Moorcrofts Reisen

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Titel: Moorcrofts Reisen
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aus: Das Ausland, Nr. 59; 62. S. 233–234, 247–248.
Herausgeber: Eberhard L. Schuhkrafft
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Entstehungsdatum: 1828
Erscheinungsdatum: 1828
Verlag: Cotta
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Erscheinungsort: München
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Originaltitel:
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Originalherkunft: Calcutta Government Gazette
Quelle: Scans bei Commons
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Moorcrofts Reisen.


In der Zeitung von Calcutta (Calcutta Government Gazette) sind kürzlich einige Briefe von Guthrie erschienen, einem der unglücklichen Begleiter Moorcroft’s auf seinen Reisen durch Hoch- und Mittelasien. Da sie einige neue Aufschlüsse über die Schicksaale dieses berühmten Reisenden geben, so theilen wir den wesentlichen Inhalt derselben unsern Lesern mit.

Moorcroft trat seine letzte Reise von Bengalen aus vor ungefähr acht Jahren an, begleitet, außer einem zahlreichen Gefolge von eingebornen Dienern, die mit der Besorgung von Handelswaaren und Gepäck beauftragt waren, von dem Verfasser dieser Briefe, einem brittischen Ostindier und einem gewissen Trebeck, die aber beide, durch ein sonderbares und sehr verdächtiges Zusammentreffen, fast zu derselben Zeit mit Moorcroft starben. Die Gesellschaft erreichte Leh, die Hauptstadt von Ladakh, einem Hochlande, ungefähr halb so groß als England, an den Grenzen von Hlassa, der chinesischen Tartarei, Kaschmir, und der brittischen Provinz Bischeher, zwischen dem hohen Himalayagebirge und dem Korakorum oder Muztagh[1] im September 1820. Von hieraus ist folgender Brief vom Dez. 1820.

„Als ich Ihnen zuletzt schrieb, war die Rede davon, unsere Reise nach der Stadt Yarkund, welche den Chinesen gehört[2], fortzusetzen; seitdem hat sich aber ergeben, daß dieß im gegenwärtigen Augenblicke aus mehreren Gründen unausführbar ist. Das hauptsächlichste Hinderniß ist indessen unser Charakter als Feringhies (Franken); man behauptet, wir wären bloß unter dem Vorwande, Handel zu treiben, gekommen, unsere wahre Absicht aber sey, diese Gegenden zuerst unter irgend einer Verkleidung zu besuchen, um die Straßen und andere Localitäten kennen zu lernen, dann aber, wenn wir unseren Vortheil ersähen, mit einer Armee wiederzukehren und das Land zu erobern. Wir führen Waffen und andere Instrumente mit uns, theils zu Geschenken, theils zu unserem Vergnügen oder unserer Vertheidigung. Da Kaufleute nicht gewohnt sind, solche Waaren mit sich zu führen, so konnten wir Niemand überzeugen, daß sie zum Verkauf oder zu Geschenken bestimmt seyen, obgleich dem Rajah von Ladakh eine Vogelflinte gegeben wurde. Man blieb allgemein dabei, wir wären Spione und keine Kaufleute. Außerdem ist die Einführung von Waffen nach Yarkund verboten, seit die Chinesen davon Besitz genommen haben. Wenn aber auch keines dieser Hindernisse uns im Wege stände, so wäre schon der Mangel an Geld allein hinreichend, uns zurückzuhalten. Wir haben 200 Handkörbe mit Gepäck, und wenn wir unsere Reise antreten, müssen wir noch beinahe 200 Körbe Mehl zu unserm Unterhalt unterwegs mit uns führen, wovon der Transport allein, 60 Rupien für jede drei Körbe gerechnet, 8,000 Rupien kosten würde, ohne alle anderen Ausgaben; so daß wir beinahe 10,000 Rupien zu unserer Verfügung haben müssen, ehe wir mit einiger Sicherheit von hieraus weitergehen können. – Hafiz Mohammed Fazil, ein verständiger Mohammedaner von unserem Gefolge, wird nach Furruckabad gehen, um einige Waaren zu holen, die wir dort zurückgelassen haben, da es scheint, daß dieselben in den Städten Leh und Yarkund einen guten Markt finden würden. Wir wollen hierdurch versuchen, wenigstens einen bleibenden Handelsweg von Hindostan nach Leh zu eröffnen, wenn wir durch irgend ein ungünstiges Ereigniß verhindert werden sollten, weiter in die Tatarei vorzudringen.“

