich aber oft diesen Besitz zu Nutze machten, und nach und nach gegen gewisse Frohnen das Ganze an sich brachten.

Eine Menge deutscher Namen sind mit Meier zusammengesetzt, als Angelmeier, Brunnenmeier, Burmeier (Bauermeister), Halbmeier, der ein halbes Meiergut hatte, Kirchmeier (jetzt Superintendent), Kriegsmeier, Strohmeier, Teichmeier, Volkmeier, Weinmeier, Wedemeier (Wiesenaufseher), Waldmeier, Abmeier, Tultmeier, Grundmeier, Bärmeier, Meyerbeer, Hartmeier etc. Den Schluß bilden Buddelmeier, wahrscheinlich so viel als Bummelmeier, und Mausemeier.

So hat sich das Geschlecht der Meier, Meyer, Maier, Mayer, Mayr, Maher, Majer ungemein ausgebreitet, so daß nach Müller und Schulze Meier einer der beliebtesten deutschen Namen ist.