Zum Inhalt springen

Miramare (Albert Traeger)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
>>>
Autor: Albert Traeger
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Miramare
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 17, S. 257
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1869
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[257]
Miramare.

Rings des Todes heil’ge Stille – nächtig steht der Sarg umdunkelt,
D’rauf im Schein der ew’gen Ampel matt ein gold’nes Krönlein funkelt.
Ward bestellt ein Bild von Steine, hier die letzte Wacht zu halten,
Eingehüllet in des weißen Mantels weite weiche Falten?
Tiefe Trauer auf den Zügen, in den Augen feuchtes Leben,
Und in ungesproch’nen Worten von den Lippen scheint’s zu beben:
„In der Nacht bei Dir, verlass’ner Bruder, steh’ ich still und einsam,
Gleich als ruhten in der Mutter Armen wieder wir gemeinsam,
Die Du schmerzvoll nun erwandert, ach! es ist die ew’ge Ruhe,
Deine weltenweiten Träume modern in der engen Truhe,
Die von dem gesalbten Haupte Dir die Kugel schlug, die Krone
Lastet noch auf Deinem Sarge, wie ein Fluch, zu Deinem Hohne.
Fluch und Hohn, Du todter Kaiser, folgten Deinen letzten Wegen –
Meines Volkes Jubel zieh’ ich jetzt auf neuer Bahn entgegen,
Doch fast wähn’ ich, selber sei ich’s, der gesargt in diesem Schreine,
Und ein Neuerweckter steige aufwärts zu des Tages Scheine;
Was der herbe Schmerz des Todes Dich verspätet und vergebens,
Hat mich in der letzten Stunde noch gelehrt die Noth des Lebens:
Nimmer zwingen wir die Völker mehr zurück zur alten Frohne,
Und das heil’ge Oel vertrocknet, das gekittet uns’re Krone;
Soll zum welken Dornenreisig nicht der stolze Reif erblinden,
Müssen wir ihn mit der Freiheit lebensfrischem Kranz umwinden,
Freier Bürger freie Liebe einzig uns’re Wehr’ und Waffen,
Säbel werden nicht und Kutten uns das Reich der Zukunft schaffen.
Nun, mit Gott! Ich hab’s gewaget, Fürst und Volk im neuen Bunde,
Und schon blüht ein neues Leben aus der breiten Todeswunde,
Neu im Licht der neuen Zeiten soll sich Oestreichs Glanz bewähren
Und mit seinem milden Schimmer auch Dein edles Bild verklären;
Aber nahen bange Zweifel, droht der Wille zu ermatten,
Mahne treu mich auszuharren Dein geliebter blut’ger Schatten!“
      Lang’ noch haften seine Blicke auf dem Sarg mit stummen Fragen,
Während an die Felsenmauern Meereswogen murmelnd schlagen:
„Einst auf unsern Rücken haben wir sein prunkvoll’ Schiff genommen,
Wieder kam auf uns zur Heimath er, ein stiller Mann, geschwommen,
Und wir trugen jetzt den Funken, an des Geistes Blitz entzündet,
Der den Sieg des frei’sten Volkes dieser alten Welt verkündet.
Laß dem Tode seinen Todten, fort von diesem öden Riffe,
Folge Du dem Ruf des Lebens, Oestreichs Kaiser, steig’ zu Schiffe!“
Scheidend um das Bett des Bruders schlingt er einmal noch die Arme,
Und mit männlichem Entschlusse reißt er sich aus seinem Harme. –
      Frische Luft – der Alp entweichet – schnell zum Boot hinab die Stufen,
An den Ufern Kopf an Kopf, Tücherschwenken, Jubelrufen,
Miramare hinter ihm liegt versunken schon im Dunkeln,
Vor ihm hell im Sonnenstrahle die beglänzten Fluthen funkeln.

 Am Charfreitag. Albert Traeger.