Der nächste Brief ist gleichfalls von Leh, den 1. August 1821 datirt, und bietet mehrere, besonders in Bezug auf den so oft besprochenen Plan einer Invasion in Ostindien sehr merkwürdige Details über die Bemühungen der russischen Regierung in diesen Gegenden dar:

„Die Schwierigkeiten unserer Reise nach Yarkund wurden vermehrt durch den Tod des Kaisers von China und noch mehr durch einen russischen Emissär, Namens Aga Mehdie, der seit fünf Jahren damit beschäftigt war, eine Verbindung mit diesen Gegenden anzuknüpfen. Auf einer früheren Sendung in Ladakh hatte er Kaschmirböcke für die Russen aufgekauft, um diese in den Stand zu setzen, in ihrem eigenen Lande das Material zu den Shawls zu gewinnen, für welche sie jetzt große Summen zahlen müssen. Da er diesen ersten Auftrag glücklich vollzogen, und dabei große Gewandtheit und Klugheit gezeigt hatte, so gewann er das Vertrauen des Hofes von Petersburg, wo er, ursprünglich Jude, sich zum Christenthum bekehrte. Er wurde aufs neue nach Asien gesandt mit Schreiben an die Fürsten dieser Gegenden und mit kostbaren Geschenken, deren Werth sich auf volle fünf Lacks Rupien belief. Ein Jahr nach seiner Abreise aus Petersburg kam er zu Yarkund an und dort ging er zum Mohammedismus über. Durch diesen Uebertritt und durch das Gewicht seiner Börse [234] gelangte er bald zu großem Ansehen, und, nachdem er unsere Absicht, jene Stadt zu besuchen, vereitelt hatte, gedachte er sich nach Ladakh zu begeben, starb aber auf den Höhen der Karakorumgebirge an einer Indigestion. Sein Diener Mohammed Fuhur ist hier angekommen; er besitzt aber nur sehr wenig von dem Verstande des Aga Mehdie, und ist so sehr den Ausschweifungen ergeben, daß er beinahe die sämmtlichen seinem Herrn anvertrauten Summen verschwendet hat, und daher schwerlich jemals nach Rußland zurückkehren wird. Aga Mehdie war als Kaufmann verkleidet, aber aus den Thatsachen, von denen wir die vollste Gewißheit erhalten haben, und aus den kaiserlichen Sendschreiben an den Rajah von Ladakh und Maha Rajah Rindschiet Singh, die er mit sich führte, geht hervor, daß der Handel keineswegs sein einziges Geschäft war, und daß der Kaiser Alexander eine Invasion in China (?) im Auge hatte; wozu bei der Lage von Ladakh und Kaschimir die Freundschaft der Fürsten dieser Landschaften unentbehrlich war. Durch den Tod seines Gesandten hat der Kaiser große Geldsummen verloren, und alle seine Entwürfe sind vereitelt worden. – Unser so langer Aufenthalt in diesem Lande ist nicht ganz unnütz gewesen. Vor einigen Monaten hat Moorcroft von der Regierung die Erlaubniß für alle brittische Kaufleute erhalten, mit Ladakh Handel zu treiben, oder ihre Waaren nach andern Gegenden durchzuführen; und jetzt ist der (ostindischen) Compagnie die Unterwerfung des Landes freiwillig angetragen worden (?). In sofern hat daher der Erfolg alle unsere Erwartungen übertroffen. – Mier Izzut Ullah[3], ein sehr gewandter Mohammedaner von unserem Gefolge, ist nach Yarkund gegangen, um mit dem chinesischen Gouverneur für uns zu unterhandeln, und wir werden bald das Resultat erfahren. Auf diesem oder auf einem andern Wege werden wir in diesem Winter unsere Reise fortsetzen, und gegen das Ende des nächsten Jahres hoffe ich von Buchara zurückzukehren.

Auf die angeführten Briefe aus Leh folgt in der Sammlung, welche die Calcuttaer Zeitung mittheilt, ein zwei Jahre später vom 16 Juli 1823 von Kaschmir aus datirtes Schreiben: „Die Fortsetzung unserer Reise über Yarkund, heißt es in demselben, war dadurch verhindert worden, daß Kaschmirer Kaufleute den chinesischen Behörden vorstellten, wir hätten von Ladakh Besitz genommen, und unsere Absichten, um derentwillen wir Yarkund zu besuchen wünschten, wären politisch. Getäuscht in unserer Hoffnung, verließen wir Ladakh im Oktober, und kamen im verwichenen November in Kaschmir an, um durch Kabul zu gehen. Wir haben uns bereits neun Monate in Kaschmir aufgehalten, und denken in vier oder fünf Tagen nach Peschawer (am Flusse Kabul, einem Nebenflusse des oberen Indus) aufzubrechen.

Dieses Land ist das fruchtbarste und schönste in der Welt; das Clima ist herrlich, und die Einwohner desselben sind gewiß das klügste Volk in Asien. Die Natur hat es mit ihren reichsten Gaben gesegnet; aber die Unterdrückung, welche seine räuberischen Beherrscher seit den letzten 80 Jahren üben, hat es zu einem Schauplatze des Elends und der Noth gemacht, auf dem wir nur mit Schauder verweilen können.

[247] „Auf unserer Reise von Leh nach Kaschmir kamen wir in Berührung mit einer Räuberbande, welche die Nacht vor unserer Ankunft die Gegend von Dias geplündert und verheert hatte; wenn es am Tage nicht stark geschneit hätte, so wären wir wahrscheinlich gleichfalls angegriffen worden. Diese Räuber, obwohl gegen 700 an der Zahl, aber nur schlecht bewaffnet mit Luntengewehren und Schwertern, wagten sich mit den letzteren allein nicht in unsere Nähe. Ihre Gewehre waren im Schnee unbrauchbar, und das Abfeuern von ein Paar Patronen mit unsern trefflichen Flinten war daher hinreichend, sie von uns entfernt zu halten.“

Der letzte Brief ist aus Peschawer vom 15. April 1824 und gibt uns eine sehr anschauliche Vorstellung von der Politik der Beherrscher und von dem Character der Bewohner dieser Gegenden:

„Wir wurden in Kaschmir beinahe ein volles Jahr aufgehalten, in Folge der Intriguen des Fürsten der Punjab, Rundschiet Singh, der unserer Reise jedes mögliche Hinderniß in den Weg legte. Wir reisten von der Hauptstadt von Kaschmir im Juli des v. J. ab, und als wir in das Land der Bumbas, eines von dem Singh abhängigen Stammes, gekommen waren, wurden wir unter dem Vorwande aufgehalten, daß wir einen ungeheuern Zoll nicht gezahlt hätten, von welchem Rundschiet Singh in seinem Passe Mr. Moorcroft befreite, während er insgeheim die Bumbas aufforderte, denselben dessen ungeachtet zu erheben. Moorcroft sagte, wenn nur der gewöhnliche Zoll von ihm gefordert würde, wäre er bereit ihn zu bezahlen, die Ansprüche, die man an ihn mache, wären aber über alles Maaß ausschweifend und unerhört. Darauf erhielt er zur Antwort, wenn er die geforderte Summe nicht zahle, so würde man ihm nicht erlauben, weiter zu reisen. Anfangs überlegte jetzt Moorcroft, ob er nicht seine Reise dennoch fortsetzen und den Angriffen, die auf ihn gemacht werden könnten, Trotz bieten sollte; als er aber erwog, daß unsere Träger aus Kaschmir im Fall eines Gefechtes sogleich die Flucht ergreifen und unserm geringen Gefolge es allein überlassen würden, eine große Menge Waaren in einem gebirgigen Lande zu schützen, wo kein anderes Mittel dieselben fortzubringen vorhanden war, so entschloß er sich, den Vorstellungen der Orts-Behörden von Kaschmir nachzugeben, die uns riethen, umzukehren und einen andern Weg einzuschlagen. Wir kehrten daher nach Kaschmir zurück und waren gezwungen, einen Monat länger hier zu bleiben, um uns Transportmittel für unser Gepäck zu verschaffen. Im August traten wir endlich zum zweiten Male unsere Reise an und kamen auf einem großen Umwege nach Jelum, wo wir wieder einige Zeit aufgehalten wurden, um uns mit Kameelen zu versehen. Gegen das Ende des Septembers verließen wir Jelum und kamen nach Attock, nachdem wir den Fluß gleichen Namens überschritten hatten. Hier warteten wir auf Nachrichten aus Peschawer. Wir hatten indessen kaum einige Tage unser Lager aufgeschlagen, so kamen zwei vertraute Diener von Yar Muhammed Khan, Sirdar von Peschawer, mit dem Auftrage, uns in die Stadt zu geleiten und uns unter Weges jede Unterstützung, deren wir bedürften, zu Theil werden zu lassen.

Wärend unseres Aufenthaltes zu Attock waren wir bemüht, genaue Nachrichten über die Beschaffenheit des Landes einzuziehen, welches wir zu durchziehen hatten, und wir fanden, daß wir Ursache hätten, Feindseligkeiten in dem Gebiete der Khuttuks zu besorgen, deren Häuptling ein Verbündeter von Rundschiet Singh und eben von einer Zusammenkunft mit demselben nach Hause gekehrt war. Unserer Erwartung gemäß erhielten wir, etwa eine Meile von Akora, dem Hauptort der Khuttuks, die Nachricht, daß diese sich vorbereiteten, uns zu plündern. Wir setzten inzwischen unsern Marsch fort, zogen aber, statt durch die Stadt zu gehen, wie unsere Gegner vorausgesetzt hatten, außen bei derselben vorbei und lagerten uns in einer vortheilhaften Stellung unfern von Akora. Als die Khuttuks sich in ihrer Erwartung, uns in der Stadt einschließen und mit aller Gemächlichkeit plündern zu können, betrogen sahen, sattelten sie ihre Rosse, legten ihre Rüstungen an und entschlossen sich uns aufzuhalten, unter dem Vorwande, daß wir die Abgaben defraudirt hätten. Als sie indessen unser Lager sahen, kam ihr Fürst, statt uns anzugreifen, zu uns, und bot, in der Meinung, daß uns seine Absichten unbekannt geblieben wären, Mr. Moorcroft seine Dienste an. Unser Vorposten erlaubte nur den Häuptlingen mit einigen Begleitern zu dem Zelte zu gehen, indeß ihre Leute in einer achtunggebietenden Entfernung gehalten wurden. Die Reiterei gallopirte vor uns herum, drohte mit den Schwertern und schwenkte ihre Lanzen, um ihre Geschicklichkeit zu zeigen und uns Furcht einzujagen. Wir ließen sie dagegen nicht das geringste Zeichen eines Verdachtes erblicken, lobten vielmehr ihre Pferde und sie selbst. Ermüdet und erschöpft durch einen langen Marsch, waren wir sehr zufrieden, als wir sahen, daß sie uns Zeit geben würden, uns zu erfrischen, wenn [248] dieß auch nur geschah, um mittlerweile eine größere Macht aufzubringen. Nachdem wir unsere Zelte aufgeschlagen und unser Gepäck auf die gewöhnliche Weise aufgestellt hatten, begnügten wir uns mit einem frugalen Mahle von Reis und Dholl, und begaben uns, so wie es dunkel zu werden anfing, zur Ruhe, da wir am andern Morgen in aller Frühe unsern Marsch fortsetzen wollten, wenn die Khuttuks uns nicht daran verhinderten. Beim Einbruch der Nacht breitete sich ein Schwarm von Reitern und Fußvolk um unser Lager aus, unter dem Vorwande, uns gegen Diebe zu beschützen, ohne Zweifel aber nur in der Absicht uns zu bewachen und unser Entkommen während der Nacht zu verhüten. Wir hatten unsere Kameele in einiger Entfernung von dem Lager untergebracht, da in der Nähe desselben kein Gebüsch war, das ihnen zum Futter hätte dienen können, und wir fanden uns nun von denselben durch die Posten der Khuttuks getrennt. Alles ließ uns einen Angriff noch während der Nacht erwarten; doch verging diese friedlich, und durch ein Mißverständniß wurden am Morgen auch unsere Kameele freigelassen. – Mit Sonnenaufgang begannen wir, uns auf unsere Tagreise vorzubereiten, und nicht sobald bemerkten die Khuttuks, daß wir weiter ziehen wollten, als sie sich in einen starken Haufen sammelten, um uns – wie es sich geben würde – entweder zu plündern, oder eine schwere Steuer aufzulegen. Sie waren ungefähr 700 an der Zahl, bewaffnet mit Luntengewehren, Schwertern und Lanzen. Unsere ganze Macht dagegen war nur dreißig stark, und wir bildeten dem Feinde gegenüber zwei Colonnen, jede von fünfzehn Mann, auf der linken Flanke durch ein kleines metallenes Feldstück gedeckt, während unsere Kameele hinter der Linie beladen wurden. Die Khuttuks standen in einem Haufen uns gegenüber, ungefähr fünfzig Schritt von unseren Reihen entfernt, und durch das Bett eines ausgetrockneten Flusses von denselben getrennt. Unsere Kameele waren bepackt und wir waren im Begriff unsern Marsch anzutreten, als ein Theil der Khuttuks in das Flußbett hinabstieg, um uns näher zu kommen und – wie sie meinten – durch das Ufer vor unsern Kugeln geschützt, ohne Gefahr auf uns feuern zu können; zuletzt kamen sie alle in das trockene Bett hinab. Sogleich stellte sich die eine Hälfte unserer Mannschaft mit der Kanonen an dem Ufer auf und erklärte, daß gefeuert werden würde, so wie sie eine Bewegung machten, sich uns noch mehr zu nähern. Einige der vordersten zogen sich hierauf schnell zurück und fielen auf den großen Haufen hinter ihnen, so daß eine allgemeine Verwirrung entstand; wenn wir in diesem Moment gefeuert hätten, würde keine Kugel von uns gefehlt haben. Wir hielten es indessen für klüger, unsern Marsch fortzusetzen, indem wir die Khuttuks auf unserer Linken ließen; unsere Kameele voran, die Bewaffneten in der Nachhut; und obgleich die Khuttuks uns noch eine kurze Strecke folgten, so wagte doch keiner uns nahe zu kommen. Dieser Vorgang wird Ihnen einen Begriff von dem Charakter von Rundschiet Singh und zugleich von dem Muthe der Afghanen geben, die mit siebenhundert Mann Scheu trugen, ein Häuflein von dreißig auf europäische Art bewaffneten Männern anzugreifen.[4]

Wir wurden in Peschawer von dem Fürsten sehr zuvorkommend aufgenommen und haben seither eben so wenig Ursache gefunden, uns über das Benehmen des Volks im allgemeinen zu beklagen, obgleich das Land in einer traurigen Lage ist. Vor kurzem habe ich mit Moorcroft eine Execution in das Land der Wuzenies, einem Theil von Afghanistan gemacht, um die Pferde dieser Gegend zu sehen. Mr. Moorcroft meint, daß sie für den Gebrauch der brittisch-indischen Armee sehr geeignet wären. Wir waren begleitet von einem mahommedanischen Priester, der hier in großer Achtung steht. Das Volk war sehr gastfreundlich gegen uns und versah uns mit Nahrung und selbst mit Betten für unsere Diener. – Wir werden in kurzem nach Kabul aufbrechen und, wenn kein unvorhergesehenes Ereigniß uns aufhält, hoffen wir gegen Ende Mai in dieser Stadt zu seyn. – Das Clima von Peschawer war im Winter gemäßigt, jetzt wird es aber bereits ungemein heiß. – Dieser Theil von Asien würde ein offenes Feld für viele Hundert Indobritten darbieten, wenn man hier eine Colonie anlegen wollte, die nicht nur die gegenwärtige Lage der Einwohner verbessern, sondern auch der Ausbreitung des Christenthumes sehr förderlich seyn würde.

  1. S. Asiatic Journal, Dec. 1825.
  2. In der jetzt empörten kleinen Bucharei.
  3. S. das Tagebuch dieses Mohammedaners in der „Hertha“ (6. Band S. 324 ff.)
  4. Runjiet Singh, der Fürst (Maharajah) der Sheiks, der aus Mißtrauen Moorcrofts Expedition so viele Hindernisse in den Weg legte, ist in neuerer Zeit in freundliche Verhältnisse zu den Engländern getreten und hat erst im Mai d. v. J. eine Gesandtschaft von dem General-Gouverneur von Ostindien empfangen. Er wird beschrieben als ein Mann von kleiner Gestalt, ungefähr fünfzig Jahr alt, sehr lebhaft und von durchdringendem Verstande. Er hat, außer dem gewöhnlichen Heerbann, gegenwärtig eine bedeutende Macht von völlig auf europäische Art bewaffneten und disciplinirten Truppen auf den Beinen, die von zwei ehemaligen französischen Offizieren, Ventura und Allard, organisirt wurden. Im Anfang des v. Jahres erhielt er mit Hülfe dieser Truppen einen großen Sieg über ein Heer von nahe an 100,000 fanatischen Muselmännern, aus den verschiedenen Stämmen der Afghanen, die sich unter der Anführung eines von dem Grabe des Propheten zurückgekehrten Pilgers, Syed Ahmed Ali, zu einem Kreuzzuge wider die ungläubigen Scheiks vereinigt hatten. Der größte Theil dieses furchtbaren Heeres wurde aufgerieben; und die Beherrscher von Peschawer und Kabul, die dasselbe unterstützt hatten, so wie mehr als dreißig Sirdars (Häuptlinge) der Afghanen waren genöthigt, sich der Herrschaft des siegreichen Maha-Rajah zu unterwerfen, der durch diese Eroberungen einer der mächtigsten Fürsten von Asien geworden ist, indem seine Staaten sich von den Ufern des Setledje (eines der Nebenflüsse des Indus) bis Kandahar ausdehnen. S. Asiatic Journal, Aug. 1827. pag. 273. Oct. pag. 321. Dec. pag. 776. Jan. 1828. pag. 97. Febr. p. 263